Am 17.10.2019 hat der Bundestag in erster Lesung über das Bürokratieentlastungsgesetz (BEG III) beraten. Das ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung beim Abbau überbordender Bürokratie. Jetzt werden sich im nächsten Schritt die Fachausschüsse damit befassen.
Hintergrund
Ziel des Entwurfes für ein Drittes Bürokratieentlastungsgesetz (BEG III) ist es, Verfahren zu vereinfachen und den bürokratischen Aufwand für Unternehmen, aber auch Bürgerinnen und Bürger und die Verwaltungen, wo möglich, weiter zu verringern. Schwerpunkte sind:
- Die Vereinheitlichung von Grenz- und Schwellenwerten in verschiedenen Rechtsbereichen,
- zeitnahe Betriebsprüfungen durch die Finanzbehörden,
- die Vermeidung von Doppelmeldungen zur Berufsgenossenschaft,
- die Überprüfung von Schwellenwerten vor allem im Steuer- und Sozialrecht.
- Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsmeldung,
- Erleichterungen bei der Vorhaltung von Datenverarbeitungssystemen für steuerliche Zwecke,
- Option eines digitalen Meldescheins im Beherbergungsgewerbe.
Empfehlungen der Ausschüsse im Bundesrat
Der Ausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik und der Gesundheitsausschuss haben dem Bundesrat in dessen Sitzung am 11.10.2019 empfohlen, gegen den Gesetzentwurf gemäß Art. 76 Abs. 2 GG keine Einwendungen zu erheben. Der federführende Wirtschaftsausschuss, der Finanzausschuss, der Ausschuss für Innere Angelegenheiten und der Rechtsausschuss haben allerdings Stellung genommen:
- Der Wirtschaftsausschuss begrüßt und unterstützt das Ziel des Gesetzentwurfs, für die Wirtschaft, die Bürgerinnen und Bürger sowie die Verwaltungen die Bürokratie weiter abzubauen. Allerdings seien die bisher gemachten Vorschläge auf einem sehr niedrigen Niveau. Wirksame Maßnahmen zur Reduktion bürokratischer Lasten wären aus Sicht des Ausschusses zum Beispiel Entlastungen bei den umfangreichen Dokumentationspflichten beim Mindestlohn, die Verkürzung steuerlicher Aufbewahrungsfristen, die Gewährleistung zeitnaher Betriebsprüfungen sowie Vereinfachungen bei umweltrechtlichen Antrags- und Genehmigungsverfahren. Das laufende Gesetzgebungsverfahren müsse daher genutzt werden, um für weitere Entlastung und Flexibilisierung zu sorgen und entsprechende Maßnahmen mit einer tatsächlichen Entlastung umzusetzen.
- Der Finanzausschuss empfiehlt unter anderem eine Klarstellung, welche der Anpassung an die DSGVO dient. Denn die Verarbeitung besonderer Datenkategorien wie etwa von Gesundheitsdaten durch einen Steuerberater bedarf regelmäßig einer gesetzlichen Grundlage. Weitere Vorschläge betreffen Verfahren nach Abgabenordnung, Einkommen- und Umsatzsteuergesetz.
- Der Ausschuss für Innere Angelegenheiten regt die Prüfung an, inwieweit den Ländern Zugang zu den im Rahmen der Vollzähligkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Insolvenzstatistik erforderlichen und in der Insolvenzdatenbank des Ministeriums der Justiz Nordrhein-Westfalen gespeicherten Daten gewährt werden könne.
- Aus Sicht des Rechtsausschusses muss geprüft werden, ob durch die Übermittlung der Verfahrens-Identifikationsnummer auf die Übermittlung der weiteren Hilfsmerkmale verzichtet werden kann.
Erster Durchgang des Bundestages zum Bürokratieabbau
In Ihrer Gegenäußerung (BT-Drs. 19/14076 vom 16.10.2019) nimmt die Bunderegierung einige Vorschläge auf, lehnt andere aber ab. Mit dem vom Bundestag am 17.10.2019 beschlossenen Entwurf für ein BEG III soll die Wirtschaft um insgesamt 1,168 Mrd. Euro pro Jahr entlastet werden. Ein Großteil der Entlastung entfällt nach dem BT-Beschluss dabei auf die folgenden Maßnahmen mit folgendem Entlastungsvolumen:
- Elektronische Meldepflicht in Beherbergungsstätten (jährlich 52 Mio. Euro).
- Änderung der jährlichen Insolvenzstatistik (340.000 Euro/Jahr),
- Änderung der Abgabenordnung:
Verkürzung der Vorhaltefrist auf fünf Jahre (532 Mio. Euro); Erteilung von Auskünften und Einführung einer elektronischen Übermittlungspflicht (677 000 Euro), - Änderung des Einkommensteuergesetzes:
Pauschalierung der Lohnsteuer für beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer (10 000 Euro), - Änderung des Umsatzsteuergesetzes:
Anhebung der Kleinunternehmergrenze auf 22 000 Euro bei Vorjahresumsatz 9,5 Mio. Euro; zeitlich befristete Abschaffung der Verpflichtung zur monatlichen Abgabe der USt-Voranmeldung für Neugründer: 4,9 Mio. Euro, - Änderung des Gesetzes über die Statistik im Produzierenden Gewerbe (639.000 Euro),
- Änderung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes:
Einführung der Textform für die Mitteilung einer Entscheidung des Arbeitgebers über einen Teilzeitwunsch nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz: 94 000 Euro, - Änderung SGB IV:
Elektronische Arbeitsunfähigkeitsmeldung: 549,4 Mio. Euro, - Änderung SGB VII:
Wegfall Anmeldepflicht zur Unfallversicherung bei Gewerbeanzeige des Unternehmers: 4 Mio.
Bewertung
Das BEG III ist ein (weiterer) richtiger Schritt in die richtige Richtung, vor allem für die Entlastung der Wirtschaft vor überbordender Bürokratie. Erfreulich ist, dass die Entlastung der Gründer von der monatlichen Umsatzsteuervoranmeldung in den Gesetzentwurf eingefügt wurde.
Allerdings müssen weiter Entlastungsmaßnahmen folgen: Die FDP fordert etwa (BT-Drs. 19/14031 vom 16.10.2019), die Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege und andere steuerrelevante Unterlagen von zehn auf fünf Jahre zu verkürzen, eine zeitnahe Betriebsprüfung zu gewährleisten und die Dokumentationspflichten beim Mindestlohn zu vereinfachen, sodass die Unternehmen nur die Dauer der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer dokumentieren müssen. Auch Behördengänge und Verwaltungsvorgänge sollen so weit reduziert werden, dass die Gründung eines Unternehmens online und innerhalb von 24 Stunden bei einer zentralen Anlaufstelle („One stop shop“). Das wäre zu begrüßen.
Am 21.10.2019 findet nun die Anhörung im Wirtschaftsausschuss statt – mal sehn…
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