Brückenteilzeit vom Bundestag beschlossen – Segen oder Fluch?

Der Bundestag hat am 18.10.2018 das „Gesetz zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts – Einführung einer Brückenteilzeit“ beschlossen. Damit erhalten Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch auf zeitlich begrenzte Teilzeit. Die Brückenteilzeit gilt ab 1.1.2019.

Hintergrund

Schon bislang kannte das deutsche Arbeitsrecht eine Vielzahl von Teilzeitmöglichkeiten: Ob Elternzeit (Bundeselterngeld- und Erziehungsgesetz), Pflegezeit (Pflegezeitgesetz) oder Familienpflegezeit (Familienpflegegesetz) – alle sehen ein Rückkehrrecht des Arbeitnehmers vor. Bei der Teilzeit von Arbeitnehmern nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz war das bislang anders. Ab 1.1.2019 werden aber auch Teilzeitbeschäftigte ein umfassendes Rückkehrrecht zur ursprünglichen Arbeitszeit haben.

Brückenteilzeit: Was ist neu?

Das Gesetz zur Brückenteilzeit sieht vor, einen gesetzlichen Anspruch auf zeitlich begrenzte Teilzeit (Brückenteilzeit), Ausweitung der Arbeitszeit und Rückkehr zur ursprünglich vereinbarten Arbeitszeit neu einzuführen. Nach Rückkehr zur regulären Arbeitszeit ist eine erneute Brückenteilzeit nach einer Frist von 12 Monaten abermals möglich.

Anspruch auf zeitlich begrenzte Teilzeitarbeit

In Betrieben mit mehr als 45 Beschäftigten haben Arbeitnehmer, wenn sie bereits mehr als sechs Monate dort beschäftigt sind, künftig einen Rechtsanspruch auf eine Reduzierung ihrer Arbeitszeit  oder von Teilzeit wieder auf Vollzeit wechseln zu können. Dies soll für einen im Voraus zu bestimmenden Zeitpunkt von einem Jahr bis zu fünf Jahren möglich sein. Der neue Anspruch ist nicht an bestimmte Gründe (wie Kindererziehung oder Pflege Angehöriger) gebunden. Nach Ablauf der Brückenteilzeit kann der Beschäftigte künftig auf die ursprünglich vereinbarte Arbeitszeit zurückkehren. Eine weitere Einschränkung ist die „Zumutbarkeitsgrenze“: Unternehmen mit bis zu 200 Beschäftigten müssen das Rückkehrrecht in Vollzeitarbeit beziehungsweise die befristete Teilzeit nur jedem 15. Beschäftigten gewähren. Ein uneingeschränktes Rückkehrrecht gilt also erst ab mehr als 200 Beschäftigten.

Beweislastumkehr zulasten des Arbeitgebers bei Veränderung der Arbeitszeit

Der Anspruch für bereits Teilzeitbeschäftigte, ihre Arbeitszeit zu verlängern, wird ausgeweitet (§ 9 TzBfG). Arbeitgeber haben Wünsche von Teilzeitbeschäftigten nach Veränderung von Lage und Dauer der der Arbeitszeit zu erörtern. Arbeitnehmer müssen ihrem Arbeitgeber ihre aktuelle Teilzeitbeschäftigung und ihren Wunsch nach Verlängerung mit Ankündigungsfrist in Textform mitteilen. Dabei mussten bisher teilzeitbeschäftiget Arbeitnehmer darlegen und ggf. beweisen, dass ein entsprechend freier Arbeitsplatz besetzt werden soll und sie für diesen ebenso geeignet sind. Neu ist ab 1.1.2019, dass der Arbeitgeber darlegen und beweisen muss, dass es sich nicht um einen entsprechenden freien Arbeitsplatz handelt oder Arbeitnehmer nicht mindestens gleich geeignet ist. Diese Beweislastverschiebung baut für viele Arbeitgeber eine hohe Hürde auf, entsprechende Arbeitszeitwünsche abzulehnen.

Bewertung

Auf den ersten Blick scheint das neue Gesetz ein Quantensprung auf dem Weg aus der „Teilzeitfalle“ zu sein. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wünschten 2017 rund 1,3 Mio. Teilzeitbeschäftigte eine längere Erwerbstätigkeit, davon 967.000 Frauen. Allerdings arbeiten 15 Millionen der 37 Millionen Beschäftigten in Deutschland in Betrieben mit weniger als 45 Mitarbeitern. Dass die Regelung damit der große Wurf gegen die sogenannte „Teilzeitfalle“ ist, in der besonders Frauen „gefangen“ sind, darf bezweifelt werden. Für Teilzeitbeschäftigte in kleinen Unternehmen bleibt es dabei, dass sie nur den bisherigen Anspruch auf unbefristete Teilzeit (§ 8 TzBfG) haben.

Schwerer wiegt noch, dass das neue Gesetz die Unternehmen vor massive, kaum zu lösende Probleme stellt. Das Gesetz schafft Anreize zur Ausweitung von Teilzeitbeschäftigung, die den Fachkräftemangel in vielen Unternehmen verschärfen werden. Nach dem neuen Gesetz mögliche „Minireduzierungen“ der Arbeitszeit lassen sich nicht durch Ersatzeinstellungen kompensieren, denn ein befristetes Arbeitsverhältnis mit nur wenigen Wochenstunden ist der wirklichen Arbeitswelt eine Illusion. Die Beweislastumkehr zulasten der Unternehmen bei beabsichtigten Ausweitung der Arbeitnehmerarbeitszeit schafft zunehmende Rechtsunsicherheit und führt zu einem zusätzlichen, kostenintensiven administrativen Aufwand. Auch die Diskussion des Gesetzes im Deutschen Bundestag zeigt, dass keine politische Kraft mit dem Ergebnis so recht zufrieden ist (BT-Drs.19/5105  und 5106).

Fazit aus meiner Sicht also: Gut gemeint, aber schlecht gemacht!

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