Brexit und die Umsatzsteuer: Das BMF-Schreiben vom 10.12.2020 (Teil II)

Die in Kürze auslaufende Übergangsfrist, in welcher u.a. das Mehrwertsteuerrecht der Union für das Vereinigte Königreich weiterhin Anwendung findet, stellt viele Unternehmer vor umsatzsteuerliche Herausforderungen und Fragen.

Während in Teil I bereits eingeordnet wurde, welche Besonderheiten bei Lieferungen und sonstigen Leistungen laut neuestem BMF-Schreiben zu beachten sind, gilt es in Teil II einen Blick auf das Vorsteuer-Vergütungsverfahren, die Umsatzsteuer-Identifikationsnummern und den Warenhandel über elektronische Marktplätze zu werfen.

Vorsteuer-Vergütungsverfahren

Da das Vorsteuer-Vergütungsverfahren dahingehend unterscheidet, ob eine Vergütung gegenüber einen Drittlandsunternehmer oder einem Unternehmer aus dem Gemeinschaftsgebiet besteht, ergeben sich ab dem kommenden Jahr weitreichende Folgen. Das BMF stellt klar, dass Anträge auf Erstattung, die vor dem 01.01.2021 von einem in Vereinigten Königreich ansässigen Unternehmer im Inland oder von einem im Inland ansässigen Unternehmer im Vereinigten Königreich gezahlt wurde, bis zum 31.03.2021 zu stellen sind.

Für Vorsteuerbeträge, die einem im Inland ansässigen Unternehmer nach dem 31.12.2020 im UK entstehen, muss deren Vergütung nach den Vorschriften für das Erstattungsverfahren für Drittstaaten-Unternehmen unmittelbar bei den Britischen Behörden beantragt werden. Dies gilt für Vorsteuerbeträge, die im Waren- oder Dienstleistungsverkehr mit Großbritannien oder aber im Dienstleistungsverkehr mit Nordirland entstanden sind. Es gilt hingegen nicht für die Erstattung von Vorsteuern, die auf Warenbezüge durch inländische Unternehmer in Nordirland oder durch nordirische Unternehmer im Inland entfallen.

Bestätigungsverfahren nach § 18e UStG (USt-ID)

Eine Prüfung von Umsatzsteuer-Identifikationsnummern im Bestätigungsverfahren nach § 18e UStG wird nach dem 31.12.2020 für im Vereinigten Königreich ansässige Unternehmer (Länderpräfix „GB“) durch inländische Unternehmer nicht mehr möglich sein. Ab diesem Zeitpunkt können lediglich noch Umsatzsteuer-Identifikationsnummern mit dem Länderpräfix „XI“ für Unternehmer aus Nordirland geprüft werden.

Haftung beim Handel mit Waren im Internet

Änderungen ergeben sich für Unternehmen aus Großbritannien, die bisher Lieferungen nach § 3c UStG unter Anwendung der deutschen Lieferschwelle von 100.000 Euro ausführen. Denn diese Schwellenregelung fällt für Händler aus Großbritannien nunmehr ab dem 01.01.2021 weg mit der Folge, dass eine Bescheinigung nach § 22f Abs. 1 Satz 2 UStG über deren steuerliche Erfassung notwendig werden kann. Liegt eine solche beim Betreiber eines elektronischen Markplatzes nicht vor und kommt der Marktplatz den Aufzeichnungspflichten nach § 22f UStG nicht nach, so haftet dieser für die Umsatzsteuer des Händlers aus Großbritannien. Das BMF gewährt hier allerdings eine Übergangsfrist bis zum 31.01.2021. D.h., bis zu diesem Datum wird es nicht beanstandet, wenn dem Betreiber eines elektronischen Marktplatzes von einem in Großbritannien ansässigen Unternehmer keine Bescheinigung vorliegt. Ebenso konstatiert das BMF, dass bis zum 31.12.2020 erteilte Bescheinigungen auch nach dem 31.12.2020 gültig sind. Ferner müssen Unternehmer aus Großbritannien, die eine Bescheinigung nach § 22f Abs. 1 Satz 2 UStG vor dem 01.01.2021 bereits vorliegen haben, einen Empfangsbevollmächtigten im Inland benennen. Auch hierfür gilt eine Übergangsfrist von einem Monat.

Kurzfristige Umsetzung erforderlich

Unternehmer, die Leistungsbeziehungen nach Großbritannien und/oder Nordirland pflegen, sollten sich so zeitnah wie möglich mit den Aussagen des BMF und den gewährten Nichtbeanstandungszeiten (für z.B. das Einreichen bestimmter Unterlagen) auseinandersetzen. Hier gilt es, entsprechende Änderungen in den Buchungs- und Erfassungssystemen vorzunehmen und sicherzustellen, dass eine richtige Einordnung der Warenlieferung oder der sonstigen Leistung ab dem 01.01.2021 erfolgt. Vor allem aufgrund der unterschiedlichen Behandlung von Lieferungen und sonstigen Leistungen nach Nordirland gilt es, die entsprechenden Abteilungen in den Unternehmen für diese Thematik zu sensibilisieren.

Weitere Informationen:
BMF v. 10.12.2020 – III C 1 – S 7050/19/10001 :002
Lesen Sie hierzu auch Teil 1


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