BP-Bericht entfaltet keine Bindungswirkung für die Zukunft

Betriebsprüfungsberichte sind seltsame Konstrukte. Sie erwecken zwar den Anschein eines Verwaltungsaktes, bereits am 29.4.1987 (BStBl 1988 II S. 168) hat der BFH jedoch entschieden, dass der Prüfungsbericht mangels Regelung kein solcher Verwaltungsakt ist (I R 118/83). Daher könne der BP-Bericht nicht „Gegenstand einer Verpflichtungsklage auf Änderung des Berichts“ sein. Mit Beschluss vom 6.8.2014 hat der BFH das Ergebnis bestätigt (V B 116/13). Insofern kann nur ein eventuell später ergehender Steuerbescheid angefochten werden. Andererseits enthalten BP-Berichte oftmals – neben den eigentlichen Ausführungen zu den Mehr- und Minderergebnissen – weitere Hinweise. Diese können zum Beispiel die Erfüllung von Aufzeichnungspflichten für die Zukunft betreffen.

Werden solche Hinweise in den Folgejahren missachtet, so wird die kommende Betriebsprüfung das „Versäumnis“ besonders schwer gewichten. Also hat ein BP-Bericht doch einen gewissen „Verwaltungsakt-Charakter“.

Dies vorweggeschickt möchte ich Ihnen kurz ein aktuelles Urteil des FG Münster vorstellen (Urteil vom 25.2.2021, 5 K 2839/18 U). In der Sache ging es um die Frage, ob Umsätze aus dem Verkauf so genannter Gutscheinbücher dem ermäßigten oder dem Regelsteuersatz unterliegen. Die Münsteraner Richter haben im Streitfall ein Überwiegen des Werbezwecks gesehen und daher die Anwendung des Regelsteuersatzes für richtig gehalten. Die Auffassung kann man sicherlich vertreten, auch wenn im Urteilsfall hinzukam, dass in den Büchern neben den Gutscheinen Werke von Künstlern in Gestalt von Fotografien, Illustrationen, Malereien, Bildhauerwerke etc. abgedruckt waren. Insofern war durchaus ein nennenswerter redaktioneller Teil gegeben.

Interessanterweise hatte das Finanzamt den ermäßigten Steuersatz aber viele Jahre akzeptiert, und zwar trotz einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung und offenbar sogar trotz Rücksprache mit der OFD. Erst nach einer neuerlichen Betriebsprüfung hat das Finanzamt seine Auffassung geändert.

Doch die Klage, die sich gegen die Anwendung des Regelsteuersatzes gerichtet hat, blieb erfolglos. Die Änderung der Umsatzsteuerbescheide verstoße nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Die Handhabung des Finanzamts begründe keinen Anspruch, auch für die Streitjahre den ermäßigten Steuersatz zu gewähren. Obwohl das Finanzamt seine fehlerhafte Auffassung in Prüfungsberichten niedergelegt und über mehrere Jahre eine fehlerhafte, für den Kläger günstige Auffassung vertreten hat, worauf der Kläger auch vertraute und dementsprechend disponierte, sei das Finanzamt an die Pflicht zu einer gleichmäßigen Besteuerung nach § 85 AO gebunden.

Beachten Sie zu dem Thema auch den Blog-Beitrag: Treu und Glauben im Steuerrecht – wer glaubt daran?

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