Zum Jahresbeginn wurde der Umsatzsteuersatz auf Bahntickets gesenkt. Das ließ die Frage aufkommen, wie die noch in 2019 zum Regelsatz verkauften Tickets für diesjährige Fahrten steuerlich behandelt werden. Das BMF gab nun eine Vereinfachungsregelung für Unternehmerkunden heraus.
Vorsteuerrisiko aus „alten“ Bahntickets
Anders als in vielen vergleichbaren Konstellationen führte die Steuerermäßigung für Bahntickets tatsächlich auch zu Preisnachlässen. Umso mehr ärgerte sich wohl so mancher, der noch im alten Jahr Bahntickets für 2020 gekauft hat. Vor allem für Unternehmer drohte nun ein Vorsteuerrisiko. Denn auch wenn die Tickets 19 % Umsatzsteuer ausweisen, fallen aufgrund der klaren Gesetzesvorgaben in 2020 nur 7 % Umsatzsteuer an. Und nur insoweit besteht auch ein Vorsteuerabzug. Netto wurden die Tickets durch die Gesetzesänderung dadurch sogar teurer.
BMF gestattet Vereinfachung
In ungeahnter Großzügigkeit gestattet das Bundesministerium der Finanzen für solche Fälle nun allerdings doch den vollen Vorsteuerabzug von 19 %. Das ergibt sich aus einer gestern veröffentlichten Vereinfachungsregelung. Voraussetzung ist lediglich, dass der Bahnbetreiber die ausgewiesene Steuer selbst nicht gegenüber dem Finanzamt berichtigt. Jedenfalls die Deutsche Bahn AG (nebst Tochtergesellschaften) unterlässt eine solche Berichtigung dem Vernehmen nach. Damit bleibt für Unternehmer steuerlich alles beim Alten, was die „alten“ Bahntickets angeht. Der Fiskus dürfte die Vereinfachungsregelung verschmerzen können, stellt sie sich doch für ihn als Nullsummenspiel dar.
Auswirkungen auf Privatkunden
Ohne Auswirkungen bleibt das BMF-Schreiben – jedenfalls meiner Meinung nach – auf die Abrechnung gegenüber Privatkunden (und Unternehmern, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind). Diesen kann es generell gleichgültig sein, wieviel Umsatzsteuer im Ticketpreis enthalten ist, müssen sie doch eh stets den Bruttopreis entrichten. Allerdings tendiert die Rechtsprechung dazu, bei steuerlichen Gesetzesänderungen einen zivilrechtlichen Ausgleichsanspruch anzunehmen. Dann stünde den Kunden eine Erstattung in Höhe der Steuerdifferenz durch den Bahnbetreiber zu. Zumindest der Deutsche Bahn-Konzern lehnt solche Erstattungen ab. Durch das BMF-Schreiben dürfte er sich bestätigt fühlen. Aus meiner Sicht ändert das Schreiben allerdings nichts daran, dass sich die Bahn rechtswidrig verhält, wenn sie die falsche Steuer abrechnet. Klären müssten die Frage im Streitfall letztlich die Zivilgerichte.
Weitere Infos:
- BMF-Schreiben zu Bahnbesteuerung
- Trinks, Vorsicht Vorsteuer – Deutsche Bahn veralbert Geschäftskunden mit neuen Fahrscheinen
Der Gesetzgeber ist gehalten, in seinen Gesetzen auch den voraussichtlichen Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft darzulegen. Es wäre wünschenswert, wenn die Zahlen, die sich regelmäßig in den Gesetzesbegründungen finden, mit der Realität einhergehen würden. Wird eigentlich irgendjemand zur Rechenschaft gezogen, wenn diese Zahlen in hohem Maße unzutreffend sind?
Viele Grüße
Christian Herold
Aber weshalb wollen Sie den Gesetzesschreiber belangen? Wegen Unfähigkeit? Betrug? Das würde den Gesetzgebungsprozess hierzulange wohl lahmlegen. Und noch ist ja auch nicht klar, ob die Bahnbetreiber tatsächlich den Steuerausweis auf den alten Tickets berichtigen müssen.