700 Millionen €o Verlust: BioNTech will Stellen abbauen“ – so titelte die Tagesschau zu den aktuellen Zahlen des Biotech-Unternehmens. Ein drastischer Einbruch, wenn man bedenkt, dass BioNTech vor wenigen Jahren mit seinem Corona-Impfstoff Milliarden erwirtschaftete.
Doch die Pandemie ist vorbei – und mit ihr die extremen Umsätze. 2021 erreichte BioNTech mit 19 Milliarden €o seinen Umsatz-Höhepunkt, doch seither geht es bergab. 2024 waren es nur noch knapp 3 Milliarden €o. Gleichzeitig investiert das Unternehmen massiv in Forschung & Entwicklung, um die nächste bahnbrechende Innovation zu finden. Doch wird dieser Plan aufgehen? Ein Blick auf die Zahlen zeigt Chancen – aber auch Herausforderungen.
Ein Blick die Zahlen von BioNTech
Die Pandemie ist vorbei. Und damit auch der sprudelnde Umsatz: In den Jahren 2021 und 2022 bewegte sich dieser im zweistelligen Bereich und erreichte 2021 mit 19 Mrd. € das Maximum. Seit 2023 befindet er sich auf dem Sinkflug und lag 2024 nur noch bei knapp 3 Mrd. €.
Durch die Höhenflüge während der Pandemie hat BioNTech einiges an Puffer aufgebaut. Das Eigenkapital und damit auch die Eigenkapitalquote versetzen den Konzern in die komfortable Lage, etwas Luft für die Entwicklung neuer Produkte zu haben. So lag die Eigenkapitalquote im letzten Geschäftsjahr bei mehr als 80 %.
Dieses finanzielle Polster gibt BioNTech die Möglichkeit, hohe Summen in Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten zu investieren. Denn diese sind sehr hoch: Von 1 € Umsatz wurden 0,80 € für Forschung und Entwicklung ausgegeben. Eine sehr hohe F&E-Intensität.
Langfristig wird sich zeigen, ob die Produkte, die BioNTech derzeit in der Pipeline, den versprochenen Erfolg haben. Wenn ich mir die Zahlen so anschaue, erinnert mich dies sehr an Morphosys, die in der Studie meiner Doktorarbeit durch hohe F&E-Investitionen im Verhältnis zum Umsatz hervorgestochen sind. Leider hat sich in diesem Fall der Erfolg nicht wie gewünscht eingestellt.
Ein Grund für den hohen Verlust sind nicht nur sinkende Umsatzerlöse, sondern auch hohe Kosten für Rechtsstreitigkeiten. Für vertragliche Auseinandersetzungen, Vergleiche sowie Rechtsstreitigkeiten sind im letzten Geschäftsjahr Kosten in Höhe von ca. 770 Mio. € angefallen. Dazu legt der Konzern im Geschäftsbericht auf Seite 128 die folgenden Informationen offen:
„Im Geschäftsjahr 2024 stiegen die sonstigen Aufwendungen im Vergleich zum Geschäftsjahr 2023 an, was hauptsächlich auf die Beilegung von Vertragsstreitigkeiten und die damit verbundenen Aufwendungen für solche Streitigkeiten und sonstige Rechtsstreitigkeiten zurückzuführen ist. Die für Vertragsstreitigkeiten ausgewiesenen Beträge berücksichtigen Erstattungsansprüche. Für weitere Informationen siehe Anhangangaben 12.2.“
Leider führt der Verweis auf Anhang 12.2 zu Kategorien von Finanzinstrumenten und nicht zu den Rechtsstreitigkeiten.
Und mein Senf dazu
Das der Corona-Boom mit den hohen Umsätzen und Gewinnen nur vorübergehender Natur war, ist wenig überraschend. Und freie Kapazitäten für die Entwicklung anderer Produkte gab es während der Pandemie sicherlich so wenig wie überfüllte ICEs. Durch die hohen Umsätze und Gewinne konnte sich der Biotechnologiekonzern ein gutes finanzielles Polster aufbauen.
Wie immer nach einem großen Erfolg: Die Frage ist, wie es langfristig weitergeht. So muss BioNTech nun beweisen, dass sie nicht nur mit einem Corona-Impfstoff, sondern auch anderen Produkten glänzen können, um die eigene Vision zu verwirklichen. BioNTech möchte ein global führendes Unternehmen im Bereich Immuntherapien werden. Hier ist der Zeitdruck vielleicht nicht so hoch wie während der Pandemie, doch die Herausforderungen sind mindestens die gleichen.
Eine hohe F&E-Intensität zeigt, dass BioNTech viel investiert, um die gesteckten Ziele zu erreichen. Das finanzielle Polster ist da, um dies zu finanzieren. Trotz hoher Kosten für Rechtsstreitigkeiten ist viel Liquidität im Konzern vorhanden. Sie muss nur zielgerichtet eingesetzt werden.
Den kleinen Fehler mit dem falschen Verweis im Anhang möge ich verzeihen. Ich hoffe, dies ist ein Ausnahmefall. Auf welche Stelle im Geschäftsbericht eigentlich verwiesen werden sollte, das wird mir hoffentlich die IR-Abteilung beantworten.
BioNTech hat das Kapital, die Vision und die Forschungsprojekte – doch nun muss das Unternehmen zeigen, dass es mehr ist als nur der Star der Pandemie.
Weitere Informationen:
- Biontech macht mehr als eine halbe Milliarde Euro Verlust (handelsblatt.com)
- Moderna gewinnt Patentstreit gegen Biontech und Pfizer (spiegel.de)
- BioNTech will Stellen abbauen (tagesschau.de)
Ein Beitrag von:
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- Diplom-Volkswirtin und Unternehmensberaterin
- Erstellung von (Gerichts-)Gutachten, Stellungnahmen und Analysen zu Bilanzierungssachverhalten
- Fachbuchautorin
- Anhörung als Sachverständige im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Wirecard Skandal des Deutschen Bundestages und im Finanzausschuss zum FISG
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