Billigkeitsregelung für kleine PV-Anlagen: Was geschieht eigentlich mit dem IAB?

Das BMF hat Anfang Juni eine Vereinfachung für Betreiber kleiner PV-Anlagen bis 10 kW sowie für Betreiber kleinerer Blockheizkraftwerke erlassen: Für solche Anlagen ist auf schriftlichen Antrag aus Vereinfachungsgründen ohne weitere Prüfung in allen offenen Veranlagungszeiträumen zu unterstellen, dass diese nicht mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden. Die Voraussetzungen für die Nutzung der Vereinfachungsregelung können Betroffene dem BMF-Schreiben vom 2.6.2021 (IV C 6 – S 2240/19/10006 :006) sowie dem Aufsatz Besteuerung von Photovoltaikanlagen auf Ein- und Zweifamilienhäusern von Gragert/ Wißborn in NWB Nr. 30 vom 30.07.2021 (Seite 2182) entnehmen (für Abonnenten kostenfrei).

Mich treibt momentan in diesem Zusammenhang die Frage um, was eigentlich mit Investitionsabzugsbeträgen (IAB) geschieht, die in der Vergangenheit in Anspruch genommen wurden. Möglichweise sehe ich Probleme, wo keine sind. Doch vielleicht ist auch folgendes Problem noch nicht genau beleuchtet worden:

Für die Anschaffung einer PV-Anlage im Jahre 2021 ist zuvor ein IAB beansprucht worden. Die Anlage wird wie geplant erworben und installiert. Im Jahre 2021 wird auch die Sonderabschreibung nach § 7g EStG abgezogen. Im Jahre 2022 entscheidet sich der Steuerpflichtige, die Billigkeitsregelung zu nutzen. Der Steuerbescheid des Jahres 2021 soll bestandskräftig und endgültig sein. Nun ist gemeinhin zu lesen, dass die Inanspruchnahme der Billigkeitsregelung keine negativen Auswirkungen für die Vergangenheit hat, wenn die Bescheide für die Altjahre nicht mehr änderbar sind.

Ich meine aber, dass hier der Bescheid des Jahres, in dem der IAB geltend gemacht wurde, geändert werden muss. Denn § 7g EStG verlangt, dass das betreffende Wirtschaftsgut „mindestens bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahres ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird.“ Das wäre hier nicht gegeben, denn das Wahlrecht bedeutet, dass quasi gar kein Gewerbebetrieb und folglich keine betriebliche Nutzung vorliegen kann. Insoweit spricht Vieles dafür, dass der IAB in diesem Fall nachträglich wegfällt.

Wie ist Ihre Meinung? Muss der IAB rückgängig gemacht werden? Und wie wäre der Fall zu lösen, wenn das Wahlrecht erst 2023 und nicht bereits in 2022 ausgeübt wird. Meines Erachtens würde der IAB dann erhalten bleiben. Sicher bin ich aber nicht, denn auch hier gilt, dass ja eigentlich niemals ein Gewerbebetrieb und damit eine betriebliche Nutzung vorgelegen haben.

Weitere Informationen:

Arbeitshilfe: Rendite bei Fotovoltaikanlagen – Berechnungsprogramm (für Abonnenten kostenfrei)


2 Gedanken zu “Billigkeitsregelung für kleine PV-Anlagen: Was geschieht eigentlich mit dem IAB?

  1. Das überhaupt für die Anschaffung einer neueren PV Anlage ein Investitionsabzugsbetrag geltend gemacht werden kann, hat sich mir bisher nicht wirklich erschlossen. Allein aus wirtschaftlichen Gründen lohnt es sich ja eigentlich nicht Strom ins Netz zu liefern, stattdessen sollte so viel als möglich Strom Privat verbraucht werden. Eine fast ausschließlich betriebliche Nutzung i.S.d § 7 g Abs. 1 EStG liegt damit aus meiner Sicht garnicht erst vor. Das trotzdem ein IAB möglich ist, ergibt sich auch R 4.3 Abs. 4 S. 2 EstR:„ Im Fall des gewerblichen Betriebs einer Fotovoltaikanlage ist der private Verbrauch des Stroms keine private Verwendung der Anlage, sondern eine Sachentnahme des produzierten Stroms.“. Das kann nach meiner Ansicht aber nur für die Zeiträume gelten, in der auch der privat verbrauchte Strom vom Energieversorger vergütet und dann an den Produzenten zurück geliefert wurde. Die Begründung; „nicht die Anlage wird auch privat genutzt, sondern nur der mit der Anlage erzeugte Strom“ ist für mich nicht schlüssig. Die Möglichkeit einen Investitionsabzugsbetrag für die Anschaffung einer PV Anlage war wohl politisch gewollt. Daher auch die aus meiner Sicht etwas seltsame Begründung in den EstR.

  2. Hallo Herr Herold,

    7g EStG hat im Absatz 3 nach meiner Lesart die formelle Möglichkeit für die Finanzverwaltung, die in Ihrem Beispiel genannten Altbescheide zu ändern nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO i.V.m. 7g Abs,. 3 EStG, selbst wenn sie formell bestandskräftig sein (also z.B. kein Einspruch eingelegt wurde). Wenn keine Verjährung eingetreten ist, sind die Bescheide ja noch materiell änderungsfähig, soweit eine Korrekturnorm (siehe oben 175 AO) greift, § 172 Abs. 1 Nr. 2d AO.
    Ich hoffe, das hilft oder wird genauso von meinen Kolleg*innen gesehen….
    Frohe Weihnachten

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