Billigkeitsregelung für kleine PV-Anlagen: BMF äußert sich zu IAB

Das BMF hat Anfang Juni eine Vereinfachung für Betreiber kleiner PV-Anlagen bis 10 kW sowie für Betreiber kleinerer Blockheizkraftwerke erlassen: Für solche Anlagen ist auf schriftlichen Antrag aus Vereinfachungsgründen ohne weitere Prüfung in allen offenen Veranlagungszeiträumen zu unterstellen, dass diese nicht mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden (BMF-Schreiben vom 2.6.2021, IV C 6 – S 2240/19/10006 :006).

Kürzlich bin ich der Frage nachgegangen, was eigentlich mit Investitionsabzugsbeträgen (IAB) geschieht, die in der Vergangenheit in Anspruch genommen wurden (siehe Blog-Beitrag: Billigkeitsregelung für kleine PV-Anlagen: Was geschieht eigentlich mit dem IAB?). Offenbar war ich mit meinem Problem nicht allein, denn tatsächlich hat das BMF hierzu soeben Stellung genommen, und zwar mit Schreiben vom 29.10.2021 (IV C 6 – S 2240/19/10006 :006). Dieses enthält zu dem Thema folgenden Satz: „Die Inanspruchnahme der Vereinfachungsregelung ist kein Fall des § 7g Absatz 4 EStG, da insoweit keine schädliche Verwendung der Investition vorliegt.“

Leider hat sich das BMF nicht die Mühe gemacht, diese Aussage mit Leben, sprich mit einem Beispiel, zu füllen. Und so darf sich der Rechtsanwender mit den Feinheiten des § 7g EStG befassen, und zwar insbesondere den Unterschieden zwischen Absatz 3 und Absatz 4. Nun gut: Von einem Steuerberater kann das vielleicht noch verlangt werden. Wenn man aber bedenkt, dass die neue Regelung der „Vereinfachung“ dienen und gerade auch steuerlichen Laien nutzen soll, so wäre den Verantwortlichen des BMF kein Zacken aus der Krone gefallen, wenn sie ein oder zwei Beispiele gebracht hätten.

So möchte ich das hiermit übernehmen:

Beispiel 1:
Es wird ein IAB geltend gemacht und die Investition erfolgt auch wie geplant. Aber: Bereits ab dem Anschaffungsjahr wird die Billigkeitsregelung beantragt. Folge: Der IAB muss mangels betrieblicher Investition rückgängig gemacht werden. Die Rückgängigmachung beruht auf § 7g Abs. 3 EStG. Und dieser wird von der Billigkeitsregelung nicht umfasst.

Beispiel 2:
Es wird ein IAB geltend gemacht und die Investition erfolgt auch wie geplant. Bereits ab dem Jahr, das dem Anschaffungsjahr folgt, wird die Billigkeitsregelung beantragt. Folge: Der IAB müsste eigentlich auch hier rückgängig gemacht werden. Aber: Da das BMF ausdrücklich verfügt, dass kein Fall des § 7g Abs. 4 EStG vorliegen soll, bleibt der IAB erhalten.

So interpretiere ich jedenfalls das aktuelle BMF-Schreiben.

Bitte erlauben Sie mir noch einen Kommentar: Bei allem Verständnis für die Vereinfachungsregelung bleibt ein Geschmäckle. Das BMF schreibt: „da insoweit keine schädliche Verwendung der Investition vorliegt.“ Wenn man § 7g EStG jedoch gründlich analysiert, liegt in der Ausübung des Liebhaberei-Wahlrechts indes sehr wohl eine schädliche Verwendung, denn schließlich liegt kein Gewerbebetrieb (mehr) vor und eine betriebliche Nutzung kann nicht (mehr) erfolgen. Aber sei es drum: Nehmen wir die Regelung so hin, wie sie vom BMF verfügt wird. Und hoffen wir, dass derartige Fälle nicht vor den Gerichten landen werden, weil sich ein Finanzbeamter bewogen fühlt, die Billigkeitsregelung nicht anzuwenden. Ob die Gerichte Vertrauensschutz gewähren werden, weiß ich nicht.


2 Gedanken zu “Billigkeitsregelung für kleine PV-Anlagen: BMF äußert sich zu IAB

  1. Nachdem der Übergang zur Liebhaberei nicht (zwingend) zu einer Betriebsaufgabe führt, ist die Aussage des BMF folgerichtig.

    Folgefragen sind freilich offen. Bspw. was ist bei Verkauf der PV-Anlage bzw. der Immobilie, auf der sich diese befindet? Muss eine Betriebsaufgabe erklärt werden?

  2. Mit dem Jahressteuergesetz 2022 plant der Gesetzgeber eine Steuerbefreiung für Anlagen bis 30 kWp. Vor dem Hintergrund der Geltendmachung eines IAB in 2022 für eine zukünftige PV-Anlage stellt sich die Ausgangslage nun anders dar: Eine Steuerbefreiung verneint anders als die Billigkeitslösung nicht das Bestehen eines Gewerbebetriebs. Das Argument, dass bei der Inanspruchnahme des IAB keine betriebliche Nutzung vorliegt (unter Beachtung von R 4.3 (4) S. 2 EStR) und damit eine Rückgängigmachung des IAB nach § 7g Abs. 4 EStG zu erfolgen hat, dürfte hier nicht eingreifen. Aus § 7g EStG ist nicht ersichtlich, dass für (zukünftig) steuerfreie Einnahmen kein IAB gebildet werden darf, wenngleich das Ergebnis ein Geschmäckle hat. Ansatzpunkt für die Finanzverwaltung könnte hier sein, dass die Hinzurechnung des IAB nicht unter die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 72 EStG-E fällt. Wie wird das hier gesehen?

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