Bilanzverbesserungen in Krisenzeiten

In der aktuellen Post-Coronasituation fragen sich viele Unternehmen, wie die eigene Bilanz und insbesondere die Passiva neu strukturiert werden können, um der Gesellschaft neue Mittel zuzuführen. Dies einerseits vor dem Hintergrund, die Liquiditätssituation im Auge zu behalten und andererseits vor der Pflicht der Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften,  den Gesellschaftern bzw. Aktionären der Gesellschaft anzuzeigen, wenn ein Verlust in Höhe der Hälfte des Stammkapitals bzw. des Grundkapitals besteht (Verlustanzeige, § 49 GmbHG, § 92 AktG).

Pflicht zur Verlustanzeige

Diese Pflicht besteht jederzeit, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen das Vorliegen dieses Sachverhalts anzunehmen ist. Das Ganze führt zu einer Überwachungspflicht in Bezug auf das Eigenkapital. Anzuwenden sind bei einer positiven Fortbestehensprognose dabei die allgemein handelsrechtlichen Ansatz-und Bewertungsvorschriften, insbesondere Stichtags-, Realisations- und Imparitätsprinzip. Das IDW hatte dazu zuletzt am 25. März 2020 eine Merkhilfe zusammengestellt, in der Posten für Posten gezeigt wird, in welcher Form die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie zu berücksichtigen sind.

Neue Investoren und Gesellschafter

Selbstverständlich lohnt es sich immer, nach neuen Investoren, bzw. Gesellschaftern Ausschau zu halten. Die Aufnahme eines neuen Gesellschafters, die Ausgabe neuer Anteile an der Gesellschaft und der Einzahlung des gezeichneten Kapitals durch den neue Gesellschafter haben einen positiven Einfluss auf die Bilanz und die Liquiditätssituation.Zum einen fließt frisches Geld der Kasse zu, zum anderen verbessert das höhere Eigenkapital die Eigenkapitalquote und damit auch das Kredit-Rating. In Betracht kommen strategische Investoren, aber auch Finanzinvestoren. Ebenso ist an Geschäftspartner entlang der Lieferkette zu denken. Die Anteile der Altgesellschafter werden allerdings dadurch auch etwas “verwässert”. Genauso kann die Innenfinanzierung des Unternehmens in der Krise mehr in den Fokus rücken, wenn vom Management verstärkt eine Erhöhung der Einzahlungen/Einnhamen angestrebt wird und gleichzeitig eine Verringerung oder zeitweise Verringerung von unternehmensseitigen Auszahlungen. Auf geplante Investitionen kann teilweise verzichtet werden.

Gesellschafterdarlehen

Klassisch ist das Gesellschafterdarlehen mit Rangrücktritt, das die Liquidität eines Unternehmens in einer Krisensituation stützt. Allerdings wird die Bilanz-Situation mit der Darlehensgewährung auch nicht unbedingt verbessert. Nur der “qualifizierte Rangrücktritt” hilft hier weiter, weil eine finanzielle Verbesserung hierdurch erreicht wird. Die Verbindlichkeit muss dann in der Bilanz nicht mehr passiviert werden. Auch bei der Ermittlung einer etwaigen insolvenzrechtlichen Überschuldung eines Unternehmens im Sinne von § 19 InsO, die nach wie vor zusätzlich für einen Insolvenz- Eröffnungsgrund eine negative Fortführungsprognose (vgl. § 19 II InsO) erfordert, ist der qualifizierte Rangrücktritt nicht zu berücksichtigen bzw. es wird das Gesellschafter-Darlehen als statuarisches Kapital behandelt und die Verpflichtung zur Darlehensrückzahlung bleibt in der sog. Überschuldungsbilanz außer Betracht.

Debt-Equity-Swaps

Was auch immer häufiger praktiziert wird, sind Debt-Equity-Swaps. Dabei werden die Verbindlichkeiten gegenüber Gläubigern der Gesellschaft in Eigenkapital bzw. Anteilsrechte umgewandelt. Der bisherige Gläubiger wird Gesellschafter. Dies verbessert das Eigenkapital und deren Quote und kann eine finanzielle Überschuldung beseitigen. Auch die Liquidität kann dadurch positiv beeinflusst werden. Der Debt-Equity Swap erfolgt durch eine Sachkapitalerhöhung nach vorausgegangener Kapitalherabsetzung. Als Sacheinlage wird die Forderung eingebracht, deren Wert einen Betrag der Beteiligungen entsprechen muss. Dies birgt das Risiko, dass die eingebrachte Forderung handelsrechtlich bzw. steuerlich überbewertet wird. Auch kann es sein, dass der neue Gesellschafter die Kapitalerhöhung später erneut erbringen muss (im Falle eines später denkbaren Insolvenzverfahrens).

Nun lohnt sich andererseits im Rahmen einer Umstrukturierung, die Aktiva zu beleuchten. Da in (Post-Corona)-Krisenzeiten unternehmerische Geschäftsmodelle an veränderte Situation angepasst werden müssen, kann es sein, dass als wichtig angesehene Mittel des Betriebsvermögens entbehrlich geworden sind. Dann kann man sich davon auch trennen.

Handlungsspielraum durch Veräußerung von Vermögensgegenständen

Im Rahmen der Corona-Pandemie und den verstärkten Einsatz von Home-Office Tätigkeiten hat sich zudem gezeigt, dass bei der gewerblichen Miete neue Handlungsräume entstehen: Der eigene Raum kann verkleinert werden, Untervermietungen können erfolgen – mit sofortigen bilanziellen Auswirkungen. Ebenso kann die Lage der Büros  überprüft werden. Der Erlös für verwertete Vermögensgegenstände oder eingesparte Miete kann für die Liquidität vorteilhaft sein. Wird die gewonnene Liquidität für die Zahlung von Gesellschaftsschulden verwendet, erfolgt eine Bilanzverkürzung, die die Eigenkapitalquote verbessern kann.

Weitere Möglichkeiten

Doch nicht nur der Blick auf die Anlagevermögensgegenstände bei den Aktiva lohnt sich, oft findet sich auch in den Vorräten gewisser Überfluss, der abgebaut werden kann. Last but not least wird die Bilanz dadurch entlastet (Passiva), wenn teilweise Verzichte auf Forderungen gegenüber Gläubigern durchgesetzt werden können. Gläubiger akzeptieren diesen Schritt allerdings nur, wenn im Wesentlichen (fast) alle Gläubiger an den notwendigen Sanierungsmaßnahmen sich beteiligen und wenn messbare bzw. “belastbare” Aussichten dafür bestehen, dass die verbleibenden Forderungen gegen das Unternehmen zukünftig auch durch das Unternehmen bezahlt werden können.

Allerdings haben manche Gläubiger auch insolvenzfeste Sicherungsrechte, etwa durch Grundschulden, (verlängerte) Eigentumsvorfahrvorbehaltsrechte und Verpfändungen und (Sicherungs-)Zessionen. Die ertragssteuerliche Situation muss bei solchen teilweisen Verzichten ebenfalls stets in den Blick genommen werden. Abstimmungen mit dem Finanzamt sind hier sicher sinnvoll und das seit 01. Januar 2021 geltende Restrukturierungsverfahren nach dem Unternehmens- Stabilisierungs-und Restrukturierungsgesetz (StaRUG) hat Maßnahmen vorgesehen, die entsprechend eingeleitet werden können.

Fazit

Alles in allem gibt es für jede Situation die richtigen Mittel, auch im Nachfeld der Corona-Pandemie. Allerdings ist stets auf die Wettbewerbsfähigkeit bei jeder denkbaren Maßnahme ein kritischer Blick zu werfen. Insbesondere muss auch die Flexibilität gewahrt bleiben. Die Kosten für die umzusetzende Maßnahmen müssen ebenfalls hinterfragt werden. Sanierungsmaßnahmen können je nach Art zur Vermeidung bzw. Auflösung einer insolvenzrechtlichen Verschuldung, zur Stärkung des handelsbilanziellen Eigenkapital sowie zur Schaffung zusätzlicher Liquidität eingesetzt werden. Als Sanierungsmaßnahme stärkt der Forderungsverzicht unmittelbar die Kapitalbasis der Gesellschaft.

Bei einem Verzicht durch Dritte oder durch Gesellschafter auf nicht mehr ausreichend werthaltige Gesellschafterdarlehen kann der Erfolg der Maßnahme durch Steuerbelastungen gemindert sein, wenn keine ausreichend hohen Verluste oder Verlustvorträge zur Verfügung stehen. Zwar wurden durch das 3. Corona-Steuerhilfegesetz die Möglichkeiten des Verlustrücktrags ausgeweitet, allerdings greift die Mindestbesteuerung nach wie vor bereits ab 1 Mio. Euro, was sich nachteilig auf die Sanierung auswirken kann.


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