Bilanzierungswahlrecht nach § 4 Abs. 3 EStG bei ausländischer Bilanzierungspflicht?

Das Einkommensteuergesetz kennt verschiedene Arten der Gewinnermittlung, wobei der Betriebsvermögensvergleich die Regelform der Gewinnermittlung darstellt. Steuerpflichtige, die allerdings weder gesetzlich buchführungspflichtig sind noch freiwillig Bücher führen, haben das Wahlrecht, hiervon abzuweichen und die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 Satz 1EStG durchzuführen. In diesem Falle wird ein Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben nach dem Zuflussprinzip ermittelt.

Fraglich war bisweilen, ob eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG auch möglich ist, wenn nach ausländischen gesetzlichen Vorschriften eine Buchführungs- und Bilanzierungspflicht besteht. Der BFH hat dies nunmehr verneint (Urteil v. 20.04.2021 – IV R 3/20).

Der Sachverhalt in Kurzform:

Zwei GbRs waren als Kommanditistinnen an einer Personengesellschaft in Luxemburg beteiligt, welche einer GmbH & CO KG nach deutschen Recht entsprach und vor allem Goldhandel betrieb. Sie war nach luxemburgischem Recht zur Erstellung einer Bilanz verpflichtet und erstellte gleichzeitig für die Besteuerung der Gesellschafter in Deutschland Einnahmen-Überschussrechnungen nach § 4 Abs. 3 EStG. Ursprünglich stellte das Finanzamt originär gewerbliche – und damit nach dem DBA-Luxemburg – steuerfreie und nur dem Progressionsvorbehalt unterliegende Einkünfte (für die Geschäftsjahre 2011 und 2012) fest. Im Rahmen eines Einspruchsverfahrens stellte das FA aber fest, dass die Gesellschaft originär vermögensverwaltend tätig gewesen sei. Aufgrund einer gewerblichen Prägung seien steuerpflichtige Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe der Bilanzergebnisse festzustellen, so dass die Feststellung steuerfreier, dem Progressionsvorbehalt unterliegender Einkünfte versagt wurde. Da die Gesellschaft bereits eine Bilanz aufgestellt hatte, sei eine Ermittlung des Gewinns nach § 4 Abs. 3 EStG nicht möglich. Entgegen dieser Meinung waren die Klägerinnen der Überzeugung, dass sie originär gewerbliche, im Inland steuerfreie Einkünfte erzielten, so dass der Gewinn nach § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG hätte ermittelt werden dürfen. Dem stehe die Bilanzierungspflicht nach luxemburgischem Recht nicht entgegen.

BFH bestätigt Sperrwirkung zur Einnahmen-Überschuss-Rechnung

Der BFH stellt in seiner Entscheidung v. 20.04.2021 (IV R 3/20) fest, dass hinsichtlich des Gewinnermittlungswahlrechts nach § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG gilt, dass auch ausländische Vorschriften, die eine Buchführungs- und Abschlusspflicht begründen, das Gewinnermittlungswahlrecht nach § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG ausschließen. Allerdings setze das Eingreifen dieser Sperrwirkung voraus, dass die ausländischen Vorschriften gesetzlich sowohl eine Buchführungs- als auch eine Abschluss- und damit Bilanzierungspflicht normieren. Nicht vorausgesetzt wird, dass die ausländischen Vorschriften mit den deutschen Vorschriften funktions- und informationsgleich sind. Soweit für die ausländische Gesellschaft keine Sperrwirkung wegen gesetzlicher, ausländischer Buchführungs- und Abschlusspflichten besteht, steht ihr frei, das Wahlrecht entsprechend auszuüben.

Auf den Zeitpunkt kommt es an

Die Wahl zwischen einer EÜR und dem Betriebsvermögensvergleich steht Steuerpflichtigen zu, soweit sie nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften Bücher zu führen verpflichtet sind und regelmäßige Abschlüsse machen müssen. Die Existenz einer gesetzlichen Buchführungs- und Abschlusspflicht sperrt daher die Option für eine EÜR. Der BFH schließt sich mit seiner Rechtsprechung für die Beantwortung der Frage, ob auch ausländische Buchführungs- und Abschlusspflichten zu der Sperre führen können, der vor allem durch die Verwaltung vertretenen Auffassung an, dass auch ausländische gesetzliche Vorgaben zum Ausschluss einer EÜR führen können.

Ausschlaggebend ist dabei allerdings die tatsächliche Handhabung der Gewinnermittlung. So gilt das Wahlrecht als ausgeübt, wenn die EÜR oder der Betriebsvermögensvergleich fertiggestellt ist und als „endgültig“ anzusehen ist, z.B. durch Übersendung der erstellten Gewinnermittlung an das FA. Somit kommt es auf den Zeitpunkt an: Die ausländische Personengesellschaft darf für eine Ermittlung der nach dem DBA steuerfreien Einkünfte die EÜR nur wählen, soweit das Wahlrecht ihrerseits ausgeübt wird, bevor im In- oder Ausland ein Betriebsvermögensvergleich erfolgt ist. Gesellschaften mit entsprechenden, ähnlichen Konstellationen sollten daher genau planen, wann und wie die jeweiligen Gewinnermittlungen stattzufinden haben, damit Konstellationen wie im zugrunde liegenden Fall nicht auftreten.

Weitere Details zu diesem Urteil erfahren Sie in der NWB Online-Nachricht Einkommensteuer / International | Ausübung des Wahlrechts zur EÜR (für Abonnenten kostenfrei

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