Bilanzierung von Provisionsleistungen – liegt der BFH richtig?

Provisionen sind immer wieder ein umstrittenes und damit leidiges Thema auch in der Bilanzierung. Vor einiger Zeit hatte sich der BFH mit der Frage des Erfassungszeitpunktes für Provisionsansprüche, der Bilanzierung von Provisionsvorauszahlungen und der damit im Zusammenhang stehenden Aufwendungen zu befassen.

Im Urteilsfall war Gegenstand, ob ein Reisebüro Provisionsansprüche für eine erst im Folgejahr anzutretende Reise bereits im vorhergehenden Abschluss ertragswirksam zu bilanzieren hat und wann die zugehörigen Aufwendungen aufwandswirksam zu erfassen sind. Der Provisionsanspruch war dabei an die tatsächliche Ausführung der gebuchten Reise gebunden. Jedoch wurde die Provision bereits im Monat der Festbuchung vom Vertragspartner abgerechnet und die Provisionszahlung bei Zahlung der Anzahlung bzw. des Gesamtpreises durch die Reisekunden an das Reisebüro geleistet.

Das Reisebüro hatte die erhaltene Provisionszahlung für im Folgejahr durchzuführende Reisen als passiven Rechnungsabgrenzungsposten gebucht und erst bei Reiseantritt erlöswirksam erfasst. Dem folgte die Außenprüfung, vertrat aber die Ansicht, mit der Vermittlungsleistung zusammenhängende Aufwendungen seien als unfertige Leistungen zu aktivieren und nicht sofort aufwandswirksam zu erfassen.

Der BFH ist, wie schon zuvor das FG, der Auffassung der Finanzverwaltung nicht gefolgt. Die Begründung knüpft wegen des Maßgeblichkeitsprinzip an die handelsrechtlichen GoB an (§ 5 Abs. 1 EStG).

Zunächst ist die Realisationsfrage i.S. von § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB zu klären. Realisiert ist der Gewinn aus handelsrechtlicher Sicht, wenn die Leistung erbracht und beim Bilanzierenden ein quasi-sicherer Anspruch auf die Gegenleistung entstanden ist. Das ist jeweils im Einzelfall in Abhängigkeit von der Vertragsgestaltung zu analysieren. Im vorliegenden Fall ist der Provisionsanspruch aufschiebend bedingt an die Durchführung der Reise gebunden und damit mit dem Stornorisiko behaftet. Daher kann der Umsatzerlös erst in der Periode der Reisedurchführung erfasst werden.

Der Provisionsanspruch kann im Urteilsfall mangels Erfüllung der Realisationsvoraussetzung nicht vor Durchführung der Reise aktiviert werden. Die an das Reisebüro geleistete Provisionszahlung ist als Vorauszahlung zu werten und buchen. Fraglich kann sein, ob die erhaltene Vorauszahlung als passiver Rechnungsabgrenzungsposten oder als erhaltene Anzahlung abzugrenzen ist. Da das Reisebüro mit der Vermittlung keine zeitabhängige Leistung erbringt, kommt eine Passivierung als Rechnungsabgrenzungsposten nicht in Betracht (§ 250 Abs. 2 HGB). Damit ist die erhaltene Vorauszahlung als erhaltene Anzahlung zu passivieren (§ 266 Abs. 3 C.3. HGB).

Die Aktivierung der mit der Vermittlungsleistung zusammenhängenden Aufwendungen hängt nach Auffassung des BFH davon ab, ob ein Wirtschaftsgut entstanden ist. Aus handelsrechtlicher Sicht stört hier die Terminologie, weil in der Handelsbilanz keine Wirtschaftsgüter, sondern Vermögensgegenstände aktiviert werden. Da der BFH letztlich ein Urteil zur Steuerbilanz fällt, ist dies jedoch nicht zu beanstanden. Im konkreten Fall dürfte – entgegen der vom BFH immer wieder postulierten Identität – bei aller Diskussion um Unterschiede zwischen den Begriffen Vermögensgegenstand und (aktives) Wirtschaftsgut ein abweichendes Ergebnis schwer zu begründen sein. Jedenfalls distanziert sich der 3. Senat des BFH zutreffend von einer rein dynamischen Interpretation von Aktivposten als Aufwandsabgrenzung und verlangt als Aktivierungsgrundlage im Rahmen einer statischen Betrachtung zwingend die Erfüllung der Voraussetzungen für das Vorliegen eines Wirtschaftsgutes (handelsrechtlich Vermögensgegenstands).

Handelsrechtlich stellt sich die Frage, ob durch die Aufwendungen ein selbständig verwertbarer wirtschaftlicher Vorteil entstanden ist, was die selbständige Bewertbarkeit implizieren würde. Aus Sicht des BFH, der im Hinblick auf die Eigenschaft eines Wirtschaftsgutes argumentiert, liegen bloße laufende Aufwendungen vor, woraus kein selbständig bewertbarer Vermögensvorteil entstehe. U.a. stünde dem Reisebüro bei Stornierung der Reise kein Aufwandsersatzanspruch zu. Es lägen laufende Aufwendungen für den Reisebürobetrieb vor, die einem einzelnen Auftrag nicht zuordenbar seien und zu keinem objektiv werthaltigen Posten für den Betrieb führten.

Im Ergebnis erscheint diese Sichtweise auch aus handelsrechtlicher Sicht zumindest vertretbar. Als selbständig verwertbarer wirtschaftlicher Vorteil wäre allenfalls der Provisionsanspruch anzusehen. Dieser ist jedoch wegen Anknüpfung an die Reisedurchführung noch nicht entstanden. Somit kommt es im vorliegenden Fall zum Gleichlauf zwischen der Erfüllung der Aktivierungsvoraussetzungen und der Gewinnrealisation. Aus dynamischer Sicht mag unbefriedigend erscheinen, dass die (laufenden) Aufwendungen in der Periode der Vermittlung ergebnismindernd wirken, wohingegen der zugehörige Ertrag erst in der Periode der Reisedurchführung erfasst wird.

Eine zeitgleiche Erfassung ließe sich im vorliegenden Fall allenfalls dadurch erreichen, dass der Provisionsanspruch bereits in der Periode der Vermittlung ertragswirksam gebucht würde. Das würde entsprechend der Sichtweise zur Behandlung von Erlösen aus Verkäufen mit Rückgaberecht im Massenversandhandel bei zuverlässiger Schätzbarkeit von Rücklaufquoten nur über eine weitere Durchlöcherung des Realisationsprinzips zu erreichen sein, was hier keinesfalls propagiert werden soll.

Weitere Informationen:

BFH v. 26.04.2018 – III R 5/16

 

2 Gedanken zu “Bilanzierung von Provisionsleistungen – liegt der BFH richtig?

    • Lieber Herr Wenzel,
      vielen Dank für die Lorbeeren. Es freut mich immer wieder, vom erfolgreichen beruflichen Werdegang „meiner“ Absolventen zu hören.
      Viele Grüße
      Robin Mujkanovic

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