Virtuelle Währungen, deren bekanntester Vertreter Bitcoin ist, kommen auch im Unternehmensbereich zum Einsatz. In den letzten Monaten zeigen Kryptowährungen erhebliche Volatilität in der Wertentwicklung. Damit stellt sich die Frage nach der bilanziellen Behandlung von solchen Rechnungseinheiten im Unternehmensbereich. Weder die IFRS noch das HGB enthalten konkrete Regelungen zur Bilanzierung von Kryptowährungen. Vor einiger Zeit hatte ich einen Blog zur Bilanzierung von Kryptowährungen nach IFRS verfasst. Heute befasse ich mich mit der Bilanzierung von Bitcoin und Co. nach HGB.
Kryptowährungen erfüllen die allgemeinen Ansatzvoraussetzungen für einen Vermögensgegenstand (§ 246 HGB). Danach muss ein abstrakt, also dem Grund nach, einzelverwertbarer wirtschaftlicher Vorteil vorliegen. Obwohl es sich um kein gesetzliches Zahlungsmittel handelt, dürfte das bei virtuellen Währungen gegeben sein. Das gilt zumindest, sofern sie zur Begleichung von Verpflichtungen verwendet oder beispielsweise in „richtiges“ Geld eingetauscht werden können, das Unternehmen über die Codes alleine Zugriff hat und sie in der Vergangenheit in der Blockchain dokumentiert wurden.
Auch wenn sie als „Währungen“ bezeichnet werden, sind Kryptowährungen nicht als Kassenbestand einzustufen, weil sie sich nicht in physischer Form in der Kasse befinden. Da sie auch nicht als Guthaben bei Kreditinstituten oder der Bundesbank gehalten werden, scheidet eine Zuordnung auch hierzu aus. In der Folge erscheint eine Entgeltbegleichung mittels Hingabe von Krypto-Währungseinheiten eher als Tausch als Begleichung mittels Einsatzes eines Zahlungsmittels. Sofern eine virtuelle Währung in Europa als gesetzliches Zahlungsmittel qualifiziert wird, käme wegen der Ähnlichkeit zu den anderen liquiden Mitteln unter Anpassung der Postenbezeichnung eine Zuordnung zum Posten „Kassenbestand, Bundesbankguthaben, Guthaben bei Kreditinstituten und Schecks“ in Betracht.
Eine Zuordnung zu den Wertpapieren des Anlage- oder Umlaufvermögens dürfte daran scheitern, dass virtuelle Währungen die Verbriefung fehlt und sie auch nicht wie Effekten gehandelt werden und nicht sammelverwahrungsfähig und damit nicht wertpapierähnlich sind. Eine Qualifikation als Forderung scheidet aus, weil die virtuelle Währung keinen Anspruch auf Leistung gegen einen Schuldner verkörpert.
Wenn es sich bei virtuellen Währungen nicht um finanzielle Vermögenswerte handelt, wofür auch ein Urteil des Kammergerichts Berlin spricht, könnte man auf den Gedanken kommen, es läge Vorratsvermögen vor. Entsprechend der IFRS sind Vorräte auch nach HGB Vermögensgegenstände, die zum Verkauf im normalen Geschäftsgang gehalten werden, die sich in der Herstellung für einen solchen Verkauf befinden oder die als Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe dazu bestimmt sind, bei der Herstellung oder der Erbringung von Dienstleistungen verbraucht zu werden. In den meisten Fällen wird die Zuordnung von Kryptowährungen zu den Vorräten nicht in Betracht kommen, da sie nicht zum Verkauf im normalen Geschäftsgang gehalten werden, keine Kryptowährungen hergestellt werden, d.h. kein Mining erfolgt, und die gehaltenen Kryptowährungen nicht als Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe im Herstellungsprozess zum Einsatz kommen. Geleistete Anzahlungen liegen ohnehin nicht vor.
Etwas anderes könnte im Einzelfall beispielsweise bei denjenigen Unternehmen gelten, deren Geschäftsmodell auf das Mining oder den Tausch von Kryptowährungen in „echte“ Währungen gerichtet ist. Bei Letzteren könnte eine Zuordnung zum Vorratsvermögen in Betracht kommen.
Sachanlagen liegen mangels physischer Substanz offensichtlich nicht vor. Damit bleibt, von etwaigen Ausnahmefällen der Zuordnung zum Vorratsvermögen abgesehen, die Einordnung virtueller Währungen als immaterielle Vermögensgegenstände. Darunter fallen nichtfinanzielle Vermögensgegenstände ohne bedeutende physische Substanz (DRS 24.8). Kryptowährungen haben keine physische Substanz und sind nach hier vertretener Auffassung auch kein Zahlungsmittel, also kein monetärer Vermögenswert. Je nach Zuordnung zum Anlage- oder Umlaufvermögen ergibt sich danach eine Bewertung zum gemilderten oder strengen Niederstwertprinzip (§ 253, Abs. 3, 4 HGB). Da eine dauerhafte Halte- bzw. Anlageabsicht eher weniger zu erwarten ist, wird die Zuordnung regelmäßig eher zum Umlaufvermögen erfolgen (§ 247 Abs. 2 HGB). Die Zugangsbewertung erfolgt danach zu den Anschaffungskosten. Bei Rückgang des Marktwertes oder des beizulegenden Wertes ist abzuschreiben. Die Anwendung der Regelungen zur Währungsumrechnung erscheint nicht sachgerecht, weil es sich bei virtuellen Währungen gerade nicht um Fremdwährungen im Sinne des Gesetzes handelt (§ 256a HGB).
Die vorstehenden Ausführungen sind als Diskussionsgrundlage und weniger als eine abschließende Wertung zu verstehen. Kommentare sind daher wie immer willkommen. Wie die Erörterung gezeigt hat, kann sich je nach Einzelfall eine unterschiedliche Beurteilung ergeben. Daher ist es unerlässlich sich mit den konkreten Umständen des Einzelfalls beim Bilanzierenden auseinanderzusetzen.
Weitere Informationen:
Mujkanovic, Bilanzierung von Kryptowährungen nach IFRS (NWB Experten-Blog)
Urteil Kammergericht Berlin v. 25.9.2018, AktZ (4) 161 Ss 28/18 (35/18)