BFH: Betriebsveranstaltungen trotz eingeschränktem Teilnehmerkreis

Mit seinem Urteil v. 27.03.2024 (VI R 5/22) hat der BFH seine Rechtsprechung zum Begriff der Betriebsveranstaltung geändert.

Hintergrund

Die Betriebsveranstaltung wurde – seit einer im Jahr 2015 vorgenommenen Kodifizierung – dann als gegeben angenommen, wenn für alle Mitarbeiter einer Organisationseinheit die Veranstaltung offenstand. Als kriegsentscheidendes Merkmal wurde ein solches „Offenstehen“ stets für die Anwendung der Pauschalierung etwaiger Vorteile mit einem Pauschalsatz in Höhe von 25 Prozent nach § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG von der Finanzverwaltung verlangt. Lag das Merkmal nicht vor, so konnte die Pauschalierung zu 25 Prozent nicht zur Anwendung gelangen. Dann wurde lediglich die Anwendung der Pauschalierungsvorschrift gem. § 37b Abs. 2 EStG (Pauschsteuersatz in Höhe von 30 Prozent) in Betracht gezogen.

BFH ändert Rechtsauffassung

Diese Ansicht hat der BFH nunmehr in seiner Rechtsprechung geändert.  Dabei ging es um die Weihnachtsfeier einer Klägerin, die diese in Jahr 2015 in den eigenen Räumlichkeiten veranstaltete. Die Besonderheit hierbei war, dass zu dieser nur die Vorstandsmitglieder eingeladen waren. Darüber hinaus richtete die Klägerin im selben Jahr eine Weihnachtsfeier für Mitarbeitende aus, die zum sogenannten oberen Führungskreis bzw. Konzernführungskreis gehörten.  Die ihren Vorstandsmitgliedern und dem Führungskreis mit den jeweiligen Weihnachtsfeiern zugewandten Vorteile unterwarf die Klägerin nicht dem Lohnsteuerabzug.

Das sah das FA anders: Es war der Auffassung, dass die beantragte Lohnsteuerpauschalierung nicht gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG mit einem Pauschsteuersatz von 25 % erfolgen könne. Denn, so das FA: Der Begriff der Betriebsveranstaltung setze ungeachtet der Einfügung einer Legaldefinition in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG mit Wirkung vom 01.01.2015 weiterhin voraus, dass die Teilnahme an der Veranstaltung allen Arbeitnehmern des Betriebs oder des Betriebsteils offenstehe. Entsprechend dieser Rechtsauffassung erließ das FA einen Nachforderungsbescheid. Das FG schloss sich dieser Auffassung an.

„Offenstehen“ einer Betriebsveranstaltung kein entscheidendes Merkmal für die Definition

Anders sah das nun der BFH. Er konstatierte, dass es sich sehr wohl um Betriebsveranstaltungen handelte. Denn, so der BFH: Bei genauem Lesen der Vorschrift findet das Merkmal des „Offenstehens“ in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG keinen Niederschlag. Diese Voraussetzung findet sich vielmehr nur in Satz 3 wieder und steht damit nur noch in Verbindung mit der Gewährung des Freibetrags in Höhe von 110 €.

Urteil eröffnet neue Optionen

Der BFH macht klar, dass die Voraussetzung dafür, ob eine Betriebsveranstaltung nur dann vorliegt, wenn diese allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht, ausschließlich in Verbindung mit der Gewährung des Freibetrags in Höhe von 110 € steht (vgl. § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a S. 3 EstG).  Es bleibt nun abzuwarten, wie die Finanzverwaltung reagiert.  Eine Anwendbarkeit nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus müsste aus einem sog. Nichtanwendungserlass der Finanzverwaltung resultieren.

Zu bedenken ist, dass auch dann die rechtlichen Voraussetzungen für die Berufung auf das BFH-Urteil in vergleichbaren Fällen gegeben sein dürften, wenn Sachbezüge für die Teilnahme an Betriebsveranstaltungen, die nicht allen, sondern nur einer Gruppe von Angehörigen eines Betriebs oder Betriebsteils offenstehen, nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG mit 25 % pauschal versteuert werden. Es bleibt somit spannend und abzuwarten, wie die Finanzverwaltung agiert.

Ein Kommentar zu “BFH: Betriebsveranstaltungen trotz eingeschränktem Teilnehmerkreis

  1. Hallo Herr Dr. Wengerofsky,

    zu der Sache gibt es schon eine NV-Fundstelle (BFH/NV 2024, 839) – das heißt, dass Lohnsteuerreferat hat sich hier schon klar positioniert und wird wohl ein Nichtanwendungsgesetz erlassen.

    Alle Reden von Bürokratie-Abbau, nur im Lohnsteuerreferat des Bundesfinanzministeriums schafft man es, das Steuerrecht jedes Jahr noch komplizierter zu machen. Und es ist so unnötig: Worüber reden wir? Über 5% mehr Steuern bei 500% komplizierteren innerbetrieblichen Prozessen, um es rechtskonform umzusetzen.

    Es ist nur noch ärgerlich, weswegen ich mich neulich in meinem Blog auch dazu hinreißen ließ und mich fragte, was man im Lohnsteuerreferat eigentlich für ein Demokratieverständnis haben muss, wenn man den BFH (der ja im wesentlichen schon auf Linie der Finanzverwaltung ist) ständig aushebelt.

    Ich wette man wird die Gelegenheit nutzen und versuchen, wie im damaligen Gesetzgebungsverfahren, auch wieder die Reisekosten in die Bemessungsgrundlage reinzubekommen. Wäre ja auch zu schade.

    BG
    M.Werner

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