Das Finanzgericht Münster widmet sich in einem Urteil vom 20.11.2018 (Az. 2 K 398/18 E) anschaulich dem Begriff der wesentlichen Betriebsgrundlage für Zwecke der Betriebsunterbrechung im Ganzen. Die streitige Frage, wann der Aufgabegewinn zu besteuern ist, hat entscheidende Bedeutung.
Bei Betriebsverpachtung und -unterbrechung sind die funktional-wesentlichen Betriebsgrundlagen unter Berücksichtigung der spezifischen Verhältnisse des konkreten verpachteten bzw. unterbrochenen Betriebs zu bestimmen. Hierzu gehört nicht nur das „fassbare“ Anlagevermögen, sondern ggf. auch die schwer bestimmbaren immateriellen Wirtschaftsgüter und weichen Faktoren wie der Kunden-/Patientenstamm. Insbesondere für Freiberufler sind die persönliche Leistung und das damit aufgebaute Vertrauensverhältnis zu den Kunden wesentliche Grundlagen.
Im Streitfall – Veräußerung einer Tierarztpraxis – stellt das Finanzgericht Münster die Spezialisierung auf Großtiere und die hiermit verbundenen Einsätze außerhalb der Praxis als prägendes Element des Betriebs heraus. Dies ist hervorzuheben, da das Finanzgericht daraus schlussfolgert, dass die Räumlichkeiten – anders als bei der Betriebsunterbrechung häufig angenommen wird – nicht die einzige funktional wesentliche Betriebsgrundlage bilden. Denn die Tätigkeit wurde in nicht unerheblichem Maße auch außerhalb der Praxis verwirklicht. Diese Würdigung könnte auf viele Freiberufler bzw. Dienstleister (z. B. Makler) übertragen werden. Hierbei sind aber die Häufigkeit und Regelmäßigkeit der Außeneinsätze im Einzelfall abzuwägen.
Gegen das Urteil des Finanzgerichts Münster wurde Nichtzulassungsbeschwerde erhoben (Az. VIII B 16/19).
Weitere Informationen:
FG Münster v. 20.11.2018 – 2 K 398/18 E
Lesen Sie hierzu auch meinen Beitrag:
„Betriebsunterbrechung im Ganzen – Was bedarf es zur identitätswahrenden Fortführung?“