Wer seine Betriebsausgaben pauschal ansetzen darf…
Grundsätzlich sind die Betriebsausgaben für Zwecke der Besteuerung einzeln nachzuweisen. Ob und in welcher Höhe Ausgaben durch die betriebliche Tätigkeit veranlasst sind, darüber kann mitunter langwierig gestritten werden. Für bestimmte freiberufliche Tätigkeiten berücksichtigt die Finanzverwaltung aus Vereinfachungszwecken daher eine Pauschale – als große Ausnahme vom Grundsatz des Einzelnachweises.
Die Betriebsausgabenpauschale kann bei wissenschaftlicher, künstlerischer oder schriftstellerischer Nebentätigkeit – auch als Prüfer oder Dozent – mit 25 % der erzielten Einnahmen, maximal in Höhe von 614 €, gewährt werden. Bei hauptberuflicher Tätigkeit ist die Pauschale für noch weniger Tätigkeiten möglich: Lediglich bei hauptberuflicher oder schriftstellerischer Tätigkeit steht die Option auf pauschale Betriebsausgaben in Höhe von 30 % der Einnahmen, maximal 2.455 €, im Raum.
Achtung: Die Möglichkeit der Pauschalierung gibt es nur, soweit nicht auch die sog. „Übungsleiterpauschale“ nach § 3 Nr. 26 EStG in Betracht kommt.
Streitfall vor dem Niedersächsischen Finanzgericht
In einem aktuellen Urteil hat sich das Niedersächsische FG mit der Ermittlung der Betriebsausgabenpauschale bei Verzahnung von Haupt- und Nebentätigkeit beschäftigt. Zwar besteht kein Anspruch auf die nicht-gesetzliche Pauschalregelung, aber mit der allgemeinen Regelung in den Einkommensteuer-Hinweisen ist die Finanzverwaltung eine Selbstbindung eingegangen, die zur gleichmäßigen Gewährung der Pauschale bei Vorliegen der Voraussetzungen verpflichtet.
Streitig war, ob bei den Einkünften des Klägers aus selbständiger Arbeit eine Betriebsausgabenpauschale in Höhe von 30 % der Einnahmen berücksichtigt werden kann. Der Kläger erzielte als angestellter Syndikus-RA und Syndikus-StB einer AG Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Daneben war der Kläger als niedergelassener RA und StB in Einzelkanzlei zugelassen. Er verfasste steuerliche Aufsätze und Kommentierungen und erzielte Einnahmen den Veröffentlichungen. Mit der Einkommensteuererklärung erklärte der Kläger Einkünfte aus selbständiger Arbeit aus den Veröffentlichungen und beantragten in der Gewinnermittlung für die Nebentätigkeit eine Betriebsausgabenpauschale in Höhe von 30 % Beim Kläger ergaben sich nach dieser Ermittlung pauschale BA iHv 1.191 €. Zur Begründung führte der Kläger aus, dass die steuerlichen Veröffentlichungen untrennbarer Teil seiner freien Haupttätigkeit als Syndikus-RA bzw. StB seien.
Das Finanzamt berücksichtigte davon abweichend eine Betriebsausgabenpauschale von lediglich 25 % der Betriebseinnahmen aus dieser Tätigkeit – begrenzt auf 614 €.
Das Niedersächsische FG hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen, aber die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung – in einer anderen Rechtsfrage des Einzelfalls – zugelassen.
Die Betriebsausgabenpauschale könne nur nach Maßgabe einer nebenberuflichen schriftstellerischen Tätigkeit in Höhe von 25 % der Einnahmen gewährt werden. Es bestehe kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der schriftstellerischen Nebentätigkeit des Klägers und seiner hauptberuflichen Tätigkeit als Syndikus-RA bzw. Syndikus-StB. Eine freie schriftstellerische Tätigkeit stelle nicht die hauptberufliche Tätigkeit eines (Syndikus-)RA und (Syndikus-)StB dar. Die Tätigkeiten seien nicht gleichartig und werden nicht unter ähnlichen organisatorischen Bedingungen ausgeübt.
Zwischenzeitlich ist die Revision beim BFH unter Az. VIII R 29/20 anhängig.
Bewertung der Entscheidung
Bei vergleichbaren Nebentätigkeiten – die zwar thematisch an die Hauptbeschäftigung anknüpfen – wird die von der Rechtsprechung aufgestellte Schwelle der gleichartigen Tätigkeit unter ähnlicher Organisation regelmäßig nicht erreicht werden können. Das Niedersächsische FG hat gerade auch die dienstliche Verpflichtung des Klägers zur Veröffentlichung der Aufsätze im Rahmen seines Anstellungsverhältnisses überprüft und deren Fehlen als Indiz für eine nebenberufliche Tätigkeit gesehen. Gäbe es diese Verpflichtung gegenüber dem Arbeitgeber aber, wären auch die Veröffentlichungen – ggf. im Namen des Arbeitgebers – der nichtselbständigen Tätigkeit zuzurechnen. Die Betriebsausgabenpauschale ist aber auf selbständige Nebentätigkeiten im Sinne des § 18 EStG begrenzt und käme folglich bereits dem Grunde nach nicht infrage.
Das anhängige Revisionsverfahren stellt die Betriebsausgabenpauschale ins Rampenlicht. Auch über die Fortentwicklung der Pauschale könnte anlässlich des Musterverfahrens nachgedacht werden: Ist die Pauschale vor dem Hintergrund des Wegfalls der Belegvorlagepflicht und des Einsatzes von Risikomanagementsystemen überhaupt noch erforderlich? Oder ist diese gerade in einem digitalisierten Besteuerungsverfahren von besonderer Bedeutung? Sollte die Höhe der Pauschale – wie die ständige Diskussion um die GWG-Grenze zeigt – regelmäßig angepasst werden?
Weitere Informationen:
Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 09.10.2020, 14 K 21/19