Wenn es um die Verweigerung eines Verlustabzugs geht, sind dem Erfindungsreichtum von Finanzbeamten keine Grenzen gesetzt. Ich persönlich hätte niemals geglaubt, dass der Betrieb einer Fotovoltaikanlage auf dem Eigenheim als Liebhaberei gewertet werden könnte. Doch ein Finanzamt aus Thüringen war hier anderer Meinung.
Streitig war, ob eine Fotovoltaikanlage mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wurde und damit der Verlust in Höhe von sage und schreibe 261 Euro im Jahre 2016 berücksichtigungsfähig war. Das Finanzamt erkannte den Verlust nicht an, da sich die Anschaffung der Anlage angesichts der Abschreibung und der geringen Einspeisevergütung nach seiner Auffassung niemals lohnen könne. Die Kläger trugen zwar vor, sie hätten selbstverständlich sehr wohl die Absicht, Gewinne zu erzielen. Sie hätten mit Bedacht eine besonders hochwertige Anlage ausgewählt, die deutlich länger als 20 Jahre Strom produzieren werde. Der Hersteller garantiere zudem einen maximalen Leistungsabfall von 0,6 Prozent pro Jahr, üblich seien 2 v.H. pro Jahr. Das Fraunhofer-Institut gehe bei vergleichbaren Anlagen von einer Lebensdauer von bis zu 40 Jahren aus. Allerspätestens nach 20 Jahren, wenn keine AfA mehr berücksichtigt werde, käme es zu Gewinnen. Doch es half nichts. Der Einspruch blieb erfolglos.
Das Thüringer FG hat der hiergegen gerichteten Klage stattgegeben. Schön finde ich folgende Passage aus dem Urteil: „Es ist aus Sicht des Senats nicht stets zwingend erforderlich, vor Beginn eines kleineren Gewerbes eine ausführliche Wirtschaftlichkeitsprognose zu erstellen. Für eine seriöse Prognose wäre im Streitfall auch ein Sachverständigengutachten mit Messung der Sonneneinstrahlung vor Ort hilfreich gewesen, dessen Einholung den Klägern aber aufgrund der Aussagen in einer Vielzahl von Werbeprospekten, Zeitungsartikeln und den Angaben der Verkäufer nicht geboten schien. Es erscheint als übersteigerte Anforderung, von jedem potentiellen Gewerbetreibenden vor Geschäftseröffnung eine umfassende Prognoseberechnung, möglichst durch einen (teuren) Sachverständigen, zu verlangen, wenn in vielen Medien ein Geschäftsmodell als gewinnbringend angepriesen wird und die Angaben plausibel erscheinen.“
Die Kernaussage aber lautet: „Bei dem Betrieb einer PV-Anlage spricht nach Auffassung des Senats zunächst der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass sie in der Absicht der Gewinnerzielung betrieben wird.“
Doch trotz des aus meiner Sicht klaren und gut begründeten Urteils ließ der Eifer der Finanzbeamten nicht nach und sie gingen in die Revision. Diese haben sie nach offenbar reiflicher Überlegung nun aber zurückgezogen.
Unabhängig von der rein materiell-rechtlichen Frage ist es bemerkenswert, dass ein Finanzamt bei einem eigentlich recht „kleinen Fall“ und vor allem trotz des eindeutigen politischen Willens der Förderung erneuerbarer Energien bis vor der BFH zieht. Man stelle sich vor, es hätte das Verfahren vor dem BFH gewonnen. Ich glaube, darüber wäre selbst die eigene Landesregierung nicht erfreut gewesen.
Weitere Informationen:
Thüringer FG, Urteil vom 11.9.2019, 3 K 59/18