Besteuerungsrecht und Abzug ausländischer Steuern

Arbeitnehmertätigkeit im Ausland


Welchem Staat steht das Besteuerungsrecht zu, wenn ein in Deutschland wohnender Schweizer Staatsbürger als Arbeitnehmer auf französischem Territorium arbeitet und dieser unzutreffende Wohnsitzangaben macht? Und sind die unzutreffend festgesetzten ausländischen Steuern doch bei der Besteuerung im Inland nach Maßgabe des
§ 34c EStG zu berücksichtigen? Über diesen Fall hatte nun der BFH in seinem Urteil vom 10.10.2018 (I R 67/16) zu entscheiden.

Der Sachverhalt

Der Kläger ist Schweizer Staatsangehöriger. Er wurde aufgrund einer Wohnsitzangabe „…/CH“ in der Schweiz als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt.

In den Streitjahren (2005 bis 2007, 2009) war er im Bereich des trinationalen Flughafens Basel-Mulhouse-Freiburg auf französischem Territorium als Arbeitnehmer für einen schweizerischen Arbeitgeber tätig. Seine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit unterlagen in der Schweiz der Einkommensteuer.

Allerdings hatte der Kläger in 2003 die frühere, in der Schweiz belegene, Familienwohnung im Zuge einer Trennung der Eheleute verlassen. Danach wohnte er zunächst in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft im Inland. Im Jahr 2006 erwarb er ein Objekt, dass er zu Vermietungszwecken (Fremdenpension) und in den Streitjahren zu eigenen Wohnzwecken nutzte. Gegenüber dem Finanzamt erklärte der Kläger, in Deutschland weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt zu haben. Allerdings würden Vermietungseinkünfte erzielt. Für das Streitjahr 2006 erging ein Verlustfeststellungsbescheid.

Nachdem der Kläger zunächst Erklärungen zur beschränkten Einkommensteuerpflicht eingereicht hatte, vertrat das Finanzamt unter Hinweis auf den inländischen Wohnsitz die Auffassung, es liege unbeschränkte Steuerpflicht vor. Der Kläger verwies darauf, in Deutschland nur einen Zweitwohnsitz zu haben und in der Schweiz ansässig zu sein. Zum Nachweis legte er eine Bescheinigung vor, nach der er in „…/CH“ (Familienwohnsitz mit Ehefrau und Kindern) wohne sowie Unterlagen der Eidgenössischen Steuerverwaltung.

Das Finanzamt folgte den Angaben des Klägers und sah die Voraussetzungen für eine Steuerfreistellung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als erfüllt an. Die entsprechenden Einkommensteuerbescheide 2007 und 2009 (und Verlustfeststellungsbescheide) wurden bestandskräftig.

Nach Ermittlungen der Steuerfahndung vertrat das Finanzamt später allerdings die Auffassung, der Kläger sei auch abkommensrechtlich in Deutschland ansässig gewesen; bei der Besteuerung als sog. Grenzgänger sei die von ihm nachgewiesene schweizerische Quellensteuer auf die deutsche Einkommensteuer anzurechnen. Es ergingen ein erstmaliger Einkommensteuerbescheid für 2005 und Änderungsbescheide zu den Jahren 2006, 2007 und 2009 (unter Aufhebung der Verlustfeststellungsbescheide).

Streitig war, ob die Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit dem Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland unterliegen und ob die im Ausland angefallenen Steuern bei der Ermittlung der Einkünfte „wie Werbungskosten“ zu berücksichtigen sind.

BFH: Die Revision des Klägers war unbegründet

Das Finanzgericht hat ohne Rechtsfehler erkannt, dass der Kläger unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist, da er einen Wohnsitz i.S.d. § 8 AO im Inland hat. Seine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sind somit gemäß § 50d Abs. 8 S. 1 EStG bei der Veranlagung zu berücksichtigen sind.

Der Schutzbereich des DBA-Frankreich war eröffnet, da der Kläger gemäß Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a DBA-Frankreich 1959 (Wohnsitz) in Deutschland ansässig ist. Die Arbeitseinkünfte des Klägers unterfallen der Regelung über die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß Art. 13 Abs. 1 S.1 DBA-Frankreich. Sie sind auf dieser Grundlage aus der inländischen Bemessungsgrundlage auszunehmen (Art. 20 Abs. 1 Buchst. a S.1 DBA-Frankreich).

Dass der Kläger gegenüber der Eidgenössischen Steuerverwaltung einen dortigen (inländischen) Wohnsitz behauptet hat, und dort eine Steuerpflicht nach Maßgabe unbeschränkter Steuerpflicht angenommen wurde, eröffnete jedoch nicht den Schutzbereich des Abkommens. Dies ergibt sich bereits daraus, dass für den Schutzbereich des Abkommens nur der objektiv bestehende Wohnsitz in der Schweiz als Grundlage der Ansässigkeitsentscheidung dienen kann, den der Kläger nicht hatte.

Nach Art. 13 Abs. 1 S.1 DBA-Frankreich 1959 können Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit grundsätzlich nur in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem die persönliche Tätigkeit ausgeübt wird. Ausübungsort der Tätigkeit ist nach den Feststellungen des FG in Frankreich. Eine Besteuerung im Wohnsitzstaat Deutschland auf der Grundlage der Grenzgängerregelung des Art. 13 Abs. 5 DBA-Frankreich 1959 kam in diesem Fall nicht in Betracht.

Das Finanzgericht hat die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit zu Recht nach § 50d Abs. 8 S. 1 EStG in die inländische Bemessungsgrundlage einbezogen. Es hat hierzu entschieden, dass die Freistellung nicht zu gewähren ist, da der Kläger weder einen Besteuerungsverzicht Frankreichs noch dortige Steuerzahlungen nachgewiesen hat. Die Arbeitnehmereinkünfte des Klägers sind in Frankreich nach den Feststellungen der Vorinstanz nicht besteuert worden.

Fazit

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die ein Schweizer Staatsangehöriger mit Wohnsitz im Inland, aus einer Tätigkeit auf dem französischen Territorium des Flughafens Basel-Mulhouse-Freiburg erzielt, fallen abkommensrechtlich unter Art. 13 DBA-Frankreich. Sind die Voraussetzungen der Grenzgängerregelung des Art. 13 Abs. 5 DBA Frankreich nicht erfüllt, steht das Besteuerungsrecht Frankreich zu (Art. 13 Abs. 1 S.1 DBA-Frankreich), so dass die Einkünfte bei einer inländischen Veranlagung steuerfrei zu stellen sind (Art. 20 Abs. 1 Buchst. a S.1 DBA-Frankreich).

Hat der Steuerpflichtige nicht nachgewiesen, dass Frankreich auf dieses Besteuerungsrecht verzichtet hat oder dass dort auf diese Einkünfte Steuern gezahlt wurden, sind die Einkünfte nach § 50d Abs. 8 S.1 EStG in die Ermittlung der inländischen Bemessungsgrundlage einzubeziehen.

Die in der Schweiz aufgrund der Vortäuschung eines dort bestehenden Wohnsitzes erhobenen und entrichteten Steuern sind nicht nach § 34c Abs. 6 Satz 6 i.V.m. Abs. 3 EStG i.d.F. des JStG 2007 bei der Ermittlung der Einkünfte wie Werbungskosten abzuziehen.

Weitere Informationen:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

− 2 = 5