Beschränkung der betragsmäßigen Verlustverrechnung bei Termingeschäften – Hauptsacheverfahren liegt nun vor

Kürzlich hatte ich auf den BFH-Beschluss vom 7.6.2024 hingewiesen, wonach die obersten Steuerrichter die betragsmäßige Beschränkung der Verlustverrechnung bei Termingeschäften für verfassungswidrig halten (BFH-Beschluss vom 7.6.2024, VIII B 113/23 (AdV)). Nun liegt bereits ein Hauptsachverfahren vor (VIII R 11/24). Vorinstanz war das FG Baden-Württemberg, das allerdings keine Bedenken gegen die Einschränkung der Verlustverrechnung hat. (Urteil vom 29.4.2024, 10 K 1091/23) – hier der Link zum Beitrag.

Zum Hintergrund:

Zum 1.1.2021 wurde mit § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG (i.d.F. des Jahressteuergesetzeses 2020) geregelt, dass Verluste aus Termingeschäften nur mit maximal 20.000 Euro pro Jahr mit Gewinnen aus anderen Termingeschäften oder Stillhalterprämien verrechnet werden können. Nicht verrechnete Verluste können auf Folgejahre vorgetragen werden und jeweils auch nur in Höhe von maximal 20.000 Euro verrechnet werden. Wer mit seinen Termingeschäften also nur ein einziges Mal „richtig danebenlag“, muss schon extrem alt werden und jahrzehntelang Gewinne erzielen, um die vollständige Verrechnung des Verlustes erleben zu können.

Die Entscheidung des FG:

Der Gesetzgeber habe die Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit nicht willkürlich überschritten. Die Einführung eines besonderen Verlustverrechnungskreises und dessen Ausgestaltung erscheinen sachlich gerechtfertigt. Der Senat erkenne einen sachlich rechtfertigenden Grund für die mit der Einschränkung der Verlustverrechnung verbundene Durchbrechung des Leistungsfähigkeitsprinzips. Dem Gesetzgeber stehe es grundsätzlich frei, spekulative Finanzgeschäfte steuerlich unattraktiv zu machen (Lenkungsziel). Für diesen Zweck sei es zulässig, die Gewinne aus Termingeschäften sofort in voller Höhe zu versteuern, aber die jährliche Abziehbarkeit von Verlusten durch einen Höchstbetrag zu begrenzen. Die Begrenzung des Verlustausgleichs auf 20.000 Euro bewirke innerhalb des Verrechnungskreises eine Mindestbesteuerung, deren Effekte hinzunehmen sind, solange finale Effekte im Rahmen zulässiger Typisierung vernachlässigt werden können. Die Betragsgrenze, ab der die Mindestbesteuerung einsetzt, sei einer sachlichen Rechtfertigung nicht zugänglich. Die Vorschrift sei das Ergebnis eines politischen Kompromisses. Die Regelung verstoße auch nicht gegen das Übermaßverbot, da der Verlustabzug nicht vollständig versagt wird, sondern eine Vortragsmöglichkeit in Folgejahre besteht.

Denkanstoß:

Das Urteil und vor allem die Begründung des FG Baden-Württemberg kann man sicherlich kritisieren. Es lohnt aber letztlich nicht, sich lange damit aufzuhalten, denn die Sache liegt jetzt beim BFH. Es wird nun spannend sein, wie dieser urteilen wird bzw. ob er das BVerfG anruft. Nach seinem oben erwähnten AdV-Beschluss spricht jedenfalls einiges dafür, dass Karlsruhe „eingeschaltet“ wird.

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