Berliner Entwurf für ein „Mieter-Grundsteuerentlastungsgesetz“: Top oder Flop?

Mit einer Bundesratsinitiative will das Land Berlin durchsetzen, dass künftig die Grundsteuer in Deutschland nicht mehr auf Mieter umgelegt werden kann. Die Grundsteuerbelastung träfe dann nur noch die Grundstücks- und Immobilieneigentümer, also die Vermieter. Was ist davon zu halten?

Rechtlicher Hintergrund

Nach § 556 Abs. 1 BGB können die Vertragsparteien eines Mietverhältnisses vereinbaren, dass der Mieter Betriebskosten trägt, also solche Kosten, die dem Eigentümer oder Erbbauberechtigten durch das Eigentum oder Erbbaurecht am Grundstück laufend entstehen. Einzelheiten der umlagefähigen Betriebskosten regelt die Betriebskostenverordnung (vom 25.11.2003, BGBl 2003 I S. 2346), zu denen nach § 2 Nr. 1 BetrKV auch die Grundsteuer zählt. Während der Vermieter bei nicht preisgebundenen Wohnungen den Verteilerschlüssel frei vereinbaren kann, muss die Grundsteuer bei preisgebundenem Wohnraum nach der Verordnung über die Ermittlung der zulässigen Miete für preisgebundene Wohnungen entsprechend der Wohnfläche umgelegt werden (§ 20 NMV).

Berliner Entwurf eines Mieter-, Grundsteuerentlastungsgesetzes

Das Land Berlin will nunmehr über den Bundesrat erreichen, dass Eigentümer die Grundsteuerbelastung künftig allein tragen müssen. Hierzu hat der Berliner Senat am 10.09.2019 eine entsprechende Bundesratsinitiative beschlossen. In der Begründung des Gesetzentwurfes heißt es, dass von der nötigen Änderung des BGB fast 48 % aller Haushalte in Deutschland (36,4 Mio. Mieter) profitieren würden. Zur Begründung heißt es weiter, dass die Betriebskosten neben gestiegenen Angebotsmieten ein „relevanter Kostenfaktor“ für Mieter seien. Die Nebenkosten hätten sich inzwischen zur „Zweitmiete“ entwickelt, besonders in Regionen mit ohnehin schon angespannter Wohnungslage und hohen Mieten. Deshalb soll nach dem Grundsatz „Eigentum verpflichtet“,(Art. 14 Abs. 2 GG) die Umlagefähigkeit der Grundsteuer auf Mieter abgeschafft werden. Weiter heißt es in der Begründung: „Es sind vor allem die Eigentümerinnen und Eigentümer, die von einer intakten kommunalen Infrastruktur profitieren, welche auch mittels der Grundsteuer finanziert wird. Dies trägt zum Werterhalt, zur Wertsteigerung ihrer Immobilien bei und beeinflusst auch die zu erzielende Miethöhe“.

Was ist davon zu halten?

Die Grundsteuer gilt nach wie vor als wichtigste kommunale Einnahmequelle, das jährliche Aufkommen beträgt rund 14 Mrd. Euro. Allein das Land Berlin nimmt jedes Jahr ca. 820 Mio. Euro Grundsteuern ein. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Frühjahr 2018 (10.04.2018 – 1BvL 11/14) muss die Grundsteuer bis 31.12.2019 neu geregelt werden, weil die bisherigen Bewertungsgrundsätze gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verstoßen.

Der Vorstoß aus dem Berliner Senat entspricht Überlegungen im Gesetzentwurf der Linken (BT-Drs. 19/7980), die im Zuge der Grundsteuer-Reformdiskussion ebenfalls die Mieter vollständig von der Grundsteuerbelastung befreien wollen. Die jetzt beschlossene Berliner Bundesratsvorlage ist allerdings schon parlamentarisch ein „stumpfes Schwert“: Nach § 556 Abs.1 S. 4 BGB wird die Bundesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über die „Aufstellung von Betriebskosten“ (§ 2 BetriebKV) zu erlassen. Dass sich in der Bundesregierung für eine entsprechende Änderung von § 2 Nr. 1 BetriebsKV findet, ist allerdings wenig wahrscheinlich. Wollte man gar § 556 BGB ändern, wäre dies nur durch den Bundestag möglich – auch wenig wahrscheinlich.

Die Frage ist im Übrigen, wem das Umlageverbot für Grundsteuern wirklich nutzt. Der Verband deutscher Grundstücksnutzer bezeichnete den Vorstoß zur Umlagefähigkeit der Steuer bereits als „Täuschungsmanöver“, weil die Stadt Berlin im Zuge der Grundsteuerreform vermutlich eine massive Erhöhung der Grundsteuer plane und verhindert werden müsse, dass diese Erhöhung die Mieter trifft. Nach der Zielsetzung der Grundsteuer dient diese vor allem der Einrichtung einer intakten Infrastruktur in den Kommunen. Hierüber werden zum Beispiel Radwegenetze oder öffentliche Einrichtungen wie Kindergärten und Schulen finanziert; davon profitieren selbstverständlich auch Mieter. Im Übrigen könnte bei einem „Grundsteuerumlageverbot“ der Schuss auch schnell nach hinten losgehen: Denn am Ende würden wahrscheinlich zur Kompensation die Kaltmieten mit einem Vergleichsmietenanstieg deutlich erhöht werden.

Am Ende müssten also alle Mieter mehr zahlen! Besser wäre, dass die Kommunen die Grundsteuerhebesätze senken, über die sie autonom beschließen, das wäre eine sofortige und spürsame Entlastung der Mieter von Mietnebenkosten.

Weitere Informationen:

Pressemitteilung Berliner Senatskanzlei vom 10.9.2019


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