Bergschäden: Schadensersatz gehört zumeist zur reinen Vermögenssphäre

Meine Heimatstadt Herten hat zwei Superlative zu bieten: Sie war einmal die größte Bergbaustadt Europas und angeblich ist sie immer noch Europas zweitgrößte Stadt ohne eigenen Bahnhof. Immerhin: Der Bahnhof ist in Planung, so dass das eine Prädikat wohl bald entfällt. Das andere Prädikat hingegen ist schon seit einigen Jahren Geschichte, denn die Schachtanlagen sind geschlossen. Was geblieben ist, sind die Bergschäden. Zwar sind Risse in den Wänden oder Schieflagen ganzer Straßenzüge nicht mehr an der Tagesordnung, aber auch heute noch sind Bergschäden zu beobachten.

Zumindest gelingt es vielen Geschädigten, bei den Verursachern einen Schadensersatz durchzusetzen, wenn auch oftmals erst nach externer Unterstützung wie etwa dem Verband bergbaugeschädigter Haus- und Grundeigentümer. Nun habe ich keinen Überblick, wie es in anderen Regionen aussieht, doch ich habe den Eindruck, dass es oft (nur) auf Pauschalzahlungen hinausläuft, die geleistet werden. Aber sind die Zahlungen eines Bergbauunternehmens als steuerpflichtige Einnahmen zu erfassen, wenn es um eine Mietwohnimmobilie geht? Im Prinzip nein – so der BFH.

Eine Zahlung, welche von einem Bergbauunternehmen als Ersatz für an einer zum Privatvermögen gehörenden, vermieteten Immobilie festgestellte bergbaubedingte reparable Schäden geleistet wird, zählt – ebenso wie die Immobilie selbst – zur Vermögenssphäre. Die Ersatzleistung führt nicht zu Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung, soweit sie nicht nachweislich dazu dient, bei diesen Einkünften geltend gemachte Werbungskosten zu ersetzen. Lässt sich nicht aufklären, für welchen Aufwand das Bergbauunternehmen Ersatz geleistet hat, geht dies zu Lasten des Finanzamts (BFH-Urteil vom 9.7.2021, IX R 11/20).

Der Sachverhalt ist sehr komplex und auch verfahrensrechtlich gab es einiges Hin und Her. Daher in Kurzform: Die Kläger trugen in den Jahren 2010 und 2011 Erhaltungsaufwendungen an vermieteten Immobilen und zogen diese als Werbungskosten ab. Ende 2011 erhielten die Kläger eine Entschädigung für den Ersatz bergbaubedingter (reparabler) Schäden an den Immobilien. Dem Protokoll der Schlichtungsstelle Bergschaden NRW war nicht zu entnehmen, für welche Aufwendungen der Ersatzbetrag konkret geleistet worden ist.

Das Finanzamt war der Ansicht, der Ersatz von Bergschäden führe dazu, dass damit in Zusammenhang stehende, teilweise schon im Vorjahr (2010) geltend gemachte Werbungskosten nicht abziehbar seien. Das FG hingegen ließ zwar die Werbungskosten weiter zum Abzug zu, hat aber den Schadensersatz als Einnahme gegengerechnet. Doch der BFH wiederum ist ganz anderer Auffassung: Zu Unrecht habe das Finanzgericht die Schadensersatzzahlung als Einnahme bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt. Die als Ersatz für bergbaubedingte reparable Schäden an den betroffenen Immobilien geleistete Zahlung gehört zur Vermögenssphäre. Die Ersatzleistung führt weder zu Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung noch zu einer Minderung der Werbungskosten. Etwas anderes gilt, wenn die Ersatzleistung nachweislich dazu dient, geltend gemachte Werbungskosten zu ersetzen. Vor allem aber: Unklarheiten gehen zu Lasten des Finanzamts, das die Feststellungslast für steuererhöhende Tatsachen – hier für das Vorliegen von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung – trägt.

Das Urteil dürfte für viele bergschaden-geplagte Hauseigentümer ein Segen sein. Recht bemerkenswert finde ich, wie klar der BFH ausführt, dass die Feststellungslast beim Finanzamt liegt. Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, findet sich aber nicht mehr allzu oft in Urteilstexten wieder. Im Besprechungsfall selbst konnten die Kläger aber ohnehin Bescheinigungen der Handwerkerfirmen beibringen, wonach die Reparaturarbeiten keinen Bezug zu den an den Immobilien festgestellten Bergbauschäden hatten.

Apropos Urteilstext: Er wird etwas „überlagert“ durch eine andere Rechtsfrage, nämlich der Zurechnung von Vermietungseinkünften auf Kinder. Trotz einer zivilrechtlich wirksamen Immobilienübertragung auf ein Kind wollen die Finanzämter Einkünfte manchmal weiter den Eltern zurechnen. Wer insoweit mit dem Finanzamt streitet, findet in dem aktuellen BFH-Urteil gleichfalls viele nützliche Hinweise.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

+ 89 = 94