Wie zu Beginn der vorherigen Monate auch hier wieder die Erwähnung von drei aktuell beim Bundesfinanzhof anhängig gewordener Verfahren.
In direkt zwei Verfahren geht es um die Frage, ob Leistungen eines Laborarztes auch ohne Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient umsatzsteuerbefreit sein können. Das Besondere an diesen Verfahren: Sie stammen von unterschiedlichen Vorinstanzen, dennoch sind beide der Meinung, dass das von der Verwaltung geforderte Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient nicht für die Umsatzsteuerfreiheit Voraussetzung ist. So hat sowohl das Niedersächsische FG (Az: 16 K 340/12; anhängig beim BFH Az: V R 25/16) sich für die Umsatzsteuerfreiheit eines Laborarztes ausgesprochen, als auch das FG Berlin-Brandenburg (Az: 2 K 2409/13; anhängig beim BFH Az: XI R 23/15).
Unter dem Aktenzeichen V R 28/16 muss sich der BFH auch mit Umsatzsteuer befassen, allerdings geht es hier um die Frage, ob die Angabe eines Scheinsitzes in einer Rechnung des leistenden Unternehmens die Anforderungen an die Angabe der vollständigen Anschrift des leistenden Unternehmers erfüllt. Das erstinstanzliche FG Baden-Württemberg (Az: 1 K 1158/14) fand dies offensichtlich ausreichend.
Zu guter Letzt noch ein Steuerstreit aus der Einkommensteuer. Zu klären ist, ob der Ausnahmetatbestand nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG beim privaten Veräußerungsgeschäft auch greift, wenn die Immobilie nicht eigengenutzt war, aber unentgeltlich an ein Kind überlassen wurde, welches nach § 32 EStG nicht mehr berücksichtigt wird.
Geht es im Fall Eugh- C- 700/17 nicht um die Frage, ob in Deutschland der Art 132 c verdrängt bzw. abgeschafft wird, weil die Praxisräume der Ärzte seid 2009 vorrangig
als MVZ, Praxisklinik, Laboreinrichtung oder Krankenhaus eingestuft werden?
Siehe dazu auch FG Düsseldorf 1 K 1994/13 U.
Ärzten wird also das Recht auf Eigentum an ihren eigenen Produktionsmitteln verwährt.
Ärzte als Mieter/Besitzer einer staatlichen Einrichtung bleiben demgegenüber steuerfrei nach Art 132 c.
Jetzt könnte man ja vorschnell sagen, dass auch eine steuerfreie Einrichtung im Sinne des Art 132 b ein solcher sonstiger Ort im Sinne des Art 132 c sein könnte.
Aber Vorsicht !!!
Hierbei ist der Art. 131 (genauer gesagt die Vorschriften des Monti Paktes zu Leistungen innerhalb von Krankenhausern der Dasseinsvorsorge) zu beachten.
Die Investionskosten der Plankrankenhaus werden in Deutschland aus Steuerzahlermitteln (KGH Förderung) subventioniert, damit diese Einrichtungen gemäss ihrem Versorgungsauftrag ausschliesslich Leistungen der Daseinsvorsorge erbringen. Hier trüge also der Steuerzahler die Fixkosten bzw. das unternehmerische Risiko des selbstständigen Plankrankenhausarztes.
Darüber hinaus ist die Bereitstellung von Immobilien und Anlagevermögen durch das Plankrankenhaus an Dritte ausdrücklich KEINE Leistung der Daseinsvorsorge. Ein Unternehmer, der also Räume an selbstständige Ärzte vermieten möchte, darf sich diese Räume nicht gleichzeitig nochmal (also doppelt) aus Fördermittel bezahlen lassen.
Insofern sollte es schon aufgrund des Monti Paktes von vorherein ausgeschlossen sein, dass ein Plankrankenhaus seine zweckgebundenen Räumlichkeiten einem selbstständigen Arzt zu Verfügung stellt.
Demgegenüber müssen niedergelassenen Ärzte mit eigener Praxis, MZV, Praxisklinik, oder sogar eigenem Krankenhaus das unternehmerisches Risiko für ihre Räume selbst tragen. Sie müssen mit ihren Einnahmen also auch ihre Fixkosten abdecken.
Und sie müssen vor einem Dumpingwettbewerb durch subventionierte Plankrankenhausärzte geschützt werden.
Im Fall von Schönheitsoperationen sind (Quer)-subventionen sogar ausdrücklich verboten. Ein aus Fördermittel gebautes Krankenhaus darf seine zweckgebundenen Räume also nicht einer dritte Partei zur Verfügung stellen, damit diese dann in diesen kostenlosen Räumen Schönheitsoperationen erbringt.
Ein selbstständiger Arzt in einem subventionierten Plankrankenhaus der Dasseinsvorsorge ohne FIXKOSTEN ist also noch lange nicht dasselbe
wie ein niedergelassener Arzt, der das unternehmerischen Risiko seiner eigenen Behandlungsräume selber tragen muss.
Es gibt noch eine dritte Variante, nämlich…
…wenn der selbstständige Plankrankenhausarzt erst gar keine „eigenen Praxisräume innerhalb eines Krankenhauses mit sozialer Zweckbindung“ anmieten muss, sondern diese Krankenhausräume einfach unentgeltlich benutzen darf und dafür dann im Gegenzug einen Preisabzug auf seine GOA Rechnung akzeptieren muss.
Beispiel:
Eine Leistungen bei einem niedergelassenem Arzt mit eigener Praxisimmobilie und unternehmerischem Risiko kostet 1000 Euro, wovon 200 Euro für die Fixkosten vorbehalten sind.
Der Plankrankenhausarzt berechnet demgegenüber für seine Leistung nur 800 Euro,
(also mit einem Preisabschlag von 20%) weil er die Räume des Krankenhauses ja kostenlos nutzt und kein eigenes unternehmerisches Risiko tragen muss.
Diese 200 Euro Differenz sind jetzt aber keinesfalls ein fairer Ausgleich, sondern – ganz im Gegenteil- eine eindeutige staatliche Begünstigung !! Der Plankrankenhausarzt kann seine Leistung nämlich jetzt zum Dumpingpreis von 800 Euro am Markt (bei den staatlichen Krankenkassen) anbieten. Dadurch kommt es zu einer Verschiebung der Nachfrage – raus aus den Immobilien der niedergelassenen Arzte – und stattdessen
-rein die Immobilien des Staates- . Der Staat als Betreiber von Plankrankenhäusern begünstigt mit diesem Preisnachlass also primär sich selbst. — Außerdem:
Als Folge aus diesen Dumpingwettbewerb senkt sich nun gleichzeitig auch die Praxisauslastung des niedergelassenen Arztes auf 50%. Bei einer Auslastung von nur noch 50 % muss der niedergelassene Arzt nun jedoch schon 400 Euro pro Behandlung für seine Fixkosten reservieren. Er muss entweder Einkommensverluste in Kauf nehmen (bis hin zum Einkommensverzicht und seinem Marktausscheiden) oder seinen eigenen Preis auf 1200 Euro anheben.
Spätestens hier ist nun aber der Preisabschlag des Plankrankenhausarztes ganz offenkundig zu niedrig, bzw. seine „Begünstigung“ durch den Staat verdoppelt sich noch ein weiteres mal durch die Verschiebung der Patientenströme hin zu den Staatsunternehmen.
Im besonderen Fall von Schönheitsoperationen wird mit der Preisdifferenz zusätzlich natürlich auch die fällige Umsatzsteuer des Plankrankenhausarztes reduziert bzw. teilweise vermieden. Hier findet neben der Wettbewerbsverzerrung also auch eine staatlich geduldete Steuerhinterziehung statt.
Findet jemand einen sachlichen Fehler in dieser betriebswirtschaftlichen Betrachtung?
Mein Lösungsvorschlag lautet ja:
1.) Grundsätzlich sind selbstständige Ärzte -rechtsformunabhängig- an jedem Ort steuerfrei nach Art 132 c. Dies gilt auch für Krankenhäuser und ist auch unabhängig davon, ob diese Einrichtung die Voraussetzungen des Art. 133 erfüllen oder nicht. Eine nationale Einschränkung des Art. 132 c führt anderenfalls über den Umweg des Art. 134 auch zu derselben Einschränkung bei Einrichtung im Sinne des Art. 132 b.
Der Staat bzw. Kaufleute sind demgegenüber – auch soweit es die Leistungen von angestellten Ärzte betrifft – nur innerhalb einer Einrichtungen im Sinne des Art 132 b in Verbindung mit Art. 133 steuerfrei.
Allerdings ist es nicht jedem Krankenhaus auch tatsächlich gestattet, seine Räumlichkeiten an einen Arzt zu vermieten oder bereitzustellen.
Krankenhäuser der Daseinsvorsorge, deren Räumlichkeiten aus Fördermitteln finanziert worden sind, damit diese Unternehmen -unmittelbar- damit Leistungen der Daseinsvorsorge erbringen, haben im Gegensatz zu Ärzten oder Krankenhäusern ohne Versorgungsauftrag keine Markteintritts- oder Marktaustrittskosten und auch keine Fixkosten bzw. keinen betriebswirtschaftlichen Break Even Point. Aus diesem Grund können diese zweckgebundenen Räume auch nicht für andere Zwecke als dem ursprünglichen Zweck der Daseinsvorsorge benutzt werden.
Soweit solche Einrichtungen der Daseinsvorsorge dennoch Räumlichkeiten an Dritte vermieten möchten, ist eine getrennte Buchführung vorgeschrieben. Solche Geschäftsbereiche – außerhalb des Versorgungsauftrages- dürfen weder ganz noch teilweise von staatlichen Ausgleichszahlungen profitieren noch dürfen sie ihre Räumlichkeiten direkt oder indirekt (z.B. als gemeinnützige Vermögensverwaltung) aus Fördermittel finanziert worden sein.
2.)
Leistungen, die bei Krankenhäusern als steuerfreie eng verbundene Umsätze gelten, sind auch bei Ärzten nach Art. 134 d steuerbefreit. Auch hier gilt im Zweifel der Art. 134 MwstSystRL.
3.)
Die Einstufung als Leistung der Daseinsvorsorge hat anhand der Leistung selbst
und nicht stattdessen aufgrund eines schon vorher bestimmten Unternehmers zu erfolgen.
Soweit bei staatlichen Krankenhaus also sowohl stationäre als auch ambulante Leistungen
und gleichzeitig sowohl Leistungen nach dem Abrechnungssystem der gesetzlichen Krankenkassen (DRG) als auch nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) als Leistungen der Daseinsvorsorge eingestuft werden, …….. sind diese Leistungen analog auch bei selbstständige Ärzte nach Art 132 c
Leistungen der Daseinsvorsorge und damit in gleichen Weise staatlich zu fördern.
Falls subventionierte Krankenhäuser für dieselben Leistungen denselben Preis berechnen, welcher auch für niedergelassene Ärzte ohne staatlicher Beihilfen gilt, dann läge anderenfalls keine Leistung der Daseinsvorsorge vor, sondern stattdessen eine selektive, illegale Beihilfe.
Korrektur:
Es muss unter 2.) heissen:
Leistungen, die bei Krankenhäusern als steuerfreie eng verbundene Umsätze gelten, sind auch bei Ärzten nach Art. 132 f steuerbefreit. Auch hier gilt im Zweifel der Art. 134 MwstSystRL.
Die Vermietung von Räumlichkeiten und Anlagevermögen an selbstständige Ärzte
(also für eine Hauptleistung im Sinne des Art 132 c, welche eben KEINE unmittelbare Hauptleistung des Staates im Sinne des Art 132 b ist) kann nicht einerseits beim Staat als „damit“ eng verbundener Krankenhausumsatz und anderseits (z.B. wenn sich Ärzte ihre Räume gegenseitig zur Verfügung stellen) als steuerpflichtiger Geschäftsbetrieb gewertet werden.
Die ambulante oder stationäre Aufnahme von Patienten während bzw. zum Zwecke der Heilbehandlung ist zeitlich unbegrenzt als Teil der Heilbehandlung selbst anzusehen und nicht (bei Ärzten) als steuerpflichtiger „Hotelbetrieb“ oder gar als stundenweise Zimmervermietung im Sinne eines Bordellbetriebes.
Soweit es Schönheitsoperationen betrifft, ist deren medizinische Indikation und damit ihre umsatzsteuerliche Einstufung nicht anhand des Preises (bzw. der Übernahme durch die Krankenkassen) zu bestimmen, sondern anhand der tatsächlichen Leistung.
Um in unserem schönen Beispiel von oben zu bleiben.
Eine steuerfreie Schönheitsoperation, die bei einem Plankrankenhausarzt zum Preis von 800 Euro angeboten wird und zu diesem Preis auch von der Kasse übernommen wird, wird nicht deshalb plötzlich zur umsatzsteuerpflichtigen Leistung ohne medizinische Indikation, weil ein entsprechender niedergelassener Arzt mit eigenem unternehmerischem Risiko für dieselbe Leistung 1000 bzw. 1200 Euro berechnen muss.
Diese Logik gilt auch umgekehrt !!!!
Eine umsatzsteuerpflichtige Schönheitsoperation erhält nicht deshalb plötzlich eine medizinische Indikation, weil sie in einer staatlich subventionierten Immobilien erbracht wird.