Unfälle auf dem Weg zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte treten immer noch zu häufig auf. Der BFH hat aktuell mit Urteil vom 19.12.2019 (Az. VI R 8/18) entschieden, dass Aufwendungen in Zusammenhang mit der Beseitigung oder Linderung von Körperschäden, die durch einen Unfall auf einer beruflich veranlassten Fahrt zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte eingetreten sind, als Werbungskosten abgezogen werden.
Die Behandlungskosten werden von der Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale nicht erfasst. Diese erstreckt sich nur auf fahrzeug- und wegstreckenbezogene Aufwendungen. Die fahrzeugbezogenen Unfallkosten lässt der BFH auch weiterhin nicht neben der Entfernungspauschale zum Abzug zu. Soweit die Finanzverwaltung – hiervon abweichend – bei den Unfallkosten zugunsten der Steuerpflichtigen entscheidet (H 9.10 „Unfallschäden“ Lohnsteuer-Hinweise), beschreitet der BFH diesen Weg nun für die Behandlungskosten im Zusammenhang mit einem Wegeunfall.
Im Urteilsfall waren Krankheitskosten gegenständlich, welche die Klägerin, soweit sie nicht von der Berufsgenossenschaft übernommen wurden, selbst getragen hatte. Dazu führt der BFH aus, dass Aufwendungen in Zusammenhang mit der Beseitigung oder Linderung von Körperschäden keine beruflichen Mobilitätskosten darstellen. Hiervon umfasst werden alle Behandlungskosten im Zusammenhang mit einem Wegeunfall, welche der Steuerpflichtige selbst wirtschaftlich getragen hat und die seine Person (bzw. u. U. auch die Person des Unfallgegners) betreffen.
Regelmäßig wird der Abzug als Werbungskosten für den betroffenen Steuerpflichtigen zu einem günstigeren Ergebnis führen als die Berücksichtigung der Behandlungskosten als außergewöhnliche Belastung. Denn durch die Hürde der zumutbaren Belastung, die zunächst überschritten werden muss, würde sich zumindest ein Teil der Behandlungskosten häufig nicht steuerlich auswirken.
Aber auch der umgekehrte Fall ist denkbar: Dem Steuerpflichtigen sind neben den Behandlungskosten aus dem Wegeunfall und der Entfernungspauschale keine Werbungskosten in nennenswertem Umfang erwachsen bzw. das Arbeitsverhältnis bestand nur für einen Teil des Veranlagungszeitraums. Der Arbeitnehmerpauschbetrag wird nicht überschritten bzw. zehrt die Behandlungskosten teilweise auf. Hier führt das aktuelle BFH-Urteil ggf. zu einer Verschlechterung der steuerlichen Auswirkung der Behandlungskosten, wenn diese als außergewöhnliche Belastung wegen Überschreiten der zumutbaren Belastung durch andere Aufwendungen (z. B. weitere Krankheitskosten) – neben dem Arbeitnehmerpauschbetrag – vollständig abzugsfähig wären. Dies ist nunmehr ausgeschlossen, da Aufwendungen, die vorrangig zu den Werbungskosten gehören, bei den außergewöhnlichen Belastungen außer Betracht bleiben.
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