Bauernschläue oder Gestaltungsmissbrauch?

Die Besteuerung nach Durchschnittssätzen für land- und forstwirtschaftliche Betriebe gemäß § 24 UStG weckt zuweilen den Argwohn der Finanzverwaltung. Nicht selten vermutet sie Absprachen, wenn der Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers höher ist als die entsprechende Steuerschuld des Leistenden und sie daher „unterm Strich“ eine höhere Umsatzsteuer erstatten muss als sie vereinnahmt.

Nach Ansicht des Niedersächsischen FG stellt die Vereinbarung eines über dem Marktpreis liegenden Entgelts jedoch auch dann keinen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten dar, wenn der Lieferer die mit dem Vorsteuerabzug korrespondierende Umsatzsteuerschuld aufgrund von § 24 UStG nicht in gleicher Höhe an das Finanzamt erbringen muss (Niedersächsisches FG, Urteil vom 7.3.2019, 11 K 23/18, NWB QAAAH-15142).

Dem Urteil lag – vereinfacht – folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin betreibt mehrere Biogasanlagen und Blockheizkraftwerke. An der Klägerin sind 57 Landwirte als Gesellschafter beteiligt. Sie kaufte für ihre Biogasanlagen Gülle unter anderem von ihren Gesellschaftern. Die überwiegende Anzahl der liefernden Landwirte versteuerte die Güllelieferungen gemäß § 24 UStG nach Durchschnittsätzen. Die Klägerin erwarb die Gülle zum Preis von 12,50 Euro bis 13,50 Euro pro Tonne. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die von der Klägerin gezahlten Preise deutlich überhöht seien. Auf dem Güllemarkt seien Preise um 3 Euro pro Tonne üblich gewesen.

Das Finanzamt wertete die Liefer- bzw. Rechtsbeziehung daher als rechtsmissbräuchlich i.S. von § 42 AO. Die Preisgestaltung sei von der Klägerin letztlich allein aus steuerlichen Motiven gewählt worden, da dem Vorsteuerabzug auf Seiten der Klägerin keine Zahlungsverpflichtung auf Seiten der liefernden Landwirte gegenübergestanden habe, weil diese ihre Umsätze nach § 24 UStG versteuert hätten. Die hiergegen gerichtete Klage war erfolgreich.

Die Vereinbarung eines über dem Marktpreis liegenden Entgelts stelle unter dem Gesichtspunkt des dadurch bedingten höheren Vorsteuerabzugs des Erwerbers auch dann keinen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten dar, wenn der Lieferer die mit dem Vorsteuerabzug korrespondierende Umsatzsteuerschuld aufgrund der Fiktion des § 24 UStG nicht tatsächlich an das Finanzamt erbringen muss. Der Gesetzgeber habe das Problem des unangemessenen Entgelts gesehen und eine Regelung nur in den Fällen der Mindestbemessungsgrundlage für das unangemessen niedrige Entgelt für erforderlich gehalten (§ 10 Abs. 5 UStG). Im Übrigen sei es nicht Aufgabe des Umsatzsteuerrechts, dergestalt in die Privatautonomie von Vertragsbeteiligten einzugreifen, dass nur das dem Marktpreis entsprechende Entgelt anzuerkennen wäre – so die Niedersächsischen Finanzrichter.

Die Entscheidung ist vorläufig nicht rechtskräftig (Nichtzulassungsbeschwerde unter XI B 29/19). Man wird also noch abwarten müssen, ob die Bauernschläue tatsächlich gesiegt hat.

Weitere Informationen:

Niedersächsisches Finanzgericht v. 07.03.2019 – 11 K 23/18 (NZB unter XI B 29/19)

Lesen Sie hierzu auch:

Rennar, Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten bei der Durchschnittssatzbesteuerung i. S. des § 24 UStG, USt direkt digital Nr. 11 vom 13.06.2019 S. 6 (für Abonnenten kostenfrei)


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