Anfang vergangenen Jahres berichtete ich über die Bargeldretter. Dabei ging es um die Barzahlung beim Finanzamt in dem Versuch, wegen der generellen Bargeldablehnung der Behörden eine zinslose Stundung zu erwirken. Nun hat das Hessische Finanzgericht einen Präzedenzfall geschaffen.
Vor etwa einem Jahr schrieb hier ich zum Thema
Die „Bargeldretter“ gehen davon aus, dass sie mit ihrem Barzahlungsangebot den Verzug bei der Steuerzahlung ausschließen. […] Da die Finanzverwaltung ganz allgemein kein Bargeld akzeptiert, soll man so zu einer faktischen Stundung kommen – zinslos, versteht sich. Damit wäre also die Motivfrage geklärt.
Soweit die Idee. Nachdem aber bereits das FG Münster diesem „Nebenleistungssparmodell“ im AdV-Verfahren eine Absage erteilte, konnte sich nun auch das Hessische FG in einem Urteil der Überzeugung der Bargeldretter nicht anschließen. Wenigstens einen Teilerfolg konnte der Kläger gleichwohl erzielen: das Gericht bestätigte die schon bislang herrschende Meinung, wonach das Finanzamt grundsätzlich eine Bank vor Ort ermächtigen muss, Bargeld für die Behörde anzunehmen. Ich halte selbst dieses Zugeständnis für fehlerhaft, bedenkt man die ubiquitäre Nutzung von Bankkonten heutzutage.
Allerdings hatte der Kläger von seinem Anspruch tatsächlich nicht viel. Denn die Bank verweigerte unter Hinweis auf die Geldwäschebekämpfung die Bargeldannahme. Dagegen vorzugehen sei aber nicht Aufgabe des Finanzamts, wie das Gericht im Urteil zutreffend feststellte. Insofern ist auch kein Aspekt ersichtlich, der das Finanzamt von der Festsetzung von Säumniszuschlägen abhält. Im Streitfall hatte der Kläger noch versucht, sich bereits vorauseilend gegen die Verhängung von Säumniszuschlägen in der Zukunft zu wehren – schließlich werde dadurch seine Ehre, ebenso wie sein soziales Ansehen beeinträchtigt. Kaum überraschend konnte das Gericht dieser Argumentation nicht allzu viel Schlagkraft abgewinnen. Insgesamt war dem Sparmodell der Bargeldretter daher keine lange Lebenszeit vergönnt.
Der Kläger im Streitfall verfolgt wohl noch die Nichtzulassungsbeschwerde und auch Amtshaftungsansprüche gegen das Finanzamt. Die Erfolgsaussichten dürften sich freilich in engen Grenzen halten.
Weitere Infos:
- Trinks, Kann ich meine Steuern bar bezahlen? (…und warum sollte ich das wollen?) – NWB Experten-Blog
- Hessisches FG v. 12.12.2017 – 11 K 1497/16
„Ich bin gegen alles. Vor allem bin ich gegen den Geldabfluss aus meinem Herrschaftsbereich!“
so oder ähnlich stelle ich mir die Motivation der „Bargeld-Retter“ vor.
Ob es sich hier um ein sehr einseitiges Demokratieverständnis handelt (Es herrscht Meinungsfreiheit, solange es sich um meine eigene Meinung handelt) oder einfach nur um Egoismus, kann ich nicht sagen.
Wenn man staatliche Gewalt anerkennt, also auch die durchaus positiven Ausflüsse wie (meist funktionierende) Straße und andere Infrastruktur, Rettungsdienste und anderes, für sich nutzen möchte, dann muss man auf der anderen Seite auch seine Beiträge leisten. Ob diese im Einzelnen zu hoch sind oder nur so empfunden werden, steht hier zunächst einmal nicht zur Debatte, auch wenn eine als zu hoch empfundene Belastung die Akzeptanz von Beiträgen immer abschmelzen lässt.
Jedenfalls sehe ich, dass eine Regelung in einem verfassungsgemäß zustande gekommenen Gesetzt steht, diese Regelung an sich auch nicht gegen unser Grundgesetz verstößt und dem Grunde nach nur eine – in 98% aller Fälle – rechtskonforme Steuer zur Zahlung vorsieht.
Rechtsstaatlichkeit zeigt sich für mich in der Zulassung der Klage: nichts ist so abwegig, als dass es nicht vor Gericht diskutiert werden kann. Möglicher Weise hätte man die Kläger in einem Internetforum kurzerhand als Trolle ausgesperrt und somit für vermeintliche Ruhe gesorgt. So haben sich aber berufene Menschen ausgiebig mit dem Thema beschäftigt, gewogen und befunden. Ob ich persönlich mit dem Ergebnis zufrieden bin, steht hier nicht im Vordergrund, ebenso wenige, ob ich die Entwicklung in Richtung Abschaffung des Bargeldes befürworte. Wichtig ist, dass die Rechtsstaatlichkeit gewahrt wurde: ein Bürger wirft eine Rechtsfrage gegen die Finanzverwaltung auf und erhält eine fundierte Antwort, welche darüber hinaus auch noch in einem Weiteren Rechtsweg überprüft werden kann.
Stellt sich mir nur kurz die Gegenfrage: was ist denn, wenn ein „Bargeld-Retter“ selbst eine Steuererstattung bekommen soll? Soll die Finanzverwaltung diese denn dann auch ein Bankkonto, Nummernkonto in der Schweiz oder gerne auch in Bar auszahlen? Mag der „Bargeld-Retter“ dann die Taler im Amt abholen oder darf der Vollstreckungsbeamte dann einmal den anderen Weg gehen und das Geld in den privaten Wohnräumen auszahlen, so er denn bei Vorlage des Dienstausweises überhaupt hereingelassen wird?
Problem über Problemen und das genau dort wo man keine vermutet.
Auf der anderen Seite, auf Bargeld verzichten möchte ich auch nicht. Mein belegtes Brötchen möchte ich dann doch lieber noch in Bar zahlen und nicht über irgendwelche elektronischen Wege.
Das BVerwG hat nun (für mich überraschend) dem EuGH die Frage vorgelegt, ob nicht der Rundfunkbeitrag auch bar entrichtet werden darf (https://www.bverwg.de/pm/2019/23). Die zu erwartende Entscheidung aus Luxemburg dürfte auch Einfluss auf die Frage nach der Barzahlung von Steuern haben.