Zugegeben: Bei Steuerpflichtigen mit hohen Bareinnahmen könnte die Kassenführung so manches Mal etwas weniger kreativ sein und zuweilen bringt man Verständnis für den einen oder anderen Betriebsprüfer auf, der versucht, mithilfe der Wetterdaten der vergangenen Jahre die Umsätze eines Restaurants mit angeschlossenem Biergarten hochzurechnen. Allerdings ist eine zunehmende Tendenz zu erkennen, auch Einnahme-Überschussrechner mit geringen Bareinnahmen sozusagen in Sippenhaft zu nehmen. Immer häufiger sind – zumindest im Bereich der OFD Nordrhein-Westfalen – BP-Berichte zu lesen, bei denen man allein schon aufgrund der Aneinanderreihung von Paragrafen und FG-Urteilen zum Thema „Kassenführung von 4/3-Rechnern“ in Ehrfurcht versinkt. Insbesondere wird gerne mit § 22 UStG argumentiert. Aus diversen Umkehrschlüssen dieser Vorschrift wird das Fazit gezogen, auch bei 4/3-Rechnern sei a) ein Kassenbuch zu führen und b) müsse die jederzeitige Kassensturzfähigkeit gegeben sein.
Allerdings: Tatsächlich entbehrt die Vorgabe der Betriebsprüfer der Rechtsgrundlage. Hier hat man Rechtsfortbildung im rechtsleeren Raum betrieben. In schöner Regelmäßigkeit wird nämlich vergessen, die BFH-Entscheidung vom 16.2.2006 (X B 57/05) zu zitieren. Dort heißt es klar und deutlich: „Steuerpflichtige, die ihren Gewinn zulässigerweise nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, sind nicht verpflichtet, ein Kassenbuch zu führen.“ Zuweilen kommt seitens der Betriebsprüfer auch der Hinweis, die Entscheidung sei nicht amtlich veröffentlicht worden und daher nicht anzuwenden. Diesem Argument wird nun aber der Wind aus den Segeln genommen: Mit Urteil vom 16.12.2014 (X R 42/13) und zwei weiteren Entscheidungen vom selben Tag (X R 29/13 und X R 47/13) hat der BFH zwar entschieden, dass die Finanzverwaltung im Rahmen einer Außenprüfung auch auf die Kasseneinzeldaten zugreifen darf. Jedoch schreibt er ausdrücklich:
„….. dass Steuerpflichtige, die ihren Gewinn zulässigerweise durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermitteln, zwar über § 22 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) i.V.m. §§ 63 bis 68 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung zu Einzelaufzeichnungen, nicht aber deshalb auch zur Führung eines Kassenbuches verpflichtet sind; dies ergebe sich weder aus § 4 Abs. 3 EStG noch aus §§ 145, 146 AO oder § 22 UStG.“ Man kann nun also von einer gefestigten Rechtsprechung ausgehen.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Selbstverständlich sind auch Einnahme-Überschussrechner verpflichtet, ihre baren Einnahmen und Ausgaben ordnungsgemäß und zeitnah aufzuzeichnen. Es geht nur darum, überzogenen Anforderungen der Finanzverwaltung entgegenzutreten.
Weitere Informationen:
- BFH vom 16.02.2006 – X B 57/05
- BFH vom 16.12.2014 – X R 42/13
- BFH vom 16.12.2014 – X R 29/13
- BFH vom 16.12.2014 – X R 47/13
Vor allen Dingen werden die Kalkulationsunterlagen und Ergebnisse mit abenteuerlichen Ergebnissen dem
Steuerpflichtigen präsentiert. In mühevoller und kostenträchtiger Kleinarbeit müssen dann die betriebswirtschaftlichen Fehler der Prüfer aufgedeckt werden.. Selbst dann ist noch nicht einmal Einsicht zu
erwarten. Ein mühsames Geschäft für die Beteiligten. Wer hoch schätzt, bekommt zum Schluss immer noch etwas. Der Weg zum FG wird gern vermieden, da Ausgang zu ungewiss. Das letzte Wort hat leider der Jurist und nicht der Betriebswirtschaftler. Und diese beiden Studienfächer mögen sich nicht besonders, jeder ist
nicht von den Arbeitsergebnissen des anderen überzeugt.