Mehr Biss – das hatte die BaFin nach dem Wirecard-Skandal versprochen. Doch im Fall von Gateway Real Estate hat sie die Zähne an der falschen Stelle angesetzt. Während es an anderer Stelle in der Immobilienbranche brennt, hat sich die Finanzaufsicht hier an einer Detailfrage festgebissen – und am Ende etwas ganz anderes gefunden, als sie eigentlich suchte.
Warum die Bafin Gateway geprüft hat
Die BaFin hat sich die Bilanzen von Gateway Real Estate genauer angeschaut und im Frühjahr 2024 eine Prüfungsanordnung veröffentlicht. Das ist inzwischen gängige Praxis – eine der Lehren aus dem Wirecard-Skandal. Der Grund für die Prüfung: Ein Grundstück in Augsburg war mit 141,5 Millionen Euro bewertet, doch ein neues Gutachten kam auf einen um 42 Millionen Euro niedrigeren Wert.
Die BaFin fragte sich: Warum wurde die Abschreibung erst im dritten Quartal 2023 vorgenommen und nicht schon früher? Klingt nach einer berechtigten Frage – doch die tatsächliche Fehlerfeststellung ging am ursprünglichen Verdacht vorbei.
Im Januar 2025 legte die BaFin das Prüfungsergebnis vor. Und siehe da: Die verspätete Abschreibung spielte plötzlich keine Rolle mehr. Stattdessen stellte die BaFin fest, dass Gateway in seiner Bewertung staatliche Zuwendungen von 46,7 Millionen Euro werterhöhend berücksichtigt hatte – ohne dass diese zum Bilanzstichtag gesichert waren. Der eigentliche Prüfungsgrund – eine mögliche zu späte Abschreibung – wurde in der Fehlerfeststellung nicht einmal erwähnt. Wie kann das sein? Schauen wir uns die Meldungen der Bafin genauer an.
Zwei Themen, zwei unterschiedliche Ergebnisse – und ein großes Fragezeichen
Anfang Januar 2025 veröffentlichte die BaFin das Ergebnis der Prüfung:
„Bei der Bewertung der Liegenschaft mit einem beizulegenden Zeitwert von 141,5 Millionen Euro wurden erwartete Zuwendungen der öffentlichen Hand in Höhe von rund 46,7 Millionen Euro werterhöhend erfasst. Marktteilnehmer hätten den Erhalt der Zuwendungen nicht berücksichtigt, da zum Bilanzstichtag im Hinblick auf die Förderbedingungen keine Umstände vorlagen, die eine Zuwendungsgewährung konkret erwarten ließen.“
Betrachten wir uns den Auszug aus der Mitteilung zur Prüfungsanordnung aus dem letzten Jahr an:
„Es hatte eine Liegenschaft zum Stichtag 30. Juni 2023 mit rund 141,5 Millionen Euro bewertet. Die BaFin hat Anhaltspunkte dafür, dass die Liegenschaft möglicherweise in wesentlichem Umfang überbewertet ist. Sie prüft, ob dies den Anforderungen an eine Bewertung zum beizulegenden Zeitwert entspricht. Unternehmen müssen Wertrückgänge infolge des veränderten beizulegenden Zeitwerts in der Periode erfolgswirksam erfassen, in der sie entstanden sind.“
Hier entsteht ein merkwürdiges Bild: Die BaFin kündigt eine Prüfung wegen einer möglichen verspäteten Abschreibung an, am Ende findet sie aber eine ganz andere Unsauberkeit. Wer sich nun fragt, was denn nun wirklich geprüft wurde, ist nicht allein. Denn hätte die BaFin tatsächlich einen Fehler bei der verspäteten Abschreibung gefunden, müsste dieser in der Fehlerfeststellung stehen. Tut er aber nicht. Satt für Klarheit sorgt die BaFin mit dieser Kommunikationsstrategie für Verwirrung – und hinterlässt fragende Gesichter.
Und mein Senf dazu
Die Veröffentlichung von Prüfungsanordnungen ist eine gute Sache – sie sorgt für Transparenz und stärkt das Vertrauen in die Finanzaufsicht. Aber nur, wenn die späteren Fehlerfeststellungen auch klar Bezug auf die ursprünglichen Prüfungsgründe nehmen. Sonst bleibt das Ganze ein undurchsichtiges Rätselraten.
Vielleicht nutzt die BaFin dieses Jahr die Chance, nicht nur laut zu knurren, sondern auch mit klaren, nachvollziehbaren Ergebnissen zu überzeugen. Bis dahin bleibt ein fader Beigeschmack: Wurde hier wirklich die richtige Baustelle geprüft? Oder war es wieder einmal viel Lärm um nichts?
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- Gateway Real Estate AG: Fehlerbekanntmachung für den verkürzten Abschluss zum. 30. Juni 2023 (bafin.de)
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- BaFin zeigt Biss – an der falschen Stelle (iz.de)