Das DiRUG ist da: Was erwartet uns im Gesellschaftsrecht? (Teil II)

Bereits im Juni hatte der Bundestag das Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG) verabschiedet. Mit ihm wird sowohl das Handels- als auch das Gesellschaftsrecht an vielen Stellen modernisiert und verändert. Während in Teil I auf die Online-Gründung von Kapitalgesellschaften eingegangen worden ist, werden in Teil II diejenigen Neuerungen dargestellt, welche darüber hinaus wesentliche Bedeutung für diese Rechtsbereiche haben werden.

Beglaubigung mittels Videokommunikation

Neben der Online-Bargründung einer GmbH können ebenso öffentliche Beglaubigungen in bestimmten Fällen durch eine Online-Videokonferenz durchgeführt werden. Dazu sieht § 12 Abs. 1 S. 2 HGB-neu vor, dass Handelsregisteranmeldungen mit Hilfe einer Videokommunikation beglaubigt werden können, wenn die Anmeldung durch Einzelkaufleute, Kapitalgesellschaften in den Rechtsformen der GmbH, AG und KGaA stattfindet. Ebenfalls können Eintragungen für Zweigniederlassungen künftig online durchgeführt werden. Weiterlesen

Das DiRUG ist da: Was erwartet uns im Gesellschaftsrecht? (Teil I)

Am 13. August 2021 ist das Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG) im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden (BGBl I 2021, S. 3338). Das Gesetz enthält umfassende Ansätze für eine Modernisierung wesentlicher Themenbereiche des Handels- und Gesellschaftsrechts.

Welche sind dies und was wird dadurch vereinfacht?

Hintergrund

Bereits am 31.07.2019 ist die sog. Digitalisierungsrichtlinie der Europäischen Union in Kraft getreten. Durch sie sollen digitale Lösungen für Gesellschaften vermehrt zur Verfügung gestellt werden. Ziel der Richtlinie ist es, verschiedenste Digitalisierungsangebote bereit zu halten, die für einen wettbewerbsfähigen Binnenmarkt und Vertrauenswürdigkeit von Gesellschaften erforderlich sind. Gewährleistet werden soll nicht nur eine einfachere, schnellere und effizientere Gründung von Gesellschaften und die Bereitstellung umfassender, barrierefreier Informationen, sondern auch eine effektivere Missbrauchsbekämpfung.

Die Digitalisierungsrichtlinie hätte grundsätzlich bis zum 31.07.2021 umgesetzt werden müssen. Für besondere Fälle wurde allen EU-Mitgliedsstaaten jedoch eine Verlängerungsoption von einem Jahr gewährt, welche von Deutschland genutzt wurde, so dass die Umsetzung bis zum 01.08.2022 erfolgen muss. Der Gesetzgeber hat dazu am 25.06.2021 das DiRUG beschlossen. Weiterlesen

Umsatzsteuer auf Sachspenden: Geltende Regelungen ausreichend? (Teil II)

Die Umsatzbesteuerung von Sachspenden ist und bleibt ein Thema, welches die Unternehmerschaft beschäftigt. Zwar sind dank zwei veröffentlichter BMF-Schreiben aus März 2021 die Koordinaten neu justiert wurden, nichtdestotrotz sind weiterhin viele Unklarheiten existent, welche zu Rechtsunsicherheiten führen können. Nicht nur aus diesem Grund stellte die FDP-Fraktion der Bundesregierung in diesem Zusammenhang Fragen (BT-Drucks. 19/31731), welche kürzlich beantwortet worden sind (s. mein Blog-Beitrag vom 29.09.2021).

Unter anderem wollte die Fraktion wissen, ob die Bundesregierung plane, eine erneute Anpassung der umsatzsteuerrechtlichen Vorgaben zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage bei Sachspenden neuwertiger Ware an gemeinnützige Organisationen vorzunehmen, sodass für Sachspenden zumindest solcher Neuware, die ansonsten vernichtet werden würde, zukünftig regelmäßig eine Bemessungsgrundlage von Null Euro angesetzt werden kann.

Absage der Bundesregierung

Leider erteilt die Bundesregierung diesem Vorschlag eine klare Absage und konstatiert, dass die Ausgestaltung des nationalen Umsatzsteuerrechts an die Vorgaben der Mehrwertsteuersystemrichtlinie gebunden ist. Insbesondere sie würde eine generelle Umsatzsteuerbefreiung nicht ermöglichen. Anpassungen des nationalen Rechts, die dem Unionsrecht widersprächen, wie z. B. die pauschale Annahme einer umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage von Null Euro bei der Spende von Waren, die ansonsten vernichtet werden, würden daher nicht in Betracht kommen.

Bemessungsgrundlagenreduzierung als einziger Anknüpfungspunkt?

Eine finale Entscheidung der Bundesregierung scheint getroffen worden zu sein. Überraschend ist diese nicht und es war zu erwarten, dass vor der Bundestagswahl ein solches Thema nicht (noch-)mals angepackt würde. Weitere Erleichterungen für eine umsatzsteuerrechtliche Erfassung von Sachspenden werden so zumindest in Kürze nicht erwartet werden können.

Dies ist allerdings schade. Denn hinterfragt werden sollte, ob das Heranziehen der Bemessungsgrundlage, welche in den Ausführungen des BMF-Schreibens v. 18.03.2021 als entscheidender Anknüpfungspunkt angeführt wird, den goldenen Lösungsweg bietet. In der Literatur vorzufindende Vorschläge, welche dazu tendieren, vielmehr den Tatbestand der „unentgeltlichen Wertabgabe“ restriktiv und einschränkend auszulegen, hätten mit Sicherheit zu einem zufriedenstellenderen Ergebnis für die Unternehmerschaft geführt. Dabei sollte entscheidend sein, dass unentgeltliche Wertabgaben i.S.d. Art. 16 MwStSystRL gerade dann nicht vorliegen, wenn ein unversteuerter Letztverbrauch nicht droht.

Eine solch richtlinienkonforme Auslegung steht m.E. im Einklang mit den Ausführungen des EuGH. Denn: Geht die Sachspende an eine gemeinnützige Organisation, welche sie an bedürftige Menschen ausgibt, so dürfte das Vorliegen eines unversteuerten Letztverbrauchs gerade nicht anzunehmen sein, fehlt es hier doch an einem konkret identifizierbaren Leistungsempfänger. Die Tatsache, dass die Spenden final hilfsbedürftigen Menschen gewährt werden, reicht m.E. für die Annahme einer unentgeltlichen Wertabgabe nicht aus

Erneuter Anlauf nach der Bundestagswahl?

Die weitere Neugestaltung der Vorgaben der Finanzverwaltung für eine umsatzsteuerliche (Nicht-)Erfassung von Sachspenden sollte nach der Bundestagswahl nicht aus den Augen verloren werden. Gerade im Sinne einer immer wieder zu hinterfragenden Verbesserung der Koordinaten von Klima und Umwelt sollte überlegt werden, ob eine andere Sichtweise, nämlich eine Fokussierung auf den nicht identifizierbaren Leistungsempfänger, zu einem besseren Ergebnis führt.

Weitere Informationen:

NWB Online-Nachrichten zu den BMF-Schreiben vom 18.03.2021:


 

Anstieg der Einnahmen aus Erbschaft- und Schenkungsteuer in 2020 um 19,4% – Ein Grund zum Jubeln?

Mit Pressemeldung vom 25.08.2021 teilt das Statistische Bundesamt mit, dass sich im Jahr 2020 die Erbschaft- und Schenkungsteuer um 19.4% erhöhte und besagte Einnahmequelle dem Fiskus fast 8,5 Mrd. Euro bescherte. Was steckt hinter diesem Anstieg?

Hintergrund

(Scheinbar) sehr gute Neuigkeiten durfte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am 25.08.2021 verkünden: Im Jahr 2020 haben die Finanzverwaltungen in Deutschland Vermögensübertragungen durch Erbschaften und Schenkungen in Höhe von rund 84,4 Mrd. Euro veranlagt. Damit stieg im letzten Jahr das steuerlich berücksichtigte geerbte und geschenkte Vermögen um 5,9 % gegenüber dem Vorjahr. Die festgesetzte Erbschaft- und Schenkungsteuer erhöhte sich um 19,4 % auf 8,5 Mrd. Euro. Auf die Erbschaftsteuer entfielen dabei 6,8 Mrd. Euro (ein Plus von 14,0 %) und auf die Schenkungsteuer 1,8 Mrd. Euro (ein sattes Plus von 45,8 %).

Anstieg v.a. bei veranlagtem Grundvermögen

Wie der Pressemeldung weiter entnommen werden kann, sind für die im Vorjahresvergleich höheren Erbschaft- und Schenkungsteuerfestsetzungen vor allem zwei Aspekte entscheidend: Weiterlesen

Umsatzsteuer auf Sachspenden: Geltende Regelungen ausreichend? (Teil I)

Bereits im März 2021 hatte das BMF die Regelungen zur Umsatzbesteuerung von Sachspenden neu akzentuiert und gleichzeitig eine Nichtbeanstandungsregelung herausgegeben. Die Regelungen ließen jedoch Fragen offen. Insbesondere aus diesem Grund stellte die FDP-Fraktion gegenüber der Bundesregierung eine kleine Anfrage (BT-Drucks. 19/31731).

Was war der Inhalt und wird es zukünftig etwa zu weiteren Änderungen bei der Besteuerung von Sachspenden kommen?

Hintergrund

In einer Vielzahl von Fällen war es in der Vergangenheit für Unternehmer oftmals kostengünstiger, noch tadellose Waren zu zerstören, anstatt sie an gemeinnützige Organisationen zu spenden.

Der Ursprung dafür liegt in § 3 Abs. 1b UStG: Will ein Unternehmer seine noch verbrauchbaren Waren, welche durch ihn ausgesondert wurden, spenden (etwa an eine gemeinnützige Organisation), so liegt i.d.R. eine unentgeltliche Wertabgabe vor. Daher hat eine Umsatzbesteuerung stattzufinden, wenn der Gegenstand zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat. Heranzuziehen ist der fiktive Einkaufspreis im Zeitpunkt der Wertabgabe. Das gilt auch für im Unternehmen selbst hergestellte Gegenstände (Abschnitt 10.6 Abs. 1 Satz 3 UStAE).

Entsprechend kam es dazu, dass eine Vernichtung der Ware unternehmensseitig regelmäßig günstiger zubuche schlug als deren Spende. Das BMF hatte im März auf diese Problematik nach heftigen Einwänden seitens der Wirtschaft reagiert und am 18.03.2021 gleich zwei BMF-Schreiben publiziert. Diese stellen klar, dass für eine Ermittlung der Bemessungsgrundlage seither eine dreigeteilte Unterscheidung vorzunehmen ist. Zu untersuchen ist, ob die jeweiligen Sachspenden „uneingeschränkt verkehrsfähig“, „eingeschränkt verkehrsfähig“ oder „nicht mehr verkehrsfähig“ sind. Während bei uneingeschränkter Verkehrsfähigkeit wie bisher zu verfahren ist, kommt bei eingeschränkter Verkehrsfähigkeit eine Minderung der Bemessungsgrundlage in Betracht. Nur bei fehlender Verkehrsfähigkeit ist eine Bemessungsgrundlagenminderung auf null Euro realisierbar (s. hierzu mein Beitrag: . „Neues vom BMF: Umsatzsteuer auf Sachspenden – Lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein?“

Kleine Anfrage der FDP

Die im März publizierten Regelungen führen dazu, dass an vielen Stellen eine Umsatzbesteuerung außen vor bleibt. Insbesondere dank der Nichtbeanstandungsregelung werden für Sachspenden, welche an steuerbegünstigte Organisation im Zeitraum 1.3.2020 bis 31.12.2021 gegeben werden, ausnahmsweise keine Steuern berechnet, wenn der spendende Einzelhändler wirtschaftlich erheblich von der Corona-Krise getroffen ist.

Da Dreh- und Angelpunkt jedoch eine Bemessungsgrundlagenreduzierung (ggf. auf Null Euro) ist, sind Rechtsunklarheiten weiterhin bestehend. Insbesondere die FDP-Fraktion bemängelte die BMF-Schreiben und wollte von der Bundesregierung einzelne Fragen beantwortet haben. In einer kleinen Anfrage (BT-Drucks. 19/31731) stellte sie daher die Fragen,

  • in wie vielen Fällen von den Regelungen des BMF-Schreibens zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Sachspenden beziehungsweise der Bemessung bislang Gebrauch gemacht wurde und in welcher Höhe es hierdurch zu Umsatzsteuermindereinnahmen kam;
  • in wie vielen Fällen von den Regelungen des befristeten BMF-Schreibens zur Umsatzbesteuerung von Sachspenden von Einzelhändlern an steuerbegünstigte Organisationen Gebrauch gemacht wurde und in welcher Höhe es zu Umsatzsteuermindereinnahmen kam;
  • wie sich die Veröffentlichung der beiden BMF-Schreiben auf die Spendentätigkeit von Unternehmen ausgewirkt habe;
  • wie hoch seit Beginn der 19. Wahlperiode das Umsatzsteueraufkommen aus Sachspenden gewesen ist.

Auch wurde die Frage gestellt, ob die Bundesregierung eine Einschätzung zu dem Risiko habe, dass Waren, die aus wirtschaftlichen oder logistischen Gründen aus dem Warenverkehr ausgesondert werden mussten, nach Möglichkeit lieber gemeinnützigen Zwecken gespendet würden, anstatt sie zu vernichten. Ferner sollte eine Einschätzung zu dem Risiko gegeben werden, dass die Umsatzbesteuerung von Sachspenden als unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b UStG Anreize für Unternehmer schaffe, von einer entsprechenden Sachspende abzusehen.

(Pauschale) Antwort der Bundesregierung

Während die ersten vier Fragen mangels Daten seitens der Bundesregierung nicht beantwortet werden konnten, fällt die Beantwortung der letzten beiden Fragen recht allgemeingültig aus (BT-Drucks. 19/31909). So stellt die Bundesregierung fest, dass „die Gründe, warum Firmen Waren vernichten, anstatt sie zu spenden oder zu einem geringen Preis weiterzuverkaufen (…) vielfältig [sind]“ und das geltende Umsatzsteuerrecht  „bereits ausreichend Möglichkeiten“ biete die mit einer Spende verbundene umsatzsteuerrechtliche Belastung minimal auszugestalten. Gleichzeitig weist sie auf die gesetzlich verpflichtende Abfallhierarchie hin, nach der im Sinne einer Kreislaufwirtschaft die Vernichtung von Ware als allerletzte Option stehe. Zwar sei die Abfallvermeidung (also beispielsweise das Spenden) keine durchsetzbare Pflicht; andere Verwertungsmaßnahmen wie die Vorbereitung zur Wiederverwendung oder das Recycling hätten jedoch Vorrang vor der Vernichtung.

Weitere Erleichterungen geplant?

Von hohem Wert für die Unternehmerschaft dürfte die zusätzliche Frage sein, welche die FDP in ihrer kleinen Anfrage darüber hinaus stellte. Sie wollte wissen, ob die Bundesregierung plane, eine erneute Anpassung der umsatzsteuerrechtlichen Vorgaben zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage bei Sachspenden neuwertiger Ware an gemeinnützige Organisationen vorzunehmen, sodass für Sachspenden zumindest solcher Neuware, die ansonsten vernichtet werden würde, zukünftig regelmäßig eine Bemessungsgrundlage von Null Euro angesetzt werden kann.

Auf die – leider eher – unerfreuliche Antwort der Bundesregierung sowie deren Folgen wird in Kürze an dieser Stelle in einem weiteren Blog-Beitrag eingegangen.

Weitere Informationen:

NWB Online-Nachrichten zu den BMF-Schreiben vom 18.03.2021:


Umsatzsteuer: Ortsbestimmung im Hinblick auf Eintrittsberechtigungen zu Veranstaltungen neu geregelt!

Mit einem BMF-Schreiben vom 09.06.2021 hat das Ministerium seine Auffassung zur umsatzsteuerrechtlichen Bestimmung des Leistungsortes von Veranstaltungen mit Eintrittsberechtigung neu geregelt und diese an die neueste EuGH-Rechtsprechung angepasst. Welche (neuen) Abgrenzungsfragen müssen dabei zukünftig beachtet werden?

Hintergrund:

Umsatzsteuerrechtlich führt die Bestimmung des Ortes für Veranstaltungen oftmals zu Schwierigkeiten. Soweit der Empfänger Unternehmer ist und die Veranstaltung öffentlich zugänglich ist, richtet sich der Leistungsort nach § 3a Abs. 3 Nr. 5 UStG (Veranstaltungsort). Für geschlossene Veranstaltungen schrieb die Finanzverwaltung bisweilen stets die Anwendung der Grundregel (§ 3a Abs. 2 UStG) vor, soweit der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist. Allerdings stand diese Einordnung der EuGH-Rechtsprechung entgegen. Weiterlesen

Kritik an Amazon: Wie korrekt ist der Steuer-Service der Plattform?

Aufgrund des Mehrwertsteuer-Digitalpakets, welches Anfang Juli 2021 für Online-Händler viele umsatzsteuerrechtliche Neuerungen mit sich brachte, sind seitens der Finanzbehörden v.a. Onlinehändler in den Fokus gerückt. Schwierigkeiten scheinen dabei in der Zusammenarbeit zwischen den Händlern und Amazon aufzutreten. Der Bundesverband Onlinehandel e.V. startet zu diesem Zweck eine Umfrage.

Hintergrund

Mit dem Mehrwertsteuer-Digitalpaket sind seit dem 01.07.2021 grundlegende Neuerungen im Umsatzsteuerrecht statuiert. Das umfassende Paket, welches durch europarechtliche Vorgaben in Deutschland umgesetzt werden musste, hat so etwa die Ablösung der bisherigen Versandhandelsregelung und seiner jeweiligen nationalen Lieferschwellen durch eine neue Fernverkaufsregelung und eine EU-weit einheitliche Lieferschwelle vorgesehen. Gleichzeitig wurde das MOSS-Verfahren grundlegend neu geregelt und zum OSS-Verfahren ausgebaut. Für bestimmte Sachverhalte ist die Abführung von ausländischer Mehrwertsteuer daher zentral beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) möglich. Ebenso wurde die Behandlung von elektronischen Marktplätzen als unmittelbare Steuerschuldner verankert (s. hierzu auch mein Beitrag „Neue Haftungsvorgaben für Marktplatzbetreiber zum 01.07.2021: Das BMF-Schreiben vom 20.04.2021 (Teil I)“.

Starke Kritik an Amazon Weiterlesen

Umsatzsteuer: Vermietung von PKW-Stellplätzen an Wohnungsmieter als Nebenleistung weiter steuerfrei

Mit Urteil vom 10.12.2020 (V R 41/19) stellt der BFH (erneut) fest, dass eine Vermietung von PKW-Stellplätzen an Wohnungsmieter eine steuerfreie Nebenleistung sein kann. Der BFH hebt damit ein Urteil des Finanzgerichts Thüringen auf, das konstatierte, dass ein fehlender räumlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang einer Einordnung als Nebenleistung entgegenstehe. Wie argumentiert der BFH in seiner Entscheidung und welche Folgen hat das Urteil für die Rechtsanwender?

Hintergrund

In den Jahren 2011 ff. hatte der Kläger einen Gebäudekomplex (mit Vorder- und Hinterhaus) errichtet sowie Tiefgaragenstellplätze im Verbindungsteil zwischen beiden Häusern. Der Kläger zog in 2012 und 2013 vollumfänglich die Vorsteuer, da nach den ursprünglichen Planungen der gesamte Gebäudekomplex zur kurzfristigen Beherbergung dienen sollte. Allerdings änderte sich die Nutzungskonzeption: Teile des Gebäudes vermietete der Kläger daher umsatzsteuerfrei dauerhaft zu Wohnzwecken. Auch wurde ein Teil der Stellplätze der im Zwischenkomplex liegenden Tiefgarage an Wohnungsmieter vermietet. Sie wurde als steuerpflichtige selbständige Leistung behandelt. Indes kam das Finanzamt im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung zu dem Schluss, die Stellplatzvermietung an Mieter, die zugleich Wohnungsmieter waren, sei als Nebenleistung zur steuerfreien Wohnraumvermietung einzuordnen mit der Folge, dass eine Korrektur der entsprechenden Vorsteuer aus der Errichtung dieser Stellplätze nach § 15a UStG stattfand.

FG Thüringen sieht keine Einordnung als Nebenleistung Weiterlesen

Bilanzierungswahlrecht nach § 4 Abs. 3 EStG bei ausländischer Bilanzierungspflicht?

Das Einkommensteuergesetz kennt verschiedene Arten der Gewinnermittlung, wobei der Betriebsvermögensvergleich die Regelform der Gewinnermittlung darstellt. Steuerpflichtige, die allerdings weder gesetzlich buchführungspflichtig sind noch freiwillig Bücher führen, haben das Wahlrecht, hiervon abzuweichen und die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 Satz 1EStG durchzuführen. In diesem Falle wird ein Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben nach dem Zuflussprinzip ermittelt.

Fraglich war bisweilen, ob eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG auch möglich ist, wenn nach ausländischen gesetzlichen Vorschriften eine Buchführungs- und Bilanzierungspflicht besteht. Der BFH hat dies nunmehr verneint (Urteil v. 20.04.2021 – IV R 3/20).

Der Sachverhalt in Kurzform:

Zwei GbRs waren als Kommanditistinnen an einer Personengesellschaft in Luxemburg beteiligt, welche einer GmbH & CO KG nach deutschen Recht entsprach und vor allem Goldhandel betrieb. Sie war nach luxemburgischem Recht zur Erstellung einer Bilanz verpflichtet und erstellte gleichzeitig für die Besteuerung der Gesellschafter in Deutschland Einnahmen-Überschussrechnungen nach § 4 Abs. 3 EStG. Weiterlesen

Wo dürfen Verwaltungsakten in Pandemiezeiten eingesehen werden?

Die Einsicht in Verwaltungsakten, welche in Papierform vom Finanzgericht geführt werden, wird grundsätzlich in den entsprechenden Diensträumen gewährt. Gilt dies auch in der jetzigen Pandemie-Situation oder ermöglicht diese die Versendung in die Räumlichkeiten eines Prozessbevollmächtigten? Dazu hat der BFH nun entschieden (V B 29/20).

Akteneinsicht im Steuerrecht

Weder im Verwaltungsverfahren in Steuersachen noch im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren wird den Beteiligten ein Recht auf Einsicht in die Akten gesetzlich eingeräumt. Zwar wird aus § 91 AO der Anspruch auf eine ermessenfehlerfreie Entscheidung dahingehend abgeleitet, ob den Beteiligten Akteneinsicht gewährt wird oder nicht. Denn das Finanzamt kann im Einzelfall nach „Ermessen“ gem. § 5 AO Akteneinsicht gewähren. Ein direktes Einsichtsrecht kann jedoch weder aus dieser Vorschrift noch aus dem § 364 AO abgeleitet werden.

Erst im finanzgerichtlichen Klageverfahren haben die Beteiligten gem. § 78 Abs. 1 FGO einen Rechtsanspruch auf Einsicht in die dem Gericht vorgelegten Akten und damit ein umfassendes Akteneinsichtsrecht. Grundsätzlich wird eine Akteneinsicht in die (in Papierform geführten) Akten in den Diensträumen des Gerichts gewährt. Nur in Ausnahmefällen kann ein Anspruch auf Akteneinsicht in den Kanzleiräumen des Prozessbevollmächtigten begründet werden, über den im Rahmen einer Ermessensentscheidung zu befinden ist.

Corona-Pandemie als „begründeter Ausnahmefall“?

Inwiefern die Corona-Pandemie einen klaren Ausnahmefall darstellt, wollte nunmehr ein Steuerpflichtiger klären lassen: Zusammen mit seiner Klage gegen den im Schätzungswege ergangenen Umsatzsteuerbescheid von 2017 beantragte der Kläger Einsicht in Verwaltungsakten durch Übersendung in seine Kanzleiräume. Denn seiner Meinung nach sei dies wegen der Corona-Epidemie geboten. Weiterlesen