Persönliches Erscheinen des Klägers vor Gericht bei Anordnung zwingend?

Ist eine Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung per Videokonferenz möglich, wenn das Gericht das persönliche Erscheinen des Klägers angeordnet hat? Hierüber hatte das FG Hamburg (4 K 51/23) zu entscheiden.

Hintergrund

Mit Verfügung vom 21.8.2023 hatte der Vorsitzende des Senats im Klageverfahren das persönliche Erscheinen des Klägers zur mündlichen Verhandlung angeordnet. Der Kläger sah dies anders und stellte daraufhin den Antrag, an der Verhandlung per Videokonferenz teilzunehmen (§ 91a Abs. 1 Satz 1 FGO).

Teilnahme via Videokonferenz

Denn nach § 91a Abs. 1 Satz 1 FGO kann das Gericht den Beteiligten, ihren Bevollmächtigten und Beiständen auf Antrag oder von Amts wegen gestatten, sich während einer mündlichen Verhandlung an einem anderen Ort aufzuhalten und dort an Verfahrenshandlungen vorzunehmen.  Die Verhandlung wird daraufhin zeitgleich in Bild und Ton an diesen Ort und in das Sitzungszimmer übertragen. Die Regelung gilt nach § 91a Abs. 4 FGO entsprechend für Erörterungstermine.

Antrag abgelehnt!

Das FG Hamburg lehnte diesen Antrag allerdings ab. Weiterlesen

Ehegattensplitting: Keine Abschaffung in greifbarer Nähe!

Immer wieder ist das Ehegattensplitting Gegenstand heftiger Diskurse und Diskussionen – auch in der Politik. Könnte es in naher Zukunft zu einer Abschaffung kommen? Ich bin da negativ gestimmt.

Fast in jede Legislaturperiode führen sachkundige Politiker in langen, oftmals schwierigen Debatten eine Diskussion über das Ehegattensplitting. Auch kürzlich wurde das beliebte Thema wieder einmal aufgegriffen und aus der Schublade gezogen: So schlug eine Handvoll Politiker der SPD eine Abschaffung vor. Der SPD-Chef Lars Klingbeil machte dieses Mal den ersten Schritt. Auslöser war der Streit um die geplante Kürzung beim Elterngeld. In der sich anschließenden Debatte um Familienförderung und Gleichstellung meldete sich Klingbeil deutlich zu Wort und schlug vor, statt am Elterngeld zu sparen, das Ehegattensplitting für neue Ehen zu streichen. Im Koalitionsvertrag sei diese Idee bereits angelegt.

Das Skript in diesen Diskussionen ist dann oft vorgegeben: Weiterlesen

Vorabhinweise des BMF zur e-Rechnung

Ungewöhnlich, aber wahr: Das BMF hat sich vorab in einem Schreiben zur e-Rechnung bei inländischen B2B-Umsätzen geäußert und damit vor dem Ende des parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens einen Standpunkt veröffentlicht.

Hintergrund

Die e-Rechnung ist auf dem Vormarsch und wird für inländische B2B-Umsätze mit dem Wachstumschancengesetz im UStG festgeschrieben. Mithilfe von Übergangsregelungen soll die e-Rechnung dann ab 2028 im gesamten B2B-Bereich verpflichtend Anwendung finden.

Ungewöhnlicherweise hat nunmehr das BMF bereits vor dem Abschluss des parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens erste Hinweise dazu verlautbaren lassen – und zwar aufgrund von Anfragen der Verbände. Weiterlesen

E-Rechnung wird verpflichtend!

Bereits im April hatte das BMF einen Diskussionsentwurf zu einer verpflichtenden elektronischen Rechnungstellung erstellt. Er ist nun in den Referenten- und nachfolgend in den Regierungsentwurf des Wachstumschancengesetzes eingegangen. Was kommt auf die Unternehmen zu?

Hintergrund

Die EU plant auf dem Gebiet der Umsatzsteuer (mal wieder) großes: So hatte die EU-Kommission im Rahmen der ViDA-Initiative die Einführung eines elektronischen Meldesystems geplant, das u. a. die bisherigen Zusammenfassenden Meldungen ersetzen soll. Bereits in 2028 sollen die Änderungen in Kraft treten. In Vorbereitung darauf ist bereits ab 2024 eine geänderte Definition des Begriffs „Elektronische Rechnung“ geplant. Hier bestand allerdings eine Schwierigkeit. Denn um die e-Rechnungspflicht bereits im Vorgriff auf die EU-weiten ViDA-Maßnahmen umsetzen zu können, bedurfte es einer ausdrücklichen Genehmigung durch den EU-Rat. Dieser erfolgte am 25.7.2023.

Was ist geplant?

Ab dem 1.1.2025 wird eine elektronische Rechnung (e-Rechnung) gem. § 14 Abs. 1 Satz 3 UStG-E definiert als Rechnung, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt wird, übermittelt und empfangen. Weiterlesen

FG Nürnberg: Ermittlung der Grundsteuer in Bayern verfassungsgemäß! Und was folgt für den Rest der Bundesrepublik Deutschland?

Das FG Nürnberg hat in einem Urteil entschieden, dass die Ermittlung der Grundsteuer anhand eines reines Flächenmodells, wie man dies nunmehr in Bayern vornimmt, verfassungskonform ist (Beschluss v. 08.08.2023 – 8 V 300/23).

Hintergrund

Im Jahr 2018 hatte das Bundesverfassungsgericht die grundsteuerliche Bewertung von Immobilien für verfassungswidrig erklärt. Infolgedessen verabschiedete der Gesetzgeber im November 2019 ein neues Grundsteuergesetz, welches Öffnungsklauseln für die Bundesländer vorsieht. Die Öffnungsklauseln führen dazu, dass verschiedene Bewertungsmodelle zur Anwendung kommen und es keine bundeseinheitliche Bewertung mehr gibt.

Bayerisches Grundsteuergesetz

Vor dem FG Nürnberg gab es nunmehr eine Klage. Hier hatte der Eigentümer mehrerer Immobilien die Verfassungsmäßigkeit des Bayerischen Grundsteuergesetzes gerügt. Strittig war aus seiner Sicht, ob die Vollziehung von Bescheiden über die Grundsteueräquivalenzbeträge sowie den Grundsteuermessbetrag wegen ernstlicher Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Bayerischen Grundsteuergesetzes auszusetzen ist.

Der Antragsteller kam zu dem Schluss, dass durch flächenorientierte Ermittlung die Lasten ungerecht verteilt würden. Nach dem Bayerischen Berechnungsmodell führe dies dazu, dass die Grundsteuer in Bestlagen sinke, weil keine Differenzierung nach Wohnlagen vorgenommen werde. Es sei mit erheblichen Mehrbelastungen für Mieter und Grundstückseigentümer zu rechnen, dies sei ungerecht und nicht verfassungsgemäß. Weiterlesen

Unterkunftsvermietung: Hamburger Steuerfahndung prüft erneut!

Wer seine Wohnung über Plattformen wie Airbnb anbietet, muss diese Einnahmen in seiner Steuererklärung angeben. Die Finanzbehörde Hamburg hat nunmehr die Buchungsdaten von rund 56.000 Anbietern für steuerliche Zwecke abgefragt.

Hintergrund

Bereits im Jahre 2020 hatte die Steueraufsicht Hamburg erreicht, dass Daten von Vermietern zu steuerlichen Kontrollzwecken übermittelt werden. Die Auswertung dieser Umsätze von circa 8000 deutschen Anbietern im Umfang von 137 Millionen Dollar habe nach Angaben der Behörde zwischen 2021 und 2022 bundesweit zu zusätzlichen Steuereinnahmen in Höhe von vier Millionen Euro geführt.

Erneute Aktivität der Hamburger Finanzbehörde

Auch in diesem Jahr ist die Aufsicht erneut aktiv. So wurde bekannt, dass nun die Buchungsdaten von mehr als 56.000 Anbietern auf einem internationalen Vermittlungsportal für private Ferienunterkünfte abgefragt wurden. Der Gesamtumsatz beläuft sich dabei auf über eine Milliarde Euro. Die von der Hamburger Behörde abgefragten Daten wurden nun zur weiteren Überprüfung an die zuständigen Steuerverwaltungen der Bundesländer weitergeleitet. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur handelt es sich bei den abgefragten Informationen um Daten des US-Unternehmens Airbnb.

Steuerunehrlichkeit soll angegangen werden

Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) bestätigte die Abfrage und kommentierte: „Durch die erneute Datenanforderung wird die Aufdeckung von unversteuerten Vermietungseinkünften konsequent fortgeführt. „Für steuerunehrliche Vermieterinnen und Vermieter sei das Risiko deutlich gestiegen, entdeckt zu werden. Es dürfe also damit gerechnet werden, dass deutliche Steuermehreinnahmen erwartet sind.

Angabe in Steuererklärung erforderlich und geboten

Das konsequente Vorgehen der Hamburger Finanzbehörde zeigt, dass gerade in Sachen Kurzzeitvermietung ein sauberes Vorgehen der Vermietenden geboten ist. Insbesondere beim Überschreiten von 520 Euro Einnahmen (R 21.2 Abs. 1 Einkommensteuerrichtlinien) ist die entsprechende Darstellung in der Einkommensteuererklärung verpflichtend. Die Daten aus Hamburg werden nunmehr ausgewertet und es wird sich zeigen, wieviel zusätzliche Steuergelder die Daten in die Kassen der Länder fließen lassen werden.

Offenlegung von Ertragsteuerinformationen: Neues Gesetz in Kraft getreten

Bereits am 11.05.2023 hat der Bundesrat die finale Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/2101 im Hinblick auf die Offenlegung von Ertragsteuerinformationen durch bestimmte Unternehmen und Zweigniederlassungen verabschiedet. Konkret geht es im Wesentlichen um die Einführung eines sog. Public Country by Country-Reporting.

Der Bundesrat hat das Gesetz am 16.6.2023 gebilligt. Es ist am 21.06.2023 bereits in Kraft getreten. Durch ein Public Country-by-Country-Reporting soll nach Intention des Gesetzgebers transparent gemacht werden, inwieweit multinationale umsatzstarke Unternehmen und Konzerne Ertragsteuern in den Ländern entrichten, in denen sie eine Geschäftstätigkeit ausüben und Gewinne erwirtschaften.

Betroffene Unternehmen

Aufgrund der neuen §§ 342 ff. HGB sind von der Erstellungsverpflichtung im Inland ansässige konzernunverbundene Unternehmen und oberste Mutterunternehmen, deren Umsatzerlöse bzw. Konzernumsatzerlöse in zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren jeweils einen Betrag von 750 Mio. EUR übersteigen, betroffen. Weiterlesen

Dauerhafte Reduzierung des Umsatzsteuersatzes in der Gastronomie zunächst adé!

Im Rahmen der Corona-Pandemiefolgen war der Umsatzsteuersatz für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen (mit Ausnahme der Abgabe von Getränken) bis zum Ende des Jahres 2023 von 19 Prozent auf 7 Prozent reduziert worden. Seitens vieler Beteiligter war gehofft worden, dass dieser zunächst befristet gesenkte Mehrwertsteuersatz über das Jahr 2023 hinaus bei 7 Prozent bleiben könnte.

CDU/CSU legten Gesetzentwurf vor

Mit der Forderung der CDU/CSU-Fraktion, den Verzehr von Speisen in Restaurants dauerhaft mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von sieben Prozent zu besteuern, hatte sich der Bundestag entsprechend am 16. März 2023, befasst. Nach knapp halbstündiger Debatte wurde der Gesetzentwurf „zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes“ (20/5810) dann aber an die Ausschüsse überwiesen. Bei den weiteren Beratungen übernahm der Finanzausschuss die Federführung.

Die CDU/CSU-Fraktion verwies im Gesetzentwurf darauf, dass die Senkung des Umsatzsteuersatzes für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen (mit Ausnahme der Abgabe von Getränken von 19 Prozent) auf den ermäßigten Satz von sieben Prozent zum 01.07.2020 vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie eingeführt und mehrfach verlängert worden sei – zuletzt bis Ende 2023. Nach Angaben der CDU/CSU-Fraktion wurde die Verlängerung durch die Corona-Pandemie eingetretenen Verhaltensänderungen begründet. Weiterlesen

Elektronische Rechnungspflicht ab 2025? Stellungnahmen der Verbände liegen vor!

Im April dieses Jahres hat das BMF den Verbänden einen Diskussionsvorschlag übersandt, der eine Einführung einer E-Rechnungspflicht für inländische B2B-Geschäfte ab dem 01.01.2025 vorsieht. Im Blog hatte ich dazu bereits berichtet (E-Rechnungspflicht ab 2025 im B2B-Bereich?).

Mittlerweile ist der Diskussionsvorschlag von den verschiedenen Institutionen kommentiert worden und samt Stellungnahmen an das BMF zurückgesandt worden. Der Ball liegt daher nunmehr wieder beim BMF. Was sind die Kernaussagen der Verbände und wie geht es weiter? Weiterlesen

EuGH: Keine Umsatzsteuer für Influencer auf OnlyFans-Plattform

Mit Spannung war das Urteil des EuGH in der Angelegenheit „OnlyFans“ (Rs. C-695/20 – Fenix International Ltd. (Betreiberin von OnlyFans)) erwartet worden. Der EuGH entschied: Seitens der Influencer ist keine Umsatzsteuer zu zahlen!

Hintergrund

OnlyFans ist eine Social-Media-Plattform, die von Fenix International Ltd. betrieben wird. Influencer können hier ihren Content zur Verfügung stellen, so dass die Nutzer monatliche Abonnements abschließen, um auf den Content zuzugreifen.

Die Nutzer zahlen hierfür. In diesem Zusammenhang erhält im ersten Schritt Fenix International Ltd. das Geld und leitet hiervon einen Teil der Einnahmen an die Influencer weiter. Als Gebühr für die eigenen Leistungen behält Fenix International Ltd. 20 % von den Beträgen ein, die an die Influencer gezahlt werden. Die restlichen 80 % werden an die Influencer ausbezahlt. Über die Gebühr erstellte Fenix eine Rechnung und erhob hierauf 20 % britische Umsatzsteuer.

Die britische Finanzverwaltung vertritt die Ansicht, dass dieses Vorgehen falsch ist und dass Fenix International Ltd. im Rahmen einer Dienstleistungskommission tätig wird. Demnach sei zu folgern, dass durch die Influencer eine Dienstleistung an Fenix International Ltd. (B2B) erbracht und durch Fenix International Ltd. eine elektronische Dienstleistung an die Nutzer erbracht werde. Daraus folge ferner, dass Fenix International Ltd.  Umsatzsteuer auf alle Einnahmen abführen müsse (100 %) – und zwar am Wohnsitz der Nutzer.

Fenix International Ltd. zog hiergegen vor Gericht, das wiederum den EuGH anrief, um zu klären, ob diese Regelung anzuwenden sei.

EuGH bekräftigt Finanzverwaltung

Für Fenix International Ltd. nahm dies kein gutes Ende, denn der EuGH bestätigte, dass hier die Leistungskommission vorliegt. Weiterlesen