Während der Gesetzgeber aktuell darüber nachdenkt, wie er die ins Home-Office verbannten Arbeitnehmer steuerlich entlasten kann – etwa durch einen Pauschalabzug bei den Werbungskosten – bringen andere Stimmen den umgekehrten Weg ins Spiel und fordern eine zusätzliche Abgabe für solche Arbeitnehmer, die sich nach der Corona-Pandemie freiwillig für die Heimarbeit entscheiden. Ein angemessener oder ein absurder Vorschlag? Weiterlesen
Archiv des Autors: Dr. Timmy Wengerofsky
Umsatzsteuer und Gutscheine: Gelungenes finales BMF-Schreiben? (Teil I)
Im Zuge der zum 01.01.2019 kodifizierten Rechtslage zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Gutscheinen hat das BMF am 02.11.2020 sein lange erwartetes BMF-Schreiben veröffentlicht. Nach einem ersten Entwurf des Schreibens vom 18.12.2019 stellt die Verwaltung nunmehr final klar, wie Gutscheine aus ihrer Sicht einzuordnen sind.
Ist das BMF-Schreiben gelungen?
Hintergrund
Die Ausgabe von Gutscheinen spielt im Wirtschaftsleben eine immer größer werdende Rolle. Mittlerweile existieren richtige Wirtschaftszweige, die sich auf die Ausgabe von Gutscheinen spezialisiert haben. Ob in Tankstellen oder Supermärkten: Deutlich ist zu erkennen, dass der gewerbliche Handel mit Gutscheinen zugenommen hat. Auch ist der Gutscheinhandel über mehrere Vertriebsketten ein in der Praxis üblich und oft anzutreffendes Szenario, ebenso wie die grenzüberschreitende Veräußerung.
Der europäische Gesetzgeber sah hier Handlungsbedarf: Bereits am 01.07.2016 wurde zu diesem Zwecke eine EU-Richtlinie zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Gutscheinen veröffentlicht. Durch sie wurden drei Artikel als neue Vorschriften zur umsatzsteuerlichen Behandlung in die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie eingeführt, um die Besteuerung von Gutscheinen auf Europäischer Ebene zu harmonisieren. Neue Begrifflichkeiten, wie der „Einzweck-Gutschein“ und der „Mehrzweck-Gutschein“ wurden durch sie eingeführt. Die EU-Mitgliedstaaten hatten sie bis zum 31.12.2018 in nationales Recht umzusetzen.
Der deutsche Gesetzgeber setzte die Regelungen mit seinem Jahressteuergesetz 2018 um. Erstmals schaffte er dadurch umsatzsteuerrechtlich Gesetzesregelungen zu Gutscheinen (§ 3 Abs. 13-15 UStG). Zu diesen lagen in der Vergangenheit nämlich vor allem (nur) OFD-Verfügungen und ähnliche Verwaltungsäußerungen vor, welche eine Vollziehbarkeit der Regelungen lediglich partiell unterstützte.
Nunmehr Unterscheidung von „Einzweck-Gutschein“ und „Mehrzweck-Gutschein“ Weiterlesen
BMF-Schreiben zur rückwirkenden Rechnungsberichtigung: (Zurecht) kein rückwirkendes Ereignis i.S.d. 175 AO? (Teil II)
Hintergrund
Mit Schreiben vom 18.09.2020 hat das BMF umfassend zur Rückwirkung der Rechnungsberichtigung und zum Vorsteuerabzug ohne ordnungsgemäße Rechnung Stellung bezogen. Das präzise und klar formulierte Schreiben enthält unter anderem auch die Aussage, dass eine Anwendung der Änderungsvorschrift des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO nicht in Frage komme, da die Berichtigung einer Rechnung mit Rückwirkung kein Ereignis ist, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit entfaltet.
Einer Einordnung als rückwirkendes Ereignis erteilt das BMF damit eine Absage. In ganz ähnlicher Form wird diese Aussage wohl mit dem Jahressteuergesetz 2020 Eingang in das Umsatzsteuergesetz finden. So ist geplant, in § 14 Abs. 4 Satz 4 UStG-E aufzunehmen, dass „die Berichtigung einer Rechnung um fehlende oder unzutreffende Angaben (…) kein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und § 233a Absatz 2a der Abgabenordnung“ ist.
Für die Steuerpflichtigen kann dies unter Umständen gravierende Folgen mit sich bringen, die nachfolgend dargestellt werden. Weiterlesen
Ergänzendes BMF-Schreiben zur MwSt-Satzsenkung: Offene Fragen geklärt?
Die zum 01.07.2020 befristete Absenkung der Mehrwertsteuersätze auf 16% bzw. 5% hatte aufgrund ihrer Kurzfristigkeit viele Unternehmen vor Herausforderungen gestellt. Mit einem umfassenden BMF-Schreiben vom 30.06.2020 hatte das Finanzministerium versucht, diesen Herausforderungen Herr zu werden. Viele Fragen blieben allerdings weiterhin bestehen.
Ergänzendes BMF-Schreiben vom 04.11.2020 bringt Klarheit
Mit Datum 04.11.2020 hat das BMF nunmehr ein ergänzendes Schreiben (III C 2 -S 7030/20/10009 :016) zur Mehrwertsteuersatzsenkung veröffentlicht. Auf insgesamt 10 Seiten geht das Ministerium dabei auf offene Fragen ein, welche sich bei der Unternehmerschaft in den letzten Monaten im Zusammenhang mit der Absenkung der Steuersätze gestellt haben und welche bislang ungelöst geblieben sind. Weiterlesen
BMF-Schreiben zur rückwirkenden Rechnungsberichtigung: (Zurecht) kein rückwirkendes Ereignis i.S.d. 175 AO? (Teil I)
Nachdem der EuGH im Verfahren „Senatex“ (EuGH v. 15.09.2016, Az. C-518/14) vor gut vier Jahren entschieden hatte, dass Rechnungen rückwirkend korrigiert werden können, hat sich im September 2020 das BMF mit einem entsprechenden Schreiben dazu geäußert. Es erläutert darin detailliert und präzise die Anforderungen an eine rückwirkende Rechnungsberichtigung. U.a. weist das BMF in seinem Schreiben darauf hin, dass die Rechnungsberichtigung „kein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO“ darstellt.
Auch im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2020 greift der Gesetzgeber diesen Aspekt auf. So soll in einem neuen § 14 Abs. 4 S. 4 UStG-E klargestellt werden, dass „die Berichtigung einer Rechnung um fehlende oder unzutreffende Angaben“ kein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO und § 233a Abs. 2a AO darstellt.
Was bedeutet dieser Aspekt für die Steuerpflichtigen? Weiterlesen
Temporär befristete Umsatzsteuersatzsenkung: Verlängerung über den 31.12.2020 hinaus (erforderlich)? (Teil II)
Die unterschiedlichen Einordnungen im Hinblick auf die Wirkung der Mehrwertsteuersatzsenkung zum 01.07.2020 lässt die Frage aufkommen, inwiefern es zu einer Verlängerung der Maßnahme über den 31.12.2020 hinauskommen könnte. Während im Teil I dieses Blogs die unterschiedlichen Positionen (exemplarisch) aufgezeigt wurden, stellt Teil II dar, welche Besonderheiten seitens der Unternehmerschaft bei einer Verlängerung zu beachten wären und welche Alternativen der Bundesregierung zu Unterstützung der Corona-gebeutelten Wirtschaft (u.a.) zur Verfügung stehen. Weiterlesen
Temporär befristete Umsatzsteuersatzsenkung: Verlängerung über den 31.12.2020 hinaus (erforderlich)? (Teil I)
Zur Unterstützung der durch die Corona-Krise stark angeschlagenen Wirtschaft hatte sich die Bundesregierung am 03.06.2020 auf ein umfangreiches Konjunkturprogramm geeinigt. Unter anderem wurde im Rahmen des Zweiten Corona-Steuerhilfegesetzes eine zeitlich befristete Senkung der Umsatzsteuersätze beschlossen.
Seit dem 01.07.2020 gilt damit in Deutschland eine befristete Senkung der Umsatzsteuersätze:
- der Regelsteuersatz wurde von 19% auf 16% gesenkt,
- der ermäßigte Umsatzsteuersatz wurde von 7% auf 5% gesenkt.
Die Befristung gilt vom 01.07.2020 bis zum 31.12.2020. Danach soll dann wieder der alte Regelsteuersatz (bzw. ermäßigte Steuersatz) gelten. Stets betonte die Bundesregierung, dass die Absenkung der Steuersätze lediglich für diesen Zeitraum gelten solle und eine Verlängerung außer Frage stehe. Die nicht nur anhaltende, sondern sich vielmehr zuspitzende Krise lässt jedoch zunehmend Zweifel an dieser Position aufkommen. Gerade vor dem Hintergrund des erneuten Lockdowns (light) – allein dieser soll nach neuesten Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) die deutsche Wirtschaft rund 19,3 Mrd. Euro kosten – stellt sich daher die Frage, ob eine Verlängerung der Mehrwertsteuersatzsenkung über den 31.12.2020 hinaus sinnvoll ist. Weiterlesen
Neue verschärfte Regeln für elektronische Marktplatzbetreiber im Umsatzsteuerrecht (Teil 2)
Die mit dem Jahressteuergesetz 2020 anvisierten Verschärfungen und Modifizierungen der Regelungen zur Marktplatzhaftung führen dazu, dass unter bestimmten Umständen ein Reihengeschäft zwischen dem Schnittstellenbetreiber, dem Online-Händler und dem Endkunden gesetzlich fingiert wird. Während in Teil 1 die Neuerungen ausführlich dargestellt wurden, geht Teil 2 nunmehr auf die daraus resultierenden Konsequenzen ein.
Hintergrund
Für die Betreiber elektronischer Marktplätze sowie die entsprechenden Online-Händler hält das Jahressteuergesetz umfassende Neuerungen bereit: In einem neuen § 3 Abs. 3a UStG-E wird für bestimmte Fälle eine sog. Leistungskommission fingiert, wodurch der Schnittstellenbetreiber so behandelt wird, als hätte er den Gegenstand für sein eigenes Unternehmen erworben und geliefert. Dadurch entsteht ein (fingiertes) Reihengeschäft zwischen Onlinehändler, dem Betreiber der elektronischen Schnittstelle und Endkunde; mit der Folge, dass der elektronische Schnittstellenbetreiber die Steuer schuldet.
Die neue Leistungskommission soll fingiert werden, wenn
- ein Schnittstellenbetreiber Lieferungen eines Gegenstands unterstützt, dessen Beförderung oder Versendung im Gemeinschaftsgebiet beginnt und endet, durch einen nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer an einen Nichtunternehmer (§ 3 Abs. 3a Satz 1 UStG-E).
Liefert beispielsweise ein russischer Unternehmer Gegenstände aus einem in der Europäischen Union liegenden Lager an einen deutschen Privatkunden, so kommt es zur Reihengeschäftsfiktion.
Ebenso kommt es zur Fiktion, wenn
- ein Schnittstellenbetreiber den Fernverkauf von aus dem Drittlandsgebiet eingeführten Gegenständen in Sendungen mit einem Sachwert von höchstens 150 Euro (§ 3 Abs. 3a Satz 2 UStG-E) an einen Erwerber in einem EU-Mitgliedstaat unterstützt.
Verkauft beispielsweise ein russischer Unternehmer über einen deutschen Online-Marktplatz Gegenstände im Wert von höchstens 150 Euro an einen deutschen Privatkunden und versendet diese aus Russland heraus, so kommt es ebenfalls zur Fiktion.
Grundsätzlich sollten die Regelungen zum 01.01.2020 in Kraft treten. Da die Regelungen jedoch Bestandteil des Digitalpakets auf EU-Ebene sind und dieses auf Vorschlag der Europäischen Kommission Corona-bedingt verschoben wurde, werden die Neuregelungen zum 01.07.2021 umgesetzt.
Schnittstellenbetreiber sollten Prozesse nunmehr überprüfen
Bereits im Jahre 2019 waren Online-Marktplätze mit großen Herausforderungen konfrontiert, damit sie den damals eingeführten Vorschriften zur Marktplatzhaftung und den entsprechenden Aufzeichnungspflichten gerecht werden konnten. Ein umfassendes BMF-Schreiben (v. 28.01.2019, III C 5 – S 7420/19/10002 :002) unterstützte dabei und nahm Stellung zu den einzelnen Rechtsfolgen.
Nunmehr sind die Betreiber elektronischer Marktplätze erneut dazu aufgerufen, Anpassungen vorzunehmen und die geplanten Gesetzesvorgaben im Auge zu behalten. Betreiber von elektronischen Markplätzen sollten daher zeitnah ihre Prozesse auf die geplante Neuregelung hin überprüfen und etwaig anpassen. Insbesondere gilt es detailliert zu analysieren, ob man in ein fiktives Reihengeschäft nach § 3 Abs. 3a UStG-E einbezogen ist. Dazu muss stets unterschieden werden zwischen der Lieferung des Schnittstellenbetreibers an den Endkunden einerseits und jener des Online-Händlers an den Schnittstellenbetreiber andererseits. Ferner gilt es abzuklären, ob die Lieferung innerhalb der EU oder aber aus dem Drittland erfolgt, da die Fiktion nur auf bestimmte Sachverhalte beschränkt ist. Die Betreiber elektronischer Schnittstellen schulden in diesen Fällen die Steuer. Entsprechend sollten die jeweiligen Buchhaltungssysteme einer Anpassung unterzogen werden. Gleichzeitig gilt es, die neuen, modifizierten Vorschriften zur Aufzeichnung zu kennen und umzusetzen. Da ein Verstoß als eine Ordnungswidrigkeit nach § 379 AO beurteilt werden kann, sollte diesen gesetzeskonform nachgekommen werden.
Home-Office und Steuer: Bayrisch-hessischer Vorschlag bald mehrheitsfähig?
Die außergewöhnlichen Zeiten der Corona-Pandemie haben innerhalb von wenigen Tagen viele Arbeitnehmer in die Heimarbeit verbannt, wo sie – den aktuellen Entwicklungen nach – auch noch für eine ganze Zeit lang bleiben werden. Bereits frühzeitig stellte sich daher die Frage, ob und inwiefern Kosten der heimischen Arbeit eine steuerliche Berücksichtigung erfahren können. Denn die überwiegende Anzahl der Verbannten verfügt nicht über ein heimisches Arbeitszimmer und erfüllt damit nicht diejenigen Voraussetzungen, welche das Einkommensteuergesetz in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b fordert.
Frühzeitig präsentierten die Bundesländer Bayern und Hessen einen Vorschlag, damit zukünftig mehr Bürgerinnen und Bürger auch ihr Home-Office von der Steuer absetzen können. Weiterlesen
Neue verschärfte Regeln für elektronische Marktplatzbetreiber im Umsatzsteuerrecht (Teil 1)
Bereits seit dem 01.01.2019 können Betreiber eines elektronischen Marktplatzes für die nicht entrichtete Steuer aus der Lieferung anderer Unternehmer, die auf dem bereitgestellten Markplatz rechtlich begründet worden ist, nach § 25e Abs. 1 UStG in Haftung genommen werden. Diese Regelungen sollen nunmehr mit dem Jahressteuergesetz 2020 einer deutlichen Verschärfung unterzogen werden.
Was bedeutet das für die Betreiber? Weiterlesen