Update: Mindeststeuergesetz im parlamentarischen Verfahren – Verbände fordern Nachbesserung

Am 11.10.2023 hat der Bundestag in erster Lesung das sog. Mindeststeuergesetz (BT-Drs. 20/8668) beraten, am 16.10.2023 haben die Wirtschaftsverbände im Rahmen der Expertenanhörung Nachbesserungen gefordert.

Hintergrund

Ich habe im Blog bereits berichtet: Mit der Einführung einer globalen Mindeststeuergesetz soll die Besteuerung großer, international operierender Konzerne, die gern in Steueroasen flüchten, gerechter werden. Der von der Bundesregierung am 11.10.2023 im Bundestag eingebrachte Gesetzentwurf (BT-Drs. 20/8668) enthält deshalb in Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/2523 des Rates vom 15.12.2022 zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für multinationale Unternehmensgruppen und große inländische Gruppen in der Union (ABl. L 328 vom 22. 12.2022, S.1, berichtigt in ABl. L 13 vom 16.1.2023, S.9 – Mindestbesteuerungsrichtlinie – MinBestRL), alle notwendigen Elemente für die Anwendung der Nachversteuerungsvorschriften ab dem 31.12.2023 in einem neu eingeführten Mindeststeuergesetz (MinStG).

Wirtschaftsverbände fordern weitere Verbesserungen am Gesetzentwurf

Im Rahmen der Anhörung am 16.10.2023 diskutierten die Sachverständigen kontrovers vor allem zu der Frage, ob mit der Einführung der Regeln zur globalen Mindeststeuer in Deutschland andere Regeln im Steuerrecht vereinfacht oder abgeschafft werden sollten mit Blick auf die Komplexität des Steuerrechts insgesamt. Insbesondere stelle sich die Frage, ob die bisherige Hinzurechnungsbesteuerung trotz der globalen Mindeststeuer beibehalten werden solle oder künftig entbehrlich sei. Weiterlesen

Wachstumschancengesetz: Wachstum und Spitzengruppe oder Stagnation und Mittelmaß

Die hitzigen Debatten im Bundestag am 13.10.2023 und im Bundesrat am 20.10.2023 zeigen: Das Wachstumschancengesetz wird zum Lackmustest, ob die deutsche Wirtschaft weiterhin in der Stagnation gefangen bleibt oder sich ein mutiges Wachstumssignal für neue internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft durchsetzt.

Hintergrund

Ich hatte bereits im Blog informiert: Mit einem jährlichen Entlastungsvolumen von rund 7 Mrd. Euro bis 2028 plant die Bundesregierung Deutschland auf dem Weg zu einer klimaneutralen Wirtschaft weiter voranzubringen und die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts zu stärken. Eckpunkte sind dabei: Weiterlesen

Tanken mit zu viel Selbstbedienung

Der Missbrauch einer dienstlichen Tankkarte stellt nicht nur eine strafbare Handlung dar, sondern rechtfertigt nach Ansicht des LAG Niedersachen (v. 29.03.2023 – 2 Sa 313/22) auch ohne vorherige Abmahnung eine außerordentliche Kündigung des Arbeitnehmers aus wichtigem Grund.

Worum ging es im Streitfall ?

Der Arbeitnehmer (Kläger) war führender Vertriebsmitarbeiter mit einem Monatseinkommen von mehr als 15.000 Euro brutto monatlich. Er erhielt zusätzlich einen BMW (Diesel) mit einem Tankvolumen von 59 Litern als Dienstwagen. Der Arbeitnehmer erhielt zwei Tankkarten, die er ausschließlich für seinen Dienstwagen nutzen durfte. Der Arbeitnehmer nahm mit den dienstlichen Tankkarten Tank- und Cabrio-Waschvorgänge bei seinen Privatfahrzeugen (Porsche 911 Cabrio mit Superkraftstoff; VW Touareg mit Diesel). Beispielsweise nutzte der Arbeitnehmer die dienstliche Tankkarte auch für eine Cabrio-Pflege an seinem Privatfahrzeugen Porsche 911 Cabrio, ferner betankte er sein Privatfahrzeug VW Touareg mit mehr als 59 Litern. Der Arbeitgeber kündigte deshalb das mit dem Arbeitnehmer bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos ohne vorherige Abmahnung.

Wie haben die Arbeitsgerichte entschieden?

Das ArbG Lingen (v. 13.4.2021 – 1 Ca 343/21) hat die Kündigungsschutzklage des Klägers abgewiesen. Auch das LAG Niedersachsen hat festgestellt, dass die außerordentliche Kündigung wirksam ist. Weiterlesen

Sozialabgaben für Besserverdiener steigen ab 1.1.2024

Die Sozialabgaben für Besserverdiener steigen turnusgemäß ab 1.1.2024. Das beschloss das Bundeskabinett am 11.10.2023, der Bundesrat muss noch zustimmen.

Hintergrund

Mit der Sozialversicherungsrechengrößen-Verordnung werden turnusgemäß zum 1.1. des Folgejahres die maßgeblichen Größen der Sozialversicherung gemäß der Einkommensentwicklung im vergangenen Jahr angepasst. Grundlage für die Anpassung zum 1.1.2024 ist die Lohnentwicklung im Jahr 2022: Diese betrug in den alten Bundesländern 3,93 Prozent, im Bundesgebiet 4,13 Prozent.

Wie verändern sich die Beitragsbemessungsgrenzen ab 1.1.2024?

Die Sozialversicherungsrechengrößen-Verordnung wird auf Vorschlag des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung (BMAS) mit Zustimmung des Bundesrates beschlossen. Am 11.10.2023 hat das Bundeskabinett auf Vorschlag des BMAS jetzt die neue Verordnung ab 1.1.2024 beschlossen: Weiterlesen

Antragsverfahren Energiepreispauschale für Studierende abgelaufen – eine Bilanz

Am 2.10.2023 ist die Antragsfrist für die Beantragung der einmaligen Energiepreispauschale (EEP) für Studierende und Fachschüler abgelaufen. Welches Fazit lässt sich ziehen?

Hintergrund

Um auf die gestiegenen Energie- und Lebenshaltungskosten zu reagieren, hat auf Initiative der Bundesregierung der Bundestag in 2022 das EPPSG beschlossen. Über 3,5 Mio. Studierende und Fachschüler, die am 1.12.2022 an einer deutschen Hoch- oder Fachschule eingeschrieben waren, konnten eine einmalige, steuer- und abgabenfreie Einmalzahlung von 200 Euro beantragen. Das Antragsverfahren war vollständig digitalisiert; über die Antragsvoraussetzungen habe ich im Blog wiederholt berichtet.

Nicht alle Berechtigten haben die Studenten-EEP beantragt

Die Antragsfrist endete nach dem EPPSG an sich am 30.9.2023 – wie die Abgabefrist für die Einkommensteuer 2022 in nicht beratenen Fällen. Da aber an einem Wochenende eine Antragsfrist nicht ablaufen kann, endete die Frist erst mit Ablauf des folgenden Werktages, also mit Ablauf des 2.10.2023. Eine Fristverlängerung ist nicht mehr möglich. Weiterlesen

Kabinettsbeschluss: Vorzeitiges Ende der reduzierten Umsatzsteuer auf Gas

Die vorübergehend reduzierte Umsatzsteuer auf Gas soll vorzeitig ab 1.1.2024 wieder auf 19 Prozent steigen. Das hat das Bundeskabinett am 11.10.2023 beschlossen.

Hintergrund

Ich habe bereits im Blog berichtet: Die Bundesregierung reagierte auf die seit Beginn des Ukrainekrieges massiv gestiegenen Energiekosten mit verschiedenen Entlastungsmaßnahmen, insbesondere dem EWPBG und dem StromPBG. Mit dem „Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz“ (BGBl 2022 I S. 1743) wurde der Umsatzsteuersatz auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz und die Lieferung von Wärme über ein Wärmenetz rückwirkend ab 1.10.2022 bis 31.3.2024 von 19 auf 7 Prozent reduziert; das war Teil des Dritten Entlastungspakets der Bundesregierung. Einzelheiten hat das BMF im Schreiben vom 25.10.2022 (III C 2 – S 7030/22/10016 :005) erläutert.

Bundeskabinett beschließt vorzeitige Rückkehr zum Regelsteuersatz

Auf Vorschlag des Bundesfinanzministers hat die Bundesregierung jetzt am 11.10.2023 die vorzeitige Rückkehr zum Umsatzsteuer-Regelsatz von 19 Prozent auf Gas ab dem 1.1.2024 beschlossen. Weiterlesen

Klagen häufen sich: Ist die neue Grundsteuer verfassungswidrig?

Ab 2025 soll in den Ländern die neue Grundsteuer zur Anwendung kommen, eine der wichtigsten Finanzierungsquellen der Kommunen. Doch schon jetzt rollt auf die Finanzgerichte eine Klagewelle zu. Verstößt auch die reformierte Grundsteuer gegen das Grundgesetz?

Hintergrund

Mit einem jährlichen Aufkommen von rund 14 Mrd. Euro stellt die Grundsteuer (Grundsteuer A für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke; Grundsteuer B für Wohn- und Gewerbegrundstücke) neben der Gewerbesteuer die wichtigste kommunale Steuerquelle dar. Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) im April 2018 entschieden, dass das bisherige Bewertungsrecht verfassungswidrig ist und der Gesetzgeber deshalb bis 31.12.2019 ein neues Gesetz erlassen muss. Für die Umsetzung neuer Bewertungsverfahren wurde eine Übergangsfrist bis Ende 2024 eingeräumt. Den neuen Rechtsrahmen hat der Bund im November 2019 durch eine Änderung des Grundgesetzes (BGBl 2019 I S. 1546) und das neue GrStRefG (BGBl 2019 I S. 1794) geschaffen. Rund 36 Mio. Grundstücke in Deutschland müssen neu bewertet werden. Von der Länderöffnungsklausel in Art. 72 Abs. 3 GG, die den Ländern vom Bundesmodell abweichende Bewertungsregeln erlaubt, haben Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen Gebrauch gemacht, alle anderen Länder wenden das Bundesmodell an.

Finanzgerichtliche Musterverfahren anhängig

Inzwischen haben die Finanzämter Millionen von Bescheiden über den Grundsteuermessbetrag verschickt; hierauf ist zwar keine Zahlung zu leisten, aber er ist für die Grundeigentümer die Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer. Hiergegen setzen sich viele Grundeigentümer schon jetzt zur Wehr, sowohl gegen die Grundstückbewertung nach Ländermodellen als auch nach dem Bundesmodell.

In Baden-Württemberg haben vier Verbände für ihre Mitglieder zwei Musterklagen gegen das ab 2025 in Baden-Württemberg geltende Landesgrundsteuergesetz beim FG Baden-Württemberg eingereicht. Weiterlesen

Reduzierte Umsatzsteuer im Gastgewerbe und kein Ende

Am 21.9.2023 hat der Bundestag die Entfristung der auf sieben Prozent reduzierten Umsatzsteuer im Gastgewerbe ab 1.1.2024 bekräftigt. Am 29.9.2023 hat sich der Bundesrat erneut mit dem Thema befasst: Wann lenkt die Bundesregierung ein?

Hintergrund

Ich habe bereits berichtet:  Die Senkung des Umsatzsteuersatzes für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen mit Ausnahme der Abgabe von Getränken von 19 Prozent auf den ermäßigten Satz von sieben Prozent (§ 12 Abs.2 Nr.15 UstG) war zum 1.7.2020 vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie eingeführt (Corona-Steuerhilfegesetz v. 19.6.2020, BGBl 2020 I S. 1385) und mehrfach verlängert worden, zuletzt bis 31.12.2023.

Das Gastgewerbe wartet händeringend auf eine dauerhafte Entfristung der Umsatzsteuersenkung über den 31.12.2023 hinaus: Zur Wiederherstellung internationaler Wettbewerbsgleichheit, zur Existenzsicherung tausender Gastronomiebetriebe und schließlich zum Schutz der Verbraucher vor Preiserhöhungen in der Gastronomie. Zuletzt sind am 21.9.2023 entsprechende Oppositionsanträge zur dauerhaften Entfristung ohne Erfolg geblieben: der Unionsantrag (BT-Drs.20/5810) wurde mit Regierungsmehrheit abgelehnt, Anträge der Linken (BT-Drs. 20/8409) und der AfD (BT-Drs.20/8416) an die Ausschüsse überwiesen. Die Zeit drängt, denn Gastronomen brauchen Planungssicherheit für 2024 ff. Weiterlesen

Solartankstellenfördertopf nach einem Tag ausgeschöpft – Was läuft da schief?

Das staatliche KfW-Förderprogramm für Solartankstellen in selbstgenutztem Wohneigentum war beim Programmstart am 26.9.2023 am Tagesende bereits ausgeschöpft. Was heißt das für die Zukunft und wie ist das einzuordnen?

Hintergrund

Wer sein Elektroauto mit Solarstrom auflädt, soll dafür einen staatlichen Förderzuschuss für den Kauf und An­schluss von Lade­station, Photo­voltaik­anlage und Solar­strom­speicher bekommen – so der Plan des Bundes. Im KfW-Fördertopf sind hierfür insgesamt 500 Mio. Euro. Es gibt (besser: gab) einen Zuschuss von bis zu 10.200 Euro für Eigentümer von selbstgenutztem Wohneigentum, die ein E-Auto besitzen oder zum Zeitpunkt der Antragstellung bestellt haben. Die Höchstfördersumme erhält nur, wer den Akku seines Fahrzeugs auch zum Entladen freigibt: Der Akku des Fahrzeugs kann so als Reserve dienen, aus der im Bedarfsfall auch Strom zurück ins Netz fließen oder im eigenen Haus anderweitig genutzt werden kann. Erfolgreiche Antragsteller haben für die Umsetzung zwei Jahre Zeit, erst nach erfolgter Umsetzung wird der Förderzuschuss ausgezahlt

Windhundprinzip führt zu Ansturm auf KfW-Förderprogramm

Programmstart war Dienstag, 26.9.2023. Wer zuerst kommt mahlt zuerst, wenn die Mittel ausgeschöpft sind, gibt es keine Förderung. Dieses Windhundprinzip hat zu einer Überlastung des digitalen KfW-Antragsportals geführt, ferner dazu, dass bereits am Abend des ersten Antragstages die Mittel von 300 Mio. Euro für 2023 ausgeschöpft waren. Insgesamt 33.000 Anträge wurden positiv entschieden, teilt die KfW aktuell mit. Dem Vernehmen nach versucht über 190.000 Interessenten, die KfW-Antragsseiten zu erreichen – die meisten ohne Erfolg.

Wie ist das zu einzuordnen und zu bewerten?

Das Interesse an dem neuen Photovoltaik-Förderprogramm war (absehbar) riesig; Weiterlesen

Vorzeitiges Ende der Umsatzsteuersenkung für Gaslieferungen?

Die Ampelregierung ist aktuell uneins über eine vorzeitige Rückkehr zu einer höheren Gas-Mehrwertsteuer. Worum geht es, was spricht dafür und was dagegen? Wird das Heizen im Winter 2023/24 wieder teurer?

Hintergrund

Nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine schnellten die Gaspreise in Deutschland in die Höhe. Die Bundesregierung reagierte hierauf mit verschiedenen Entlastungsmaßnahmen, insbesondere dem EWPBG und dem StromPBG. Mit dem „Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz“ (BGBl 2022 I S. 1743) wurde der Umsatzsteuersatz auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz und die Lieferung von Wärme über ein Wärmenetz rückwirkend ab 1.10.2022 bis 31.3.2024 von 19 auf 7 Prozent reduziert; das war Teil des Dritten Entlastungspakets der Bundesregierung. Einzelheiten hat das BMF in einem Schreiben vom 25.10.2022 (III C 2 – S 7030/22/10016 :005) erläutert. Jetzt will der Bundesfinanzminister die Steuerermäßigung vorzeitig mit Ablauf des 31.12.2023 aufheben, der Umsatzsteuersatz soll wieder auf 19 Prozent angehoben werden; die SPD hat bereits Bedenken geäußert.

Vorzeitiges Ende der Mehrwertsteuersenkung: Welche Mehrkosten wären damit verbunden? Weiterlesen