Bundesverfassungsgericht kippt Umwidmung von Corona-Krediten

Am 15.11.2023 hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Umwidmung von Corona-Krediten für Klimaprojekte im Nachtragshaushalt des Bundes für nichtig erklärt. Welche Bedeutung hat die Entscheidung der obersten Verfassungshüter?

Hintergrund

Im Zuge der Corona-Pandemie hatte die Ampelregierung außerhalb des normalen Bundeshaushalts zur Finanzierung der Pandemie-Folgen zusätzliche Haushaltsmittel in Milliardenhöhe bereitgestellt. Wegen dieser Pandemie-Notkredite wurde damals – rechtmäßig – die Schuldenbremse des Grundgesetzes (GG) ausgesetzt. Mit dem Zweiten Nachtragshaushaltsgesetz 2021 (BGBl 2022 I S. 194 wurden das Gesamtvolumen des Bundeshaushalts 2021 von 547,7 Mrd, Euro auf 572,7 Mrd. Euro und das Volumen des EKF von 42,6 Mrd. Euro auf 102,6 Milliarden Euro erhöht. Nachdem absehbar war, dass diese Mitte nicht vollständig für die Finanzierung der Pandemie-Folgen benötigt werden, hat die Bundesregierung in 2022 60 Mrd. Euro im Bundeshaushalt des Vorjahres umgewidmet für Klimaprojekte und Ansiedlung von Zukunftstechnologien im inzwischen sog. Klima- und Transformationsfonds (ursprünglich Energie- und Klimafonds – EKF), der der Umstrukturierung hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft dienen soll.

BVerfG erklärt Umwidmung für nichtig

Am 15.11.2023 hat das BVerfG (2 BvF 1/22) das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 (BGBl 2022 I S.194) aus drei Gründen für nichtig erklärt: Weiterlesen

Unter Dach und Fach: Bundestag beschließt Mindeststeuergesetz

Mit den Änderungsvorschlägen des BT-Finanzausschusses hat der Bundestag am 10.11.2023 das Mindeststeuerrichtlinie-Umsetzungsgesetz beschlossen und damit die EU-Richtlinie fristgerecht umgesetzt.

Hintergrund

Ich habe mehrfach im Blog berichtet: Die Verschiebung von Gewinnen großer Konzernunternehmen in sog. Steueroasen waren den betroffenen Staaten schon seit Längerem ein Dorn im Auge. Deswegen hat sich die internationale Staatengemeinschaft auf Eckpunkte einer Mindestbesteuerung verständigt. Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022 / 2523 des Rates zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung und weiterer Begleitmaßnahmen kommt der Bundestag seiner europarechtlichen Umsetzungsverpflichtung nach. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drs.20/8668) war vom Bundesrat begrüßt worden.

Bundestag beschließt Gesetz mit Änderungen

Der federführende Finanzausschuss hat allerdings im Gesetzgebungsverfahren noch Änderungen empfohlen (BT-Drs. 20/9190), denen der Bundestag in seinem Beschluss vom 10.11.2023 nun gefolgt ist. Weiterlesen

Schrumpfende Wirtschaft, steigende Zinslasten und rückläufiges Steueraufkommen – Naht das Ende großzügiger Ausgabenpolitik?

Rückläufiges Wirtschaftsaufkommen, hohe Inflation und sinkende Steuereinnahmen – die fetten Jahre sind vorbei. Kann sich der Staat noch eine großzügige Ausgabenpolitik leisten?

Hintergrund

Sogar noch während der Corona-Pandemie stand die deutsche Wachstumsampel auf Grün: Überproportionale Steuereinnahmen, eine geringe Inflation bei Niedrigzinsen und ein dickes Auftragspolster der deutschen Wirtschaft begünstigten diese Entwicklung. Doch dann wurden Lieferketten unterbrochen, der russische Angriffskrieg in der Ukraine ab Februar 2022 mit stark steigenden Energie- und Stromkosten führte zu einem dramatischen Einbruch, dessen Ende noch immer nicht absehbar ist – im Gegenteil. Weiterlesen

Bundesregierung einigt sich auf Strompreisentlastungen für die Industrie

Lange Zeit hat die Bundesregierung darum gerungen, wie der Industriestrompreis günstiger werden kann, weil große Industriekonzerne andernfalls abzuwandern drohen. Jetzt hat sich die Bundesregierung auf ein Konzept geeinigt.

Hintergrund

Seit Monaten herrschte innerhalb der Koalition Streit über Pläne für einen staatlich subventionierten Strompreis. Die Finanzierungspläne sahen dabei vor, die Finanzierung aus dem Klima – und Transformationsfonds darzustellen. Grüne und SPD-Bundestagfraktion waren für einen Industriestrompreis, FDP und der Bundeskanzler dagegen. Auch Unternehmensverbände und Gewerkschaften hatte eine unterschiedliche Sichtweise hinsichtlich eines staatlich regulierten Industriestrompreises. Jetzt steht die politische Einigung im Regierungslager.

Eckpunkte des Industriestrompreiskonzeptes

Am 9.11.2023 hat sich die Bundesregierung darauf verständigt, die Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß zu senken und den Selbstbehalt bei der Strompreiskompensation zu streichen. Damit ist die Debatte um die Einführung eines Industriestrompreises in Deutschland beendet. Die Eckpunkte der Einigung sind folgende: Weiterlesen

Arbeit auf Abruf – Aufgepasst bei fehlender Arbeitszeitvereinbarung!

Vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer Arbeit auf Abruf, legen aber die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht fest, gilt grundsätzlich nach § 12 Abs. 1 S. 3 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) eine Arbeitszeit von 20 Stunden wöchentlich als vereinbart. Dies hat das BAG ganz aktuell entschieden (BAG v. 18.10.2023 – 5 AZR 22/23). Das kann für Arbeitnehmer nachteilig sein.

Worum ging es im Streitfall?

Die Klägerin war seit 2009 bei einem Unternehmen der Druckindustrie als „Abrufkraft Helferin Einlage“ beschäftigt. Der Arbeitsvertrag enthielt keine Regelung zur Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit. Die Klägerin wurde – wie die übrigen auf Abruf beschäftigten Arbeitnehmerinnen – nach Bedarf in unterschiedlichem zeitlichem Umfang zur Arbeit herangezogen. Nachdem sich der Umfang des Abrufs ihrer Arbeitsleistung ab dem Jahr 2020 im Vergleich zu den unmittelbar vorangegangenen Jahren verringerte, meinte die Klägerin, ihre Arbeitsleistung sei in den Jahren 2017 bis 2019 nach ihrer Berechnung von der Beklagten in einem zeitlichen Umfang von durchschnittlich 103,2 Stunden monatlich abgerufen worden. Eine ergänzende Vertragsauslegung ergebe, dass dies die nunmehr geschuldete und von der Beklagten zu vergütende Arbeitszeit sei. Soweit der Abruf ihrer Arbeitsleistung in den Jahren 2020 und 2021 diesen Umfang nicht erreichte, verlangte sie Vergütung wegen Annahmeverzugs, § 615 S. 1 BGB. Die Klage blieb im Kern vor dem BAG erfolglos.

Wie hat das BAG entschieden? Weiterlesen

Fachkräftebedarf und kein Ende – Schaffen neue Zugangsregeln zum Arbeitsmarkt endlich Abhilfe?

Am 1.11.2023 sind erste Teile des neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetzes in Kraft getreten, zusätzlich sollen Asylbewerber und Migranten künftig schneller Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt erhalten. Ein aktueller Überblick.

Hintergrund

Der Fachkräftemangel ist nach wie vor ein Kernproblem der Wachstumsschwäche der deutschen Wirtschaft. Offene Stellen können immer seltener mit geeigneten Fachkräften besetzt werden. Nach einer aktuellen Studie des Instituts für Arbeitsmarkt-Berufsforschung (IAB) haben fast 50 Prozent der Unternehmen in der ersten Hälfte des Jahres 2022 nicht besetzen können. Damit ist der Fachkräftebedarf so hoch wie seit fast zehn Jahren nicht mehr. Die Beschäftigung ausländischer Zuwanderer wird immer dringlicher. Nach dem Beschluss des Bundestages vom 21.6.2023 (BT-Drs. 20/650020/694620/7293) hat das Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung am 7.7.2023 auch den Bundesrat (BR-Drs. 289/23 (B) passiert.

Erste Teile des neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetzes in Kraft

Am 1.11.2023 sind erste Teile des neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetzes in Kraft getreten, das auf drei Säulen basiert:

  • Qualifikation: Menschen mit einem Abschluss sollen zukünftig jede qualifizierte Beschäftigungsart ausüben dürfen.
  • Erfahrung: Personen, die in ihrem Herkunftsland einen staatlich anerkannten Berufsabschluss und mindestens zwei Jahre Berufserfahrung haben, sollen die Möglichkeit haben, als Arbeitskraft nach Deutschland einzuwandern – auch, wenn der Berufsabschluss in Deutschland nicht anerkannt ist.
  • Potenzial: Mit der neuen Chancenkarte bekommen Fachkräfte die Möglichkeit, sich in Deutschland auf Arbeitssuche zu begeben. Die Karte basiert auf einem Punktesystem, das Qualifikation, Berufserfahrung, Sprachkenntnisse (Deutsch und Englisch), Alter, den Bezug zu Deutschland sowie mitziehende Partner berücksichtigt.

Es gilt seit 1.11.2023 Folgendes:

  • Deutlich mehr Menschen bekommen die Möglichkeit, den Aufenthaltstitel „Blaue Karte EU“ zu erhalten. Dazu zählen etwa Berufseinsteiger, die innerhalb der letzten drei Jahre einen Hochschulabschluss absolviert haben und in Deutschland eine Beschäftigung mit einem Mindestgehalt von 45,3 Prozent der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung finden. Diese lag im Jahr 2023 bei 39.682,80 Euro.
  • IT-Spezialisten mit drei Jahren Berufserfahrung können den Aufenthaltstitel auch ohne Hochschulabschluss erhalten.
  • Die Liste der Engpassberufe wird großzügig erweitert. Während bislang Berufe in Bereichen wie Informatik, Naturwissenschaften und Humanmedizin zu diesen zählten, können nun auch Fachkräfte aus vielen anderen Branchen die „Blaue Karte EU“ erhalten. Dazu zählen etwa Führungskräfte aus Bau, Bergbau oder Logistik. Auch in Bereichen wie Informations- und Kommunikationstechnologie, Kinderbetreuung, Gesundheitswesen, Veterinärmedizin, Zahnmedizin und Apotheken werden die Richtlinien gelockert.
  • Mobilität: Wer im Besitz einer „Blauen Karte EU“ ist, die von einem anderen EU-Mitgliedstaat ausgestellt wurde, darf für 90 Tage nach Deutschland einreisen – wenn der Aufenthalt im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit steht.
  • Berufskraftfahrer aus Drittstaaten wird der Zugang zum Arbeitsmarkt deutlich vereinfacht. So entfällt etwa die bislang geltende Voraussetzung von vorhandenen Deutschkenntnissen.
  • Angehörigen von Inhabern einer „Blauen Karte EU“ wird der Nachzug vereinfacht.

Arbeitsmarktzugang für Asylbewerber und Geduldete soll erleichtert werden

Am 1.11.2023 hat das Bundeskabinett die Formulierungshilfe für einen Gesetzentwurf beschlossen, nach dem Asylbewerber und Ausländer, die über eine Duldung verfügen, künftig schneller Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten sollen:

  • Geduldeten – also aktuell rund 280.000 Menschen, die zwar ausreisepflichtig sind, aber nicht abgeschoben werden können – soll im Regelfall eine Beschäftigungserlaubnis erteilt werden.
  • Das Arbeitsverbot für Geflüchtete/Asylbewerber, die in Erstaufnahmeeinrichtungen für Alleinstehende leben, soll bereits nach sechs Monaten entfallen. Bisher galt das Verbot für neun Monate. Bewerber aus sog. sicheren Herkunftsländern, die „offensichtlich unbegründete“ Asylanträge gestellt oder ihre Identitätsklärung verweigert haben, sollen von den jetzt auf den Weg gebrachten Erleichterungen allerdings nicht profitieren können.
  • Die Stichtagsregelung für die sogenannte Beschäftigungsduldung soll geändert werden. Bisher kann diese Möglichkeit nur nutzen, wer vor dem 1.8.2018 nach Deutschland gekommen ist. Künftig sollen alle, die bis Ende 2022 nach Deutschland eingereist sind, diese Chance auf eine langfristige Bleibeperspektive nutzen können.

Ausblick

Arbeitgeber suchen händeringend nach Arbeitskräften, die der deutsche Arbeitsmarkt allein nicht mehr hergibt. Wer zuwandert und arbeitet, zahlt Steuern, belastet bei eigenem Einkommen nicht die Sozialsysteme und leistet einen Beitrag zu neuem Wirtschaftswachstum. Deshalb sind die neuen Regeln im Grundsatz richtig, auch wenn sie bei Bedarf nachjustiert werden müssen.

Interessenvertretung erschwert: Lobbyregistergesetz wird verschärft

Das Lobbyregistergesetz wird nach dem Beschluss des Bundestages vom 19.10.2023 ab 1.1.2024 verschärft. Wird bei der Transparenz politische Interessenvertretung „das Kind mit dem Bade ausgeschüttet“?

Hintergrund

Mit Gesetz vom 16.4.2021 (BGBl 2021 I S. 818) hat der Bund mit Wirkung ab 1.1.2022 die Transparenz der politischen Lobbyarbeit von Organisationen, Einrichtungen und weiteren Lobbyisten gegenüber Bundestag und Bundesregierung gesetzlich geregelt. Das Lobbyregister ermöglicht es, Strukturen der Einflussnahme durch Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter auf den politischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozess transparent nachzuvollziehen. Es soll dazu beitragen, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Politik und die Legitimität der Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse von Parlament und Regierung zu stärken. Die Öffentlichkeit kann das gemeinsame Register von Deutschem Bundestag und Bundesregierung unter www.bundestag.de/lobbyregister öffentlich einsehen. Auf Basis erster Praxiserfahrungen soll das LobbyregisterG jetzt verschärft werden.

Wesentlicher Inhalt der beschlossenen „Nachschärfung“

Der Bundestag hat am 19.10.2023 mit Regierungsmehrheit eine „Nachschärfung“ des aktuellen Gesetzes beschlossen. Änderungsanträge der Oppositionsfraktionen blieben ohne Erfolg. Jetzt sollen Anwendungsbereich und die Offenlegungspflichten im Lobbyregistergesetz „im Interesse einer transparenten Staatstätigkeit“ ausgeweitet werden. Dazu sollen die Registereinträge und die Gegenstände der Einflussnahme aussagekräftiger und der Anwendungsbereich „maßvoll“ erweitert werden.

Der wesentliche Inhalt der „Nachschärfung“ sieht im Kern Folgendes vor:

Kontakte zu Ministerien sollen künftig schon ab Referatsleiterebene einbezogen werden. Darüber hinaus soll angegeben werden, auf welche Gesetzes- oder Verordnungsvorhaben sich die Interessenvertretung bezieht. Stellungnahmen und Gutachten von grundsätzlicher Bedeutung für die Interessenvertretung sollen unter Angabe des Zeitpunkts, der betroffenen Interessen- und Vorhabenbereiche und einer abstrakten Adressatenbezeichnung hochgeladen werden müssen.

Hauptfinanzierungsquellen und Mitgliedsbeiträge sollen künftig angegeben werden müssen. Entfallen soll die Option, Finanzangaben zu verweigern.  Spendenfinanzierte Organisationen durch eine Fokussierung auf Pflichtangaben zu wesentlichen Finanzierungsquellen entlastet werden. Eine Namensangabe soll ausnahmslos zwingend erforderlich sein bei Schenkungen oder sonstigen Zuwendungen zu Lebzeiten, wenn diese den Gesamtwert von 10.000 Euro sowie zehn Prozent der Gesamtsumme der Schenkungen und sonstigen Zuwendungen im jeweiligen Geschäftsjahr übersteigen.

Bei der Interessenvertretung durch Dritte soll mehr Transparenz geschaffen werden. Beim Wechsel von Mandats- und Amtsträgern in Tätigkeiten der Interessenvertretung („Drehtüreffekt“) müssen künftig aktuelle und frühere Ämter und Mandate offengelegt werden.

Erste Bewertung

Wenn sich andernorts alle Parteien im Bundestag für einen spürbaren Bürokratieabbau auf allen Ebenen stark machen, muss man sich schon frage, ob die Ampelregierung mit der Verschärfung des LobbyRG, die sie verniedlichend als „Nachschärfung“ bezeichnet, nicht über das Ziel hinausschießt und „das Kind mit dem Bade ausschüttet“. Ob die weitergehenden ab 1.1.2024 geltenden Anforderungen wirklich entscheidend mehr Transparenz für die Öffentlichkeit in Sachen Lobbyismus schaffen, darf bezweifelt werden. Es vielmehr ein noch stärkerer Aufwuchs von Bürokratie zu befürchten. Dieser wird begleitet von zusätzlichen immensen Kosten, die die Bundesregierung auf Verwaltungsseite für angepasste IT-Strukturen mit rund 2,5 Mio Euro einmaligen Sachaufwand und jährlichen Personalaufwand von 200.000 Euro, für die Wirtschaft mit rund 310.000 Euro beziffert.

Wenn die Politik die Daumenschrauben für Politikberatung auf solche Weise anzieht, muss man sich nicht wundern, wenn künftig mancher Rat ausbleibt.

Weitere Informationen:

Lobbyregistergesetz v. 16.4.2021, BGBl 2021 I S. 818
Gesetzentwurf der Bundesregierung
BT-Drs. 20/7346

BT-Drs. 20/8828
Lobbyregister Bundestag

 

Antragsportal für die Schlussabrechnung der Corona-Hilfen weiterhin temporär geöffnet – Nachfrist bis 31.1.2024

Die Einreichung der Schlussabrechnung der Corona-Wirtschaftshilfen durch prüfende Dritte bleibt innerhalb einer Nachfrist bis 31.1.2024 weiterhin möglich. Dies teilt das BMWK aktuell auf seinen Internetseiten mit.

Hintergrund

Die Anträge auf Überbrückungshilfen sowie November- und Dezemberhilfen, die über einen prüfenden Dritten eingereicht wurden, wurden häufig auf Basis von Umsatzprognosen und prognostizierten Kosten bewilligt. Auf Grundlage der tatsächlichen Umsatzzahlen und Fixkosten erfolgt eine Schlussabrechnung durch eine prüfende Dritte oder einen prüfenden Dritten. Nach Prüfung durch die Bewilligungsstelle wird im Schlussbescheid eine endgültige Förderhöhe mitgeteilt. Das kann je nach gewählten Programmen zu einer Bestätigung der erhaltenen Mittel oder zu einer Nach- oder Rückzahlung führen. Die Schlussabrechnung ist zwingend; erfolgt sie nicht, sind erhaltene Fördermittel in voller Höhe zurück zu zahlen.

BMWK gewährt Nachfrist bis 31.1.2024

Die Einreichungsfrist der Schlussabrechnung der Corona-Hilfen endete (eigentlich) am 31.10.2023. Sofern noch keine Schlussabrechnung eingereicht worden ist, ist dies schnellstmöglich nachzuholen. Für prüfende Dritte steht das digitale Antragsportal innerhalb einer Nachfrist bis zum 31.1.2024 für Einreichungen zur Verfügung. Im Einzelfall kann bis dahin eine Verlängerung der Schlussabrechnung über prüfende Dritte bis zum 31.3.2024 beantragt werden. Dieses Entgegenkommen des BMWK ist zu begrüßen, weil es die Angehörigen der steuerberatenden Berufe angesichts der Flut von Schlussabrechnungsverfahren wenigstens ein Stück weit entlastet.

Was Bewilligungsempfänger noch beachten sollten Weiterlesen

Bürokratieabbau: Einigkeit über die Uneinigkeit im Bundestag

Am 21.10.2023 haben die Unionsfraktionen einen (weiteren) Antrag zum Bürokratieabbau im Bundestag eingebracht; die Ampelregierung verweist auf ihre Ankündigung für das größte Bürokratieentlastungspaket in der Geschichte der Bundesrepublik. Wann aber liefert die Politik endlich Konkretes?

Hintergrund

Ordnungsrechtliche Anzeige- und Genehmigungserfordernisse, Handels- und steuerrechtliche Dokumentations-, Anzeige- und Aufbewahrungspflichten: Im Urteil der deutschen Unternehmen stellen neben dem Fachkräftemangel, dem zwischenzeitlichen Energiepreisanstieg vor allem die Bürokratiekostenbelastung eines der größten Wachstumshemmnisse dar. Von 2005 bis 2021 gab es drei Mittelstandsentlastungsgesetze, jetzt sollen endlich weitere Entlastungen folgen.

Viel Aktionismus, wenig Konkretes bislang im Bundestag

„Überbordende Bürokratie, Regelungssucht und mangelnde Flexibilität gefährden nicht nur den Wirtschafts- und Innovationsstandort Deutschland, sondern auch das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Handlungs- und Leistungsfähigkeit unseres Staates“, heißt es zur Begründung im jüngsten CDU-/CSU-Antrag (BT-Drs. 20/8856), mit dem die Union eine umfassende „Agenda für Bürokratieabbau und bessere Rechtssetzung“ fordert. Diese Überzeugung wird niemand in Frage stellen, auch nicht im Bundestag. Aber was konkret fordert die Union? Folgende Eckpunkte lassen sich ausmachen:

  • Die Forderung nach einer „selbstbeschränkenden Bürokratiebremse“, „die eine sofortige Rücknahme neuer gesetzlicher oder untergesetzlicher Bürokratiebelastungen bewirkt, wenn eine bestimmte Bürokratiequote überschritten wird“.
  • Die „One in, one out“-Regelung soll zu einer „One in, two out“-Regelung werden, „die künftig auch den einmaligen Erfüllungsaufwand (Umstellungsaufwand) berücksichtigt und nicht durch Ausnahmen, etwa bei der Anwendung und Umsetzung von Europarecht, ausgehöhlt wird“. Die Regelung besagt, dass bei Neuregelungen, die zu einer Erhöhung des laufenden Erfüllungsaufwand führen, zeitnah dafür Sorge getragen werden muss, dass dieser Aufwand wieder reduziert wird.
  • Bei europarechtlichen Vorgaben verlangt die Union ein „klares Bekenntnis zur 1:1 Umsetzung“, zudem soll sich die Bundesregierung nach Willen der Abgeordneten auf EU-Ebene für ein „Bürokratiestopp und Belastungsmoratorium“ einsetzen.
  • Auf institutioneller Ebene wird vorgeschlagen, im Bundestag einen Ausschuss für Bürokratieabbau und Gesetzesevaluierung als ständigen Ausschuss einzusetzen.

Aber ist das für Bürger und Wirtschaft alles „anfassbar“, ist das ausreichend konkret? Von 2005 bis 2021 hat es die damalige Bundesregierung immerhin geschafft, drei Mittelstandsentlastungsgesetze (MEG I-III) auf den Weg zu bringen, die mit dem Abbau von Anzeige- und Dokumentationspflichten, Anhebung von Schwellenwerten im Steuerrecht und weiteren ganz konkreten Maßnahmen zu einem Entlastungsvolumen in Milliardenhöhe für die Wirtschaft geführt haben.

Wann endlich kommt das BEG IV?

Die Regierungsampel will ihre Ankündigung aus dem Koalitionsvertrag für einen spürbaren Bürokratieabbau auch zeitnah umsetzen. Mehr als ein „Eckpunktepapier“ des federführenden Bundesjustizministeriums (BMJ) hat das Kabinett seit dem 30.8.2023 aber auch noch nicht vorgestellt, obwohl ein konkreter Referentenentwurf „noch in diesem Jahr“ vorliegen soll. Das Vorhaben ist ambitioniert und soll den Bürokratiekostenbelastungsindex auf den niedrigsten Stand seit seiner Einführung reduzieren. „Nicht an den Worten, sondern an den Taten sollt ihr sie messen“ – wir warten also gespannt, wann den Worten Taten folgen.

Weitere Informationen:

NWB Online-Nachricht: Gesetzgebung | Eckpunkte für ein Bürokratieentlastungsgesetz beschlossen

CDU-/CSU-Antrag BT-Drs.20/8856

Update: Mindeststeuergesetz im parlamentarischen Verfahren – Verbände fordern Nachbesserung

Am 11.10.2023 hat der Bundestag in erster Lesung das sog. Mindeststeuergesetz (BT-Drs. 20/8668) beraten, am 16.10.2023 haben die Wirtschaftsverbände im Rahmen der Expertenanhörung Nachbesserungen gefordert.

Hintergrund

Ich habe im Blog bereits berichtet: Mit der Einführung einer globalen Mindeststeuergesetz soll die Besteuerung großer, international operierender Konzerne, die gern in Steueroasen flüchten, gerechter werden. Der von der Bundesregierung am 11.10.2023 im Bundestag eingebrachte Gesetzentwurf (BT-Drs. 20/8668) enthält deshalb in Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/2523 des Rates vom 15.12.2022 zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für multinationale Unternehmensgruppen und große inländische Gruppen in der Union (ABl. L 328 vom 22. 12.2022, S.1, berichtigt in ABl. L 13 vom 16.1.2023, S.9 – Mindestbesteuerungsrichtlinie – MinBestRL), alle notwendigen Elemente für die Anwendung der Nachversteuerungsvorschriften ab dem 31.12.2023 in einem neu eingeführten Mindeststeuergesetz (MinStG).

Wirtschaftsverbände fordern weitere Verbesserungen am Gesetzentwurf

Im Rahmen der Anhörung am 16.10.2023 diskutierten die Sachverständigen kontrovers vor allem zu der Frage, ob mit der Einführung der Regeln zur globalen Mindeststeuer in Deutschland andere Regeln im Steuerrecht vereinfacht oder abgeschafft werden sollten mit Blick auf die Komplexität des Steuerrechts insgesamt. Insbesondere stelle sich die Frage, ob die bisherige Hinzurechnungsbesteuerung trotz der globalen Mindeststeuer beibehalten werden solle oder künftig entbehrlich sei. Weiterlesen