Neuigkeiten vom Solidaritätszuschlag

Mit einem aktuellen, am 2.11.2023 veröffentlichten BFH-Urteil (v. 26.9.2023 – IX R 9/23) ist abermals der Versuch gescheitert, die Klärung der Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags (Soli) ab 2020 ein weiteres Mal dem BVerfG zuzuführen. Was bedeutet das für Steuerzahler?

Aktuelle BFH-Rechtsprechung

Streitig war im aktuellen Streitfall, ob die Erhebung des Solidaritätszuschlags im Jahr 2020 und ab dem Jahr 2021 gegen Verfassungsrecht verstößt. Das FG der ersten Instanz hatte die Klage, mit der sich die Kläger gegen vorläufig ergangene Vorauszahlungsbescheide zum Solidaritätszuschlag wehren, als unbegründet abgewiesen (FG Baden-Württemberg, Urteil v. 16.5.2022 – 10 K 1693/21). Der BFH geht jetzt in seinem Urteil vom 26.9.2023 (IX R 9/23) noch einen Schritt weiter: Er hält die Klage mit Rücksicht auf das anhängige BVerfG- Verfahren (2 BvR 1505/20) bereits für unzulässig, weil wegen des Vorläufigkeitsvermerks im angefochtenen Steuerbescheid (§ 165 Abs.1 S. 2 Nr.3 AO) das Rechtsschutzbedürfnis fehle; in eine Sachprüfung ist der BFH diesmal also erst gar nicht eingestiegen. Das Verfahren 2 BvR 1505/20 war unter Berufung auf Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 106 GG; Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG aus der Mitte des Bundestages gegen die Fortgeltung des Soli ab 2020 eingeleitet worden.

Der BFH hält den „Soli“ auch in der ab 2020 geltenden Fassung nicht für verfassungswidrig (BFH v. 17.1.2023 – IX R 15/20), ich habe dazu Anfang des Jahres im Blog berichtet. Erst nach 30 Jahren bestehe eine Überprüfungspflicht des Gesetzgebers, meint der BFH: Das würde bedeuten, dass erst für den VZ 2025 eine Neubewertung des Gesetzgebers zu überprüfen wäre.

Ausblick

Was bedeutet das aktuelle Urteil nun für Steuerzahler, die den Soli unverändert zahlen müssen? Weiterlesen

Rolle rückwärts – Energiepreisbremsen werden doch nicht verlängert

Erst am 16.11.2023 hat der Bundestag der Preisbremsenverlängerungsverordnung (PBVV) der Bundesregierung zugestimmt, mit der die Energiepreisbremsen bis 31.3.2024 verlängert werden sollten. Aber noch vor deren Verkündung hat jetzt der Bundesfinanzminister mitgeteilt, dass aus der Verlängerung nichts wird. Was bedeutet das?

Hintergrund

Mit dem Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz – EWPBG (BGBl 2022 I S. 2560) und dem Strompreisbremsegesetz – StromPBG (BGBl 2022 I S. 2512) hat der Bund ab Januar 2023 (weitere) Entlastungen bei Erdgas, Fernwärme und Strom auf den Weg gebracht (Jahn, NWB 2022, 3736). Gas-/Wärme- bzw. Strompreisbremse gelten im Zeitraum vom 1.3.2023 bis 31.12.2023. Am 16.11.2023 hat der Bundestag der Verordnung der Bundesregierung zur Verlängerung der Energiepreisbremsen Preisbremsenverlängerungsverordnung  (BT-Drs. 20/9062, BT-Drs.20/9243 Nr. 2.3) mit Änderungen zugestimmt.

Danach werden die zum Jahresende auslaufenden Preisbremsen für Strom, Gas und Wärme um vier Monate bis 31.3.2024 verlängert, und nicht wie zunächst vorgesehen bis 30.4.2024 (Jahn, NWB 2023 S. 3123); ferner wird die Differenzpreisanpassungsverordnung (DABV v. 17.3.2023, BGBl 2023 I Nr.81) bis 31.3.2024 verlängert.

Aus der Verlängerung der Energiepreisbremsen wird nun nichts: Am 24.11.2023 hat Bundesfinanzminister Lindner mitgeteilt, dass die Preisbremsen nicht verlängert werden, die Förderung also am 31.12.2023 ausläuft.

Warum wird jetzt doch auf die Verlängerung der Energiepreisbremsen verzichtet? Weiterlesen

Fast and furios 3: Bundesrat verweist Wachstumschancengesetz in den Vermittlungsausschuss

Es war zu befürchten: Der Ausschussempfehlung folgend hat der Bundesrat am 24.11.2023 dem Wachstumschancengesetz der Bundesregierung die Zustimmung verweigert und den Vermittlungsausschuss (Art. 77 Abs. 2 GG) angerufen.

Hintergrund

Ziel des vom Bundestag am 17.11.2023 verabschiedeten sog. Wachstumschancengesetzes (BT-Drs.20/8626; 20/9006) ist es, die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland zu stärken. Eine Investitionsprämie als zentrales Element, eine Verbesserung der steuerlichen Forschungsförderung und Vereinfachungen im Steuersystem sollen die Transformation der Wirtschaft fördern und die Standortbedingungen mit steuerlichen Anreizen für Investitionen in saubere und klimafreundliche Technologien verbessern. Ich habe im Blog mehrfach berichtet.

Bundesrat ruft Vermittlungsausschuss an

Das Wachstumschancengesetz muss jetzt nach dem BR-Beschluss v. 24.11.2023 (BR-Drs.588/1/23)  im Vermittlungsausschuss nachverhandelt werden. Die Länder kritisieren, dass der Bundestagsbeschluss die zahlreichen Änderungsvorschläge des Bundesrates aus dessen ausführlicher Stellungnahme im ersten Durchgang (BR-Drs. 433/23) zum zugrundeliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung nur punktuell übernommen hat. Auch aufgrund der vielen kurzfristigen Ergänzungen im Bundestagsverfahren bestehe Überarbeitungsbedarf.

Wie ist das zu bewerten? Weiterlesen

Scheitert das Wachstumschancengesetz im Bundesrat?

Am 24.11.2023 soll der Bundesrat dem Wachstumschancengesetz abschließend zustimmen, doch ein Teil der Fachausschüsse empfehlen dem Bundesrat, die Zustimmung zu verweigern, wenigstens aber den Vermittlungsausschuss anzurufen. Droht der Ampelregierung das nächste parlamentarische Desaster?

Hintergrund

Am 17.11.2023 hat der Bundestag in zweiter und dritter Lesung das sog. Wachstumschancengesetz beschlossen (BT-Drs. 20/8626; BT-Drs. 20/9006). Ziel des Gesetzes ist, die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland zu stärken. Der Bundesrat hatte sich bereits am 29.9.2023 mit dem Gesetzentwurf der Ampelregierung befasst und dabei über 50 konkrete Änderungsvorschläge gemacht, von denen aber nur wenige Eingang in das finale Gesetz gefunden haben. Wegen Eilbedürftigkeit nach dem Bundestagsbeschluss vom 17.11.2023 hat der Bundesrat auf die Einhaltung der sonst üblichen dreiwöchigen Beratungsfrist verzichtet.

Ausschüsse im Bundesrat äußern Bedenken

Das Gesetz bedarf zwingend der Zustimmung des Bundesrates, andernfalls kann es nicht in Kraft treten. Weiterlesen

Update Bundeshaushalt 2024: Sondersitzung des Haushaltsausschusses kurzfristig abgesagt – Der Zeitplan kommt ins Rutschen

Die für den 23.11.2023 geplante Sondersitzung des Haushaltsauschusses des Bundestages wurde am 22.11.2023 kurzfristig abgesagt. Was bedeutet das für den ausstehenden Bundeshaushalt 2024?

Hintergrund

Art. 110 des Grundgesetzes (GG) sieht vor, dass der Deutsche Bundestag das Budgetrecht hat und den Haushaltsplan festlegt, in dem sämtliche Ausgaben des Bundes offengelegt werden müssen. Die Entwürfe der Einzelpläne für den Bundeshaushalt 2024 hatte der Bundestag in erster Lesung im September 2023 beraten. Danach gingen die Einzelpläne zur „Feinjustierung“ in die Ausschüsse. Korrekturen berät der Haushaltsausschuss des Bundestages in einer sog. „Bereinigungssitzung“, seine Vorschläge werden dann abschließend im Plenum des Bundestages verhandelt und abgestimmt. Der Haushaltsausschuss hat am 17.11.2023 in den frühen Stunden die Bereinigungssitzung zum Bundeshaushalt 2024 beendet, jedoch keinen Beschluss über das Haushaltsgesetz sowie über das Haushaltsfinanzierungsgesetz gefasst.

Es gab zahlreiche Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen zu den Einzelplänen, vor allem standen die Einzelpläne 32 (Bundesschuld) und 60 (Allgemeine Finanzverwaltung) noch offen. Damit standen auch die Eckdaten des Haushalts 2024 noch nicht fest. Deshalb sollte eine erneute Bereinigungssitzung am 23.11.2023 stattfinden – die nun abgesagt wurde.

Überraschende (?) Absage der Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses

Die Absage der Sondersitzung kommt eigentlich nicht mehr überraschend. Das BVerfG (15.11.2023 – 2 BvF 1/22) hatte den Nachtragsetat, der eine Verschiebung von pandemiebedingten Kreditermächtigungen in Höhe von 60 Mrd. Euro in den Klima- und Transformationsfonds vorsah, für verfassungswidrig und nichtig erklärt (ich hatte hierzu im Blog berichtet). Die Entscheidung hat wesentliche Konsequenzen für die Finanzplanung der Bundesregierung und könnte zudem grundsätzliche Wirkungen etwa für den Umgang mit Sondervermögen des Bundes bedeuten. Die Union hatte deshalb erklärt, dass aufgrund dieser möglichen Folgen der Haushaltsentwurf nicht verabschiedungsreif sei, es bestünden zudem verfassungsrechtliche Risiken. Weiterlesen

Haushaltskrise nach dem BVerfG-Urteil – Ist der Bundeshaushalt 2024 wirklich beschlussfähig?

Am 21.11.2023 findet eine Sachverständigenanhörung zu den Auswirkungen des BVerfG-Urteils vom 15.11.2023 (2 BvF 1/22) auf die Haushaltsplanung 2024 statt, ab dem 28.11.2023 will der Bundestag die Einzelhaushaltspläne und das das Haushaltsfinanzierungsgesetz 2024 verabschieden. Aber: Ist der Bundeshaushalt 2024 wirklich beschlussreif?

Hintergrund

Es war ein Erdbeben: Am 15.11.2023 hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Umwidmung von Corona-Krediten für Klimaprojekte im Nachtragshaushaltsgesetz des Bundes für 2021 für nichtig erklärt. Die Folge: Der Umfang des durch Umwidmung entstandenen Klima- und Technologiefonds (KTF) um 60 Milliarden Euro reduziert. Soweit hierdurch bereits eingegangene Verpflichtungen nicht mehr bedient werden können, muss der Haushaltsgesetzgeber dies anderweitig kompensieren. Inzwischen hat die Bundesregierung deshalb auch deshalb die Haushaltssperre dem Vernehmen auf nahezu den gesamten Bundeshaushalt 2023 ausgeweitet: Bestehende Verbindlichkeiten werden zwar weiter eingehalten, neue Verpflichtungen dürfen aber nicht eingegangen werden.

Bundeshaushalt 2024 in der Klemme

Da der Bundeshaushalt 2024 auf dem Bundeshaushalt 2023 aufbaut, muss der Bundestag jetzt auch die komplexen haushaltsrechtlichen und finanzverfassungsrechtlichen Probleme lösen, die sich nach dem BVerfG-Verdikt auch für den Haushalt 2024 stellen. In der Expertenanhörung am 21.11.2022 hat etwa der Bundesrechnungshof (BRH) massive Bedenken gegen eine Verabschiedung formuliert, Verfassungsjuristen und Ökonomen haben ähnlich argumentiert. Fest steht jedenfalls, dass eine faktisch unbegrenzte Weiternutzung von notlagenbedingten Kreditermächtigungen in nachfolgenden Haushaltsjahren ohne Anrechnung auf die „Schuldenbremse“ bei gleichzeitiger Anrechnung als „Schulden“ im Haushaltsjahr unzulässig.

Welche Optionen für einen verfassungskonformen Haushalt bestehen also? Weiterlesen

Uneinigkeit der BFH-Senate: Bestehen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Säumniszuschläge?

Mit einem am 2.11.2023 veröffentlichten Beschluss (BFH v. 16.10.2023 – V B 49/22 (AdV)) rückt der V. BFH-Senat von seiner bisherigen Ansicht ab und hat keine ernstlichen Zweifel mehr an der Verfassungsmäßigkeit verwirkter Säumniszuschläge, auch soweit diese nach dem 31.12.2018 entstanden sind. Der VIII. Senat (v. 22.9.2023 – VIII B 64/22 (AdV)) ist aber anderer Ansicht. Was ist bei so viel Uneinigkeit zu tun?

Hintergrund

Säumniszuschläge sind vom Steuerpflichtigen zusätzlich zur Steuer zu entrichtende steuerliche Nebenleistungen (§ 3 Abs. 4 AO), wenn der Steuerpflichtige eine festgesetzte bzw. angemeldete Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet (§ 240 Abs. 1 S. 1 AO). Sie sind ein Druckmittel zur Durchsetzung fälliger Steuern. Sie dienen dazu, den Steuerpflichtigen zur pünktlichen Zahlung anzuhalten. Sie stellen darüber hinaus eine Gegenleistung für das Hinausschieben der Zahlung und einen Ausgleich für angefallenen Verwaltungsaufwand dar. Seit der Entscheidung des BVerfG v. 8.7.2021 (1 BvR 2237/14; 2422/17) zur Verfassungswidrigkeit der Finanzamtszinsen (§233a; 238 AO) wird auch die Angemessenheit von Säumniszuschlägen in Zweifel gezogen.

Divergierende BFH-Entscheidungen häufen sich

Inzwischen gibt es in der jüngsten Vergangenheit mehrere divergierende BFH-Entscheidungen in Aussetzungsverfahren zum Säumniszuschlag.

Der VIII. Senat des BFH hat mit Beschluss vom 22.9.2023 (VIII B 64/22 (AdV)) noch ernstliche verfassungsrechtliche Zweifel an der Höhe der Säumniszuschläge, die nach dem 31.12.2018 entstanden sind, bejaht und daher die Aussetzung der Vollziehung von Säumniszuschlägen gewährt. Bis dahin sah das auch der V. BFH-Senat so (BFH vom 23.5.2022 V B 4/22 (AdV)).

In zwei Hauptsacheverfahren hat der VII.Senat verfassungsrechtliche Zweifel an der Höhe des Säumniszuschlags verneint (BFH v. 23.8.2022 – VII R 21/21 und BFH v. 15.11.2022 – VII R 55/20). Am 26.10.2023 und 2.11.2023 wurden jetzt neue Entscheidungen des X. und V. BFH-Senats veröffentlicht, in denen verfassungsrechtliche Zweifel ab 2019 nunmehr verneint werden (BFH v. 13.9.2023 – X B 52/23 (AdV); BFH v. 16.10.2023 V B 49/22 (AdV)).

Der V. Senat des BFH macht eine Rolle rückwärts und verabschiedet sich von seinen Zweifeln, die er am 23.5.2022 noch geäußert hat. Er begründet das – im Anschluss an den VII.BFH-Senat – insbesondere damit, dass die Abschöpfung von Liquiditätsvorteilen nicht Haupt-, sondern nur Nebenzweck sei (BFHE 278, 403, BStBl II 2023, 621, Rz 23 und BFHE 278, 1, BStBl II 2023, 304, Rz 32 f.), und sich beim Säumniszuschlag kein konkreter Anteil bestimmen lasse, der als Zins behandelt werden könne. Das gelte – und das ist neu -auch um Säumniszuschläge für Entstehungszeiträume nach dem 31.12.2018.

Was sollten Steuerpflichtige in dieser Situation tun?

Bei einer derart divergierenden „summarischen Beurteilung“ der Rechtslage liegen  „ernstliche Zweifel“ iSd. § 69 Abs. 3 Satz 1 iVm. Abs. 2 Satz 2 FGO für eine Aussetzung der Vollziehung eigentlich auf der Hand. Dass die Mehrheit der BFH-Senate bislang dennoch die Aussetzung der Vollziehung versagt, ist in der Praxis kaum vermittelbar und klingt wenig einleuchtend.

Was sollten betroffene Steuerpflichtige bzw. deren steuerlichen Berater in dieser Unsicherheit also tun? Entsprechende Verfahren und Abrechnungsbescheide über Säumniszuschläge sind nach Möglichkeit offenzuhalten, bis die angesprochenen Rechtsfragen endgültig geklärt ist. Die Erfolgsaussichten für Anträge auf Aussetzung der Vollziehung sollte der BFH einheitlich beantworten – notfalls durch ein Machtwort des Großen Senats.

 

Bundestag beschließt Maßnahmen zur Dämpfung der Energiekosten

Der Bundestag auf Vorschlag der Bundesregierung weitere Maßnahmen zur Dämpfung der Energiekosten für Wirtschaft und Bürger beschlossen, allerdings nach den Ausschussberatungen mit einigen Modifikationen. Die Fachverbände üben Kritik.

Hintergrund

Mit dem Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz – EWPBG (BGBl 2022 I S. 2560) und dem Strompreisbremsengesetz – StromPBG (BGBl 2022 I S. 2512) hat der Bund ab Januar 2023 weitere Entlastungen bei Erdgas, Fernwärme und Strom auf den Weg gebracht (Jahn, NWB 2022, 3736). Gas-/Wärme- bzw. Strompreisbremse gelten im Zeitraum vom 1.3.2023 bis Jahresende. Hinzu kamen weitere Entlastungsmaßnahmen mit der Differenzpreisanpassungsverordnung (DABV), einer wesentlichen Stellschraube der Preisentwicklung an den Energiemärkten, oder der reduzierten Senkung der Umsatzsteuer auf Gaslieferungen.

Verkürzte Verlängerung der Energiepreisbremsen und Verlängerung der Differenzpreisanpassungsverordnung bis Ende März 2024

Am 16.11.2023 hat der Bundestag der Verordnung der Bundesregierung zur Verlängerung der Energiepreisbremsen – Preisbremsenverlängerungs-Verordnung (PBVV/BT-Drs. 20/9062, BT-Drs. 20/9243 Nr. 2.3) mit Änderungen zugestimmt. Danach werden die zum Jahresende auslaufenden Preisbremsen für Strom, Gas und Wärme um vier Monate bis 31.3.2024 verlängert, und nicht wie zunächst vorgesehen bis 30.4.2024 (Jahn, NWB 2023 S. 3123); ferner wird die Differenzpreisanpassungsverordnung (DABV v. 17.3.2023, BGBl 2023 I Nr.81) bis 31.3.2024 verlängert. Dazu hat der Ausschuss für Klimaschutz und Energie eine Beschlussempfehlung (BT Drs.20/9346) und der Haushaltsausschuss gem. § 96 der GeschO einen Bericht zur Finanzierbarkeit (BT-Drs. 20/9370) vorgelegt. In den Ausschussberatungen wurde deutlich, dass ein zeitlicher Gleichlauf der Preisbremsen zum Entwurf der Verlängerung des Temporary Crisis and Transition Framework (TCTF) der EU angezeigt ist und auch die DABV verlängert werden muss. Die Änderungen beinhalten die Verlängerung der Energiepreisbremsen sowie zusätzlich der DABV bis zum 31.3.2024. Zudem soll die Strompreisbremse nicht für Letztverbraucher verlängert werden, soweit dieser Strom an einen Dritten weiterleitet.

Zum Verständnis: Nach § 48 Abs. 2 Strompreisbremsegesetz (StromPBG) sowie nach § 39 Abs. 3 Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz (EWPBG) bedürfen die aufgrund des § 48 Abs. 2 StromPBG bzw. § 39 Abs. 1 und 2 EWPBG erlassenen Rechtsverordnungen der Zustimmung des Bundestages. Der Bundestag kann seine Zustimmung davon abhängig machen, dass seine Änderungswünsche übernommen werden. Übernimmt der Verordnungsgeber die Änderungen, ist eine erneute Beschlussfassung durch den Bundestag nicht erforderlich. Die Verordnung soll am Tag nach der Verkündung in Kraft treten, steht aber unter dem beihilferechtlichen Vorbehalt, dass die EU-Kommission die erforderliche Genehmigung erteilt, die vom BMWK im Bundesgesetzblatt bekannt zu machen ist.

Abgesenkte Umsatzsteuer auf Gas bis Ende Februar 2024

Die abgesenkte Mehrwertsteuer für Gas und Wärme soll nun doch bis Ende Februar (29.2.2024) gelten und nicht schon – wie von der Bundesregierung vorgeschlagen – am 31.12.2023 auslaufen. Nach einem Beschluss des Bundeskabinetts v. 11.10.2023 sollte die Rückkehr zum Umsatzsteuer-Regelsatz von 19 % auf Gas  bereits ab dem 1.1.2024 erfolgen, also drei Monate früher als im Gesetz (§ 28 Abs. 5, 6 UStG i. d. F. des StSenkG v. 19.10.2022) bislang vorgesehen. Die um zwei Monate verlängerte Frist zur Rückkehr von 7% auf 19% Umsatzsteuer geht aus einer Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zum Wachstumschancengesetz (BT-Drs. 20 /9341, S. 125) hervor, über das der Bundestag am 17.11.2023 beschlossen hat.

Berechtigte Verbändekritik der Energie- und Kommunalversorger

Die Verbände der Energiewirtschaft und Kommunalversorger haben die „in letzter Sekunde“ erfolgten Fristenänderungen kritisiert: So verständlich und sinnvoll es sei, die Umsatzsteuersenkung auf Gas und Wärme nicht – wie zwischenzeitlich geplant – bereits zum 1.1.2024 zu erhöhen, so unverständlich sei, dass deren Laufzeit nicht an die der Energiepreisbremsen angepasst wurde, sondern einen Monat früher enden soll. „Die Vorschläge mit zwei Umstellungsterminen im Vier-Wochen-Abstand machen das Ganze zusätzlich und unnötig kompliziert und für die Verbraucherinnen und Verbraucher wenig nachvollziehbar: Steuern erhöhen, weil die Krise vorbei sei und gleichzeitig Preisbremsen verlängern, weil die Krise noch anhalte – das widerspricht sich.“ Dies erhöhe den Aufwand bei Abrechnungen. Diese Kritik ist plausibel und nachvollziehbar.

(Stand 17.11.2023 – 12.30 Uhr)

Weitere Informationen:

Warten auf´s Christkind ohne happy end: Mehrwertsteuer in der Gastronomie steigt wieder auf 19 Prozent

Die Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie wird zu Jahresbeginn wieder auf 19 Prozent angehoben. Darauf verständigte sich die Ampel-Koalition. Der Kampf der Verbände war umsonst. Was hat das für Folgen?

Hintergrund

Ich hatte wiederholt im Blog berichtet: Um die Gastronomie während der Corona-Krise zu entlasten, war der Steuerersatz durch das Corona-Steuerhilfegesetz (BGBl 2020 I S. 1385) auch für Speisen in Restaurants und Cafés vorübergehend von 19 auf 7 Prozent gesenkt worden. Die Regelung wurde wegen der Energiekrise mehrmals verlängert, zuletzt bis 31.12.2023. Im Bundestag gab es zahlreiche Initiativen der Opposition, die Mehrsteuersenkung auf Speisen dauerhaft zu entfristen oder wenigstens um ein weiteres Jahr zu verlängern. Daraus wird jetzt nichts: Die Umsatzsteuer auf Dienstleistungen und Speisen wird ab 1.1.2024 wieder auf den Regelsteuersatz steigen.

Warum hat sich die Regierungsmehrheit den Senkungsplänen widersetzt? Weiterlesen

Wie geht’s mit dem Deutschlandticket weiter?

Am 6.11.2023 haben sich Bund und Länder darauf verständigt, das sog. Deutschlandticket im kommenden Jahr beizubehalten. Die finanzielle Zukunft des Deutschlandtickets ist damit gesichert – aber nur vorerst.

Hintergrund

Das Deutschlandticket gilt ab 1.5.2023 zum Einführungspreis von 49 Euro im monatlichen kündbaren digitalen Abonnement. Ziel ist es, die Attraktivität des Regionalverkehrs zu steigern, einen Anreiz zum Umstieg auf den ÖPNV zu schaffen, Energie zu sparen – und Bürgerinnen und Bürger finanziell zu entlasten. Mit dem Ticket im monatlich kündbaren Abo kann man bundesweit im Nah- und Regionalverkehr fahren. Im Jahr 2023 trägt der Bund die Hälfte der Mehrkosten, die den Ländern durch das neue Ticket entstehen. In einer Bundesrats-Entschließung vom 31.3.2023 (BR-Drs.109/1/23) haben die Länder bereits auf die Notwendigkeit hingewiesen, die Finanzierung dauerhaft zu sichern. Der Bund müsse auch in den Jahren 2024 und 2025 einen mindestens hälftigen Nachschuss leisten, sofern die tatsächlichen Kosten des Deutschlandtickets höher ausfallen als vom Bund angenommen. Seitdem wird gestritten: Um`s Geld!

Beschluss der MPK vom 6.11.2023

In der Konferenz der Ministerpräsidenten der Länder mit dem Bundeskanzler (MPK) wurde jetzt eine vorläufige finanzielle Einigung erzielt – aber nur für 2024. Bund und Länder zahlen jeweils 1,5 Mrd. Euro für die Jahre 2023 und 2024. Mittel für das Ticket, die in 2023 nicht abgerufen werden, sollen 2024 zur Finanzierung eingesetzt werden können, um die Einnahmeausfälle der Verkehrsunternehmen zu kompensieren. Die Verkehrsminister von Bund und Ländern sollen ein Konzept erarbeiten, wie das Deutschlandticket künftig ausgestaltet sein soll. Damit soll vermieden werden, dass Bund und Länder über ihre bisherigen Finanzierungszusagen hinaus Geld nachschießen müssen. Bund und Länder wollen sich über einen Mechanismus einigen, um den Ticketpreis fortzuschreiben. Weiterlesen