Fremdüblichkeit im Umsatzsteuerrecht

Im Verhältnis zwischen nahen Angehörigen ist eine unternehmerische Tätigkeit nicht bereits deshalb zu verneinen, weil Vereinbarungen über Leistung und Gegenleistung nicht vertragsgemäß vollzogen werden oder nicht dem entsprechen, was unter Fremden üblich ist, so der Beschluss des BFH vom 04.12.2019 (V R 31/18).

Der Streitfall

Der Kläger stellte im Dezember 2012 seine Ehefrau als geringfügig Beschäftigte ein. Sie arbeitete für ihn als Büro-, Organisations- und Kurierkraft. Beide vereinbarten eine wöchentliche Arbeitszeit von 9 Stunden. Als Vergütung erhielt sie monatlich 400 Euro sowie einen Pkw. Dieser wurde ihr unbeschränkt und selbstbeteiligungsfrei auch zur privaten Nutzung überlassen. Den Sachbezugswert für die Kfz-Nutzung ermittelte der Kläger nach der 1 %-Regelung.

Das Finanzamt erkannte das Arbeitsverhältnis im Zuge einer Außenprüfung steuerlich nicht an. Weiterlesen

Erbschaft- und Schenkungsteuer: Maßgebende Steuerklasse beim Erwerb vom biologischen Vater

Erbt ein Kind von seinem biologischen Vater, findet auf das Erbe nicht die für Kinder günstige Steuerklasse I Anwendung, sondern es wird nach der Steuerklasse III besteuert, so das Urteil des BFH vom 05.12.2019 (II R 5/17). Dies gilt auch, wenn der biologische Vater zu Lebzeiten eine Schenkung an sein Kind macht. Weiterlesen

Keine Neuberechnung des Rentenfreibetrags bei regulärer Rentenanpassung an das Westniveau

Mit der „normalen“ Erhöhung der Renten erfolgt auch eine Angleichung der Renten im Beitrittsgebiet an das Westniveau. Diese führt nicht zur Neuberechnung des Rentenfreibetrags. Hierin liegt keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung zwischen den neuen und alten Bundesländern vor, so das Urteil des BFH vom 03.12.2019 – X R 12/18.

Der Streitfall

Der Kläger und seine verstorbene Ehefrau bezogen Altersrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die sich nach dem aktuellen Rentenwert (Ost) berechneten. Der Kläger war der Ansicht, dass die Anpassung des allgemeinen Rentenwertes (Ost) an das Westniveau zu einer Erhöhung des Rentenfreibetrages führen müsse, da er ansonsten zu niedrig sei. Einspruch und Klage hiergegen blieben ohne Erfolg. Weiterlesen

Externe Datenschutzbeauftragte sind gewerbliche Unternehmer

Ein externer Datenschutzbeauftragter ist gewerblicher Unternehmer. Es liegt keine freiberufliche Tätigkeit i.S.d. § 18 Abs. 1 EStG vor, auch wenn der Datenschutzbeauftragte zugleich Rechtsanwalt ist, so das Urteil des BFH vom 14.01.2020 (VIII R 27/17). Der externe Datenschutzbeauftragte ist daher gewerbesteuerpflichtig und auch buchführungspflichtig.

Der Streitfall

Der Kläger war als selbständiger Rechtsanwalt im Bereich des IT-Rechts tätig. Daneben arbeitete er für verschiedene größere Unternehmen als externer Datenschutzbeauftragter. Das Finanzamt sah diese Tätigkeit als gewerblich an und setzte Gewerbesteuer fest. Es forderte den Kläger zudem als gewerblichen Unternehmer gem. § 141 AO auf, ab dem Folgejahr Bücher zu führen und Abschlüsse zu machen. Der hiergegen gerichtete Einspruch des Klägers blieb ebenso wie die nachfolgende Klage vor dem Finanzgericht ohne Erfolg. Weiterlesen

Zeitpunkt der Steuerentstehung bei „Sale-and-lease-back“

Besteht die Leistung in der Mitwirkung an einer bilanziellen Gestaltung als zeitlich begrenzter Dauerleistung, wird die Leistung erst mit der Beendigung der dieser Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse erbracht, so das Urteil des BFH vom 27.11.2019 (V R 25/18).

Der Streitfall

Im Streitfall wurde eine GbR im Jahr 2006 mit dem Zweck gegründet, elektronische Informationssysteme einer ganz bestimmten Firma zu erwerben und sofort an diese zurück zu verleasen. Die Klägerin kaufte auch noch im Jahr 2006 das Informationssystem zu einem Gesamtkaufpreis von 960.000 € zuzüglich 153.600 € Umsatzsteuer.

Zugleich gewährte die Verkäuferin der Klägerin ein mit 4,5 % jährlich zu verzinsendes Darlehen in Höhe von 640.000 € für einen Zeitraum von 48 Monaten. Die Informationssysteme waren im Betrieb eines Dritten aufgestellt. Anstelle der Übergabe trat die Verkäuferin der Klägerin ihren Herausgabeanspruch ab.

Die GbR nahm an, sie habe eine umsatzsteuerpflichtige Leasing-Leistung erbracht. Das Finanzamt vertrat dagegen die Auffassung, hier läge eine nach § 4 Nr. 8 a UStG steuerfreie Kreditgewährungen vor. Es versagte den Vorsteuerabzug. Weiterlesen

Kurzzeitige Zwischenvermietung im Veräußerungsjahr begründet keinen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn nach § 23 EStG

Verkauft der Steuerpflichtige eine von Beginn an zu eigenen Wohnzwecken genutzte Immobilie, muss er den Veräußerungsgewinn auch dann nicht versteuern, wenn er die Wohnung im Jahr der Veräußerung kurzzeitig vermietet hatte, so das Urteil des BFH vom 03.09.2019 – IX R 10/19.

Der Streitfall

Der Kläger hatte 2006 eine Eigentumswohnung erworben, die er bis zu seinem Auszug im April 2014 durchgehend zu eigenen Wohnzwecken nutzte und im Dezember 2014 verkaufte. Von Mai 2014 bis zur Veräußerung im Dezember 2014 vermietete er die Wohnung. Das Finanzamt ermittelte aus der Veräußerung einen steuerpflichtigen Gewinn i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG.

Das Urteil des BFH

Der BFH gab dem Kläger Recht: Die „Zwischenvermietung“ von Mai 2014 bis Dezember 2014 ist unschädlich. In diesem Fall lag somit kein steuerbares Veräußerungsgeschäft vor. Der Kläger nutzte die Wohnung schließlich in den Jahren 2012, 2013 und im Zeitraum von Januar bis April 2014 durchgehend zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Damit seien die Voraussetzungen für die Anwendung der Ausnahmevorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 2. Alternative EStG erfüllt, so der BFH.

Zu den sonstigen Einkünften zählen u.a. solche aus der Veräußerung von Wohnimmobilien, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt (§§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG). Ausgenommen von der Besteuerung sind gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG Wohnungen, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung entweder ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken (1. Alternative) oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken (2. Alternative) genutzt wurden, wie hier im Streitfall.

Die Steuerfreiheit tritt daher u.a. schon dann ein, wenn – wie in der 2. Alternative – vor der Veräußerung eine zusammenhängende Nutzung zu eigenen Wohnzwecken von einem Jahr und zwei Tagen liegt. Im mittleren Kalenderjahr muss sich die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken auf das gesamte Jahr erstrecken, während die Wohnnutzung im zweiten Jahr vor der Veräußerung und im Veräußerungsjahr nur jeweils einen Tag zu umfassen braucht.

Weitere Informationen:

BFH-Urteil vom 03.09.2018 – IX R 10/19

Corona-Virus: ALG II auch für Selbständige

Hilfsbedürftige Selbständige können einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II haben. Empfänger von ALG II dürfen also auch selbstständig tätig sein. Unter welchen Voraussetzungen können sie einen Antrag stellen, was ist zu beachten?

Wer ist hilfsbedürftig?

Auch hilfsbedürftige Selbstständige fallen in den Anwendungsbereich des SGB II. Somit dürfen Empfänger von Hartz IV durchaus gewerblich oder freiberuflich tätig sein. Dies ist sogar ausdrücklich erwünscht, da eine (Neben-)Tätigkeit erfahrungsgemäß die Chance der vollständigen Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt erhöht. Im SGB II gibt es keine Arbeitszeit-Obergrenze.

Welche Einkünfte werden angerechnet?

Einkünfte ab 100 Euro mindern den Hartz-4-Anspruch. Beim Verrechnen höherer Beträge wird nicht zwischen Angestellten und Selbstständigen unterschieden. Informieren Sie sich über Vermögen und Freibeträge. Weiterlesen

Corona-Krise: Beiträge zur Künstlersozialkasse prüfen!

In den vergangenen Tagen ist viel über steuerliche Erleichterungen berichtet worden. Es ist aber auch wichtig, im Bereich der Kranken- und Pflegeversicherung seine Beiträge prüfen und anpassen zu lassen. Besonderheiten gibt es hier für Künstler und Abgabeverpflichtete Unternehmen, die Beiträge zur Künstlersozialkasse zahlen.

Maßnahmen für versicherte Künstler

Abgesagte Veranstaltungen, stornierte Aufträge, zurückgegebene Tickets: Versicherte und Abgabeverpflichtete haben aufgrund der Corona-Pandemie mit Einnahmeausfällen zu kämpfen. Dies hat bereits jetzt erhebliche Auswirkungen für die Betroffenen. Versicherte sollten daher nicht nur ihre Steuervorauszahlungen anpassen lassen, sondern auch ihre Versicherungsbeiträge überprüfen. Auch im Bereich der Kranken- und Pflegeversicherung können Beitragssenkungen die Liquidität entlasten.Im Hinblick auf die Künstlersozialversicherung gibt es hier einiges zu beachten. Weiterlesen

Coronavirus – Erste-Hilfe-Maßnahmen im Steuerrecht

Abgesagte Veranstaltungen, Reisebeschränkungen, einbrechende Börsen – die Auswirkungen des Coronavirus treffen auch viele Unternehmen. Welche Maßnahmen können Unternehmen kurzfristig helfen, bis bundesweite Maßnahmen beschlossen sind?

Safety first

Auch Unternehmen sollten Vorsorge treffen, um die wirtschaftlichen Folgen von Umsatz- und Gewinnrückgängen zu mildern und Liquiditätsengpässen vorzubeugen. Unternehmen, die wegen des Coronavirus in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, können zur Entlastung verschiedene steuerliche Hilfsangebote der Finanzämter nutzen.

Erste-Hilfe-Maßnahmen

Um Liquiditätsengpässe zu vermeiden können kleine, erste Maßnahmen zu einer steuerlichen Entlastung beitragen, wie zum Beispiel: Weiterlesen

BVerfG: Keine Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen nach dem Grundgesetz

Aus der in Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ergibt sich kein Recht darauf, dass ein Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt wird. Die Verfassungsbeschwerde einer Gewerkschaft und einer durch Tarifvertrag eingerichteten Sozialkasse wurden daher nicht zur Entscheidung angenommen, so der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 10.01.2020 (1 BvR 4/17).

Sachverhalt

Nach dem Tarifvertragsgesetz (TVG) können Tarifverträge durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) für allgemeinverbindlich erklärt werden. Sie gelten dann nicht nur für die Tarifvertragsparteien und ihre Mitglieder, sondern auch darüber hinaus. Weiterlesen