Harald Elster (StB/WP) ist seit Juni 2013 Präsident des Deutschen Steuerberaterverbands e.V (DStV). Elster zeigt in dem Interview auf, welche Folgen Steuerskandale für die steuerberatenden und wirtschaftsprüfenden Berufe haben könnten.
Herr Elster, Schlagzeilen über Steuervermeidungsstrategien à la Apple oder Gestaltungsmodelle wie Cum/Ex waren in den vergangenen Monaten ständige Begleiter der Tagespresse. Welche Verantwortung tragen die steuerberatenden und wirtschaftsprüfenden Berufe an diesen Fehlentwicklungen?
Meines Erachtens keine. Es ist zwar absolut verständlich, dass bei solchen Schlagzeilen der Unmut der ehrlichen Steuerbürger wächst. Die angesprochenen Steuersparmodelle beeinträchtigen in nicht hinnehmbarer Weise die Gleichmäßigkeit der Besteuerung. Es darf einfach nicht sein, dass Unternehmen mittels Steuervermeidungsstrategien unlautere Wettbewerbsvorteile erlangen.
Aber man muss schon genauer hinschauen, wer in die Modelle involviert war. Wenn nämlich die gesamte Beraterschaft an den Pranger gestellt wird, vergisst man einen ganz wesentlichen Punkt. Über 99 % der steuerberatenden und wirtschaftsprüfenden Berufe sowie der Steuerpflichtigen sind überhaupt nicht in solch kritische Modelle involviert. Eine Diskriminierung dieser Berufe halte ich daher für völlig verfehlt. Der Steuerberater ist schließlich ein unabhängiges Organ der Steuerrechtspflege und steht unter der Aufsicht seiner Kammer. Er ist für ein funktionierendes System der Steuererhebung und damit für die Gewährleistung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung unentbehrlich.
In der politischen Diskussion steht die Einführung einer Anzeigepflicht für Steuergestaltungsmodelle. Wie stehen Sie zu diesem Vorhaben?
Seit knapp über einem Jahr diskutieren die Finanzministerien von Bund und Ländern die Ausgestaltung einer Anzeigepflicht für Steuergestaltungen. Sie soll legale Gestaltungen aufdecken, damit der Gesetzgeber die unerwünschten gesetzlichen Lücken frühzeitig schließen kann. Im September hat der Bundesrat zum wiederholten Male die Einführung einer solchen Pflicht gefordert. Seit Juni liegt zusätzlich ein Richtlinienentwurf der EU-Kommission zur Meldepflicht für grenzüberschreitende legale Steuergestaltungen auf dem Tisch. Der Rat der Europäischen Union will seine Erörterungen bis Ende des Jahres abschließen. Sie sehen, an allen Ecken und Enden wird mit Hochdruck an einer Lösung gearbeitet.
Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. hat sich bereits frühzeitig in die Diskussion eingeschaltet, um für verhältnismäßige Regelungen zu werben. Wir haben Gespräche mit den Finanzministerien der maßgeblichen Bundesländer geführt. Gleichfalls standen wir mit dem Bundesfinanzministerium und mit Abgeordneten der Koalitionsfraktionen in einem regen Austausch. Unsere Bemühungen führten zu der Erkenntnis, dass eine exzessive Anzeigepflicht auch dem Gesetzgeber nicht hilft. Schließlich müssen alle eingehenden Meldungen durch eine zentrale Stelle, bspw. das BZSt, zunächst fachlich ausgewertet werden. Danach ist der Gesetzgeber gefordert, gegebenenfalls neue Gesetzesvorschriften auf den Weg zu bringen, was Zeit erfordert. Weiterlesen