Das Jahressteuergesetz 2020 und die Anwendungszeitpunkte – da zerlegt es selbst den Finanzausschuss

Zum Jahreswechsel 2020/2021 hat uns der Gesetzgeber mit dem Jahressteuergesetz 2020 „beglückt“. In diesem Blog, aber natürlich auch in den verschiedenen Fachzeitschriften, sind viele der Neuerungen vorgestellt worden. Alle Änderungen in der Praxis zu „verarbeiten“, ist schon schwierig genug. Den erstmaligen Anwendungszeitpunkt der jeweiligen Änderung herauszufinden ist aber erst recht mühsam. Der Gesetzgeber hat es geschafft, in einem einzigen Gesetz die Anwendungszeitpunkte 1.1.2020, 1.1.2021, 1.7.2021, 1.1.2022 und „mit Verkündung des Gesetzes“ unterzubringen. Möglicherweise sind es noch mehr – ich weiß es nicht.

Jedenfalls stelle ich fest, dass es mich derzeit bei der Feststellung des richtigen bzw. erstmaligen Anwendungszeitpunktes „zerreißt“. Und selbst die erfahrensten Kolleginnen und Kollegen und auch die Mitglieder des Finanzausschusses werden dem Geschehen nicht mehr Herr. Eine kleine Kostprobe: Weiterlesen

Instandhaltungsrücklage unterliegt der Grunderwerbsteuer

Jahrelang galt der Grundsatz, dass beim Kauf einer Eigentumswohnung das „miterworbene“ Guthaben aus einer Instandhaltungsrücklage nicht der Grunderwerbsteuer unterliegt. Maßgebend war unter anderem das BFH Urteil v. 09.10.1991 – II R 20/89. Im Jahre 2017 hat das FG Köln allerdings mit diesem Grundsatz gebrochen. Danach ist die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage bei Erwerb von Teileigentum nicht um ein übernommenes Guthaben aus einer Instandhaltungsrücklage zu mindern (Urteil vom 17.10.2017, 5 K 2297/16). Der BFH hat dieses Urteil nun bestätigt (BFH-Urteil vom 16.9.2020, II R 49/17).

Auf den ersten Blick verwundert es ein wenig, dass der BFH sein Urteil nicht mit „Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung“ kennzeichnet. Doch bei näherer Betrachtung musste er dies auch nicht, denn die eingangs erwähnte Entscheidung aus 1991 erging vor der Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes im Jahre 2007. Weiterlesen

Paukenschlag des Hessischen FG: Jobticket steuerfrei trotz Gehaltsumwandlung!

Nach § 3 Nr. 15 EStG sind so genannte Jobtickets lohnsteuerfrei, wenn sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden. Genau genommen lautet es in der Vorschrift: Steuerfrei sind Zuschüsse des Arbeitgebers, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr (ohne Luftverkehr) zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 sowie für Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr gezahlt werden …“.

Werden das Jobticket oder der Zuschuss nicht „on top“ gewährt, sondern im Rahmen einer Gehaltsumwandlung, so ist der Vorteil grundsätzlich steuerpflichtig. Dann kann der Arbeitgeber aber wählen zwischen einem Pauschalsteuersatz von 15 Prozent mit Anrechnung auf die Entfernungspauschale oder einem Pauschalsteuersatz von 25 Prozent ohne Minderung der Entfernungspauschale.

Soeben hat das FG Hessen eine Entscheidung bekannt gegeben, die das Erfordernis der Gehaltsumwandlung plötzlich in einem ganz anderen Licht erscheinen lässt.

Danach gilt: Weiterlesen

Fondsbesteuerung: Keine Vorabpauschale für 2022

Anfang 2018 sind neue Regeln zur Besteuerung von Investmentfonds in Kraft getreten. Man kann sich darüber streiten, ob die Fondsbesteuerung seitdem einfacher geworden ist. Jedenfalls sieht das Gesetz bei thesaurierenden Fonds so genannte Vorabpauschalen vor, die nach einem bestimmten System zu besteuern sind.

Das heißt: Bei thesaurierenden und teilweise thesaurierenden Fonds müssen Anleger jedes Jahr einen Mindestbetrag versteuern. Oder anders ausgedrückt: Wenn die Ausschüttungen niedriger sind als die Marktverzinsung, ist dies ein Zeichen, dass der Fonds Erträge thesauriert hat. Um Steuerstundungseffekte zu verhindern, muss eine Vorabpauschale versteuert werden. Weiterlesen

Umsatzsteuer: Fitnessstudios in Corona-Zeiten

Die Betreiber von Fitnessstudios sind in der Corona-Pandemie besonders gebeutelt. Auch die besten Hygienekonzepte konnten die Schließung der Studios nicht verhindern. Nunmehr ist ein Erlass des FinMin Schleswig-Holstein zu der Frage bekannt geworden, inwieweit Gutschriften und Gutscheine im Zusammenhang mit den Corona bedingten Schließzeiten umsatzsteuerlich zu behandeln sind. Da ein gleich lautender Erlass auch aus Nordrhein-Westfalen bekannt ist, darf davon ausgegangen werden, dass die Haltung bundesweit abgestimmt ist (FinMin Schleswig-Holstein vom 3.12.2020, VI 3510 – S 7100 -759, NWB BAAAH-68044).  Danach gilt: Weiterlesen

Bezüge aus öffentlichen Mitteln für Jugendbetreuung: Steuerfreiheit selbst bei „hohen“ Einnahmen?

Bezüge aus öffentlichen Mitteln, die als Beihilfe zu dem Zweck bewilligt werden, die Erziehung oder Ausbildung unmittelbar zu fördern, sind nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei. Allerdings gibt es seit einiger Zeit Streit über die Frage, ob die Steuerfreiheit auch dann zu gewähren ist, wenn die Pflegeleistungen (nahezu) erwerbsmäßig erbracht werden und wann überhaupt förderungswürdige Betreuungsleistungen vorliegen.

Hier zwei Urteile aus der jüngeren Vergangenheit: Weiterlesen

Der Traum von der Ferienwohnung in Spanien und das teure Steuermodell

Vor und 20 Jahren, vielleicht war es auch etwas früher, wurden die deutschen Besitzer spanischer Ferienimmobilien aufgeschreckt, weil es hieß, es drohten ihnen schreckliche Steuernachteile, wenn sie ihre Immobilie nicht in eine Kapitalgesellschaft, typischerweise eine spanische S.L., einbringen würden. Ob Gemeindezuwachssteuer, Vermögensteuer, Erbschaft- und Schenkungsteuer oder Besteuerung bei Veräußerung der Immobilie – die Einbringung in die spanische S.L. versprach einen Schutz vor einer überbordenden Besteuerung.

Allerdings gab es dann für einige doch ein böses Erwachen: Denn wie so oft bei Kapitalgesellschaften vergaßen die Gesellschafter, dass sie eben – aus steuerlicher Sicht – nicht wie eine Privatperson über ihr Gesellschaftsvermögen verfügen können, sondern sich wie fremde Dritte zu verhalten haben. Und einem fremden Dritten würde man eine teure Ferienwohnung auf Mallorca nicht kostenlos das ganze Jahr über zur Verfügung stellen. Lange Rede, kurzer Sinn: Die kostenlose Überlassung an den oder die Gesellschafter führt(e) zu einer verdeckten Gewinnausschüttung. Weiterlesen

Fahrten zur Arbeit: Was gilt denn eigentlich bei Unfallkosten?

Ende 2019 hat der BFH zu Ungunsten der Steuerpflichtigen entschieden, dass sich die Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale im Grundsatz auch auf Unfallkosten erstreckt, soweit es sich um Aufwendungen des Arbeitnehmers für „die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte“ handelt (BFH-Urteil vom 19.12.2019, VI R 8/18, BStBl 2020 II S. 291). Anders ausgedrückt: Unfallkosten sind nicht abziehbar, wenn sich der Unfall auf dem Weg zur Arbeit ereignet hat.

Immerhin hat der BFH Krankheitskosten im Zusammenhang mit einem Wegeunfall zum Abzug zugelassen. Danach gilt. Erleidet ein Steuerpflichtiger auf dem Weg zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte einen Unfall, kann er die durch den Unfall verursachten Krankheitskosten als Werbungskosten abziehen. Solche Krankheitskosten werden nicht von der Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale erfasst.

So weit, so klar. Oder? Nein, ganz und gar nicht. Weiterlesen

Einkommensteuererklärung 2020: Der Wirrwarr um Pflegeleistungen

Wer im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2020 Pflegeleistungen steuerlich geltend machen will, stößt in Zeile 5 der „Anlage Haushaltsnahe Aufwendungen“ auf eine kleine, aber feine Unterscheidung gegenüber dem Vordruck des Vorjahres. Ab sofort wird nämlich nur noch nach den Kosten für eine „eigene“ Heimunterbringung gefragt.

Zum Hintergrund: Im Jahre 2019 hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass die Steuermäßigung gemäß § 35a EStG nur für Aufwendungen gewährt wird, die einem Steuerbürger für seine eigene Unterbringung in einem Heim oder für seine eigene Pflege im Haushalt entstehen. Hingegen ist der Steuervorteil ausgeschlossen für Aufwendungen, die er für eine andere Person übernimmt (BFH-Urteil vom 3.4.2019, VI R 19/17, BStBl 2019 II S. 445).

Zunächst war fraglich, ob die Finanzverwaltung das Urteil anwenden wird, zumal das BMF seine anders lautende Verwaltungsanweisung (BMF-Schreiben vom 9.11.2016, BStBl. 2016 I S. 1213, Tz. 13) noch nicht explizit aufgegeben hat. Doch mittlerweile ist das Urteil im BStBl veröffentlicht worden, das heißt, die Finanzverwaltung wendet das negative Urteil an ­– BMF-Schreiben hin oder her. Dennoch empfinde ich es als unglücklich, dass das BMF sein Schreiben vom 9.11.2016 immer noch nicht geändert hat. Weiterlesen

Die Anlage N und die neue Homeoffice-Pauschale

Auch wenn das Jahressteuergesetz 2020 unzählige Änderungen mit zum Teil enormer steuerlicher Auswirkung bereithält, so hat doch die neue Homeoffice-Pauschale das größte Echo erfahren. Immerhin war sie das Lieblingskind einiger Politiker, obwohl sich die Pauschale angesichts des Arbeitnehmer-Pauschbetrages und nur geringer weiterer Werbungskosten vielfach gar nicht auswirken wird.

Jedenfalls können Arbeitnehmer, die zuhause arbeiten und deren Arbeitsplatz nicht die steuerlichen Voraussetzungen für ein Arbeitszimmer erfüllt, im Zeitraum vom 1.1.2020 bis 31.12.2021 einen Pauschalbetrag von 5 Euro pro Tag als Werbungskosten geltend machen. Maximal sind 600 Euro im Jahr absetzbar (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 4 EStG und § 52 Abs. 6 Satz 13 EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2020).

Nur: Wo und wie ist die Homeoffice-Pauschale eigentlich geltend zu machen? Weiterlesen