Null-Prozent-Finanzierungen: Umsatzsteuerlich ein „Fehlgriff“?

Viele Händler bieten beim Verkauf ihrer Waren so genannte Null-Prozent-Finanzierungen an. Heutzutage mögen derartige Finanzierungen zwar nicht mehr zu einem nennenswerten Vorteil führen, doch es gab einmal Zeiten, in denen Zinsen hoch und daher die Zinsvorteile entsprechend groß waren. Jüngst musste der BFH diesbezüglich die Frage entscheiden, ob Händler ihre umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage bei den bei Null-Prozent-Finanzierungen mindern dürfen.

Seine Antwort hier in aller Kürze: Wird bei einem Warenverkauf eine so genannte Null-Prozent-Finanzierung über eine Bank angeboten, so ist die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage aus dem Warenverkauf nicht um Entgelte zu mindern, die das finanzierende Kreditinstitut bei der Auszahlung des Kaufpreises an den Händler einbehält. Weiterlesen

Gesetzgebung 2021 – alles gut oder ein Flecken auf der Demokratie?

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hat zuletzt mehrfach in Interviews herausgehoben, dass sich die Demokratie in der Pandemiezeit als sehr wehrhaft gezeigt hat und Bundestag und Bundesregierung jederzeit handlungsfähig waren. Auch hat er darauf hingewiesen, dass die Abgeordneten ihre Aufgabe im repräsentativen System stets wahrgenommen hätten.

Ich möchte Herrn Schäuble nicht im Grundsatz, aber doch im Detail widersprechen. Zugegebenermaßen habe ich nur die Steuergesetzgebung und die angrenzende Gesetzgebung in Wirtschaftsfragen im Blick. Doch hier ist meines Erachtens viel im Argen geblieben.

So haben mir Vertreter zahlreicher Verbände zu erkennen gegeben, dass sie den Eindruck hatten, aus bestimmten Gesetzgebungsverfahren bewusst herausgehalten worden zu sein, damit von vornherein Kritik unterbunden wurde. Oder Gesetzesvorlagen im Umfang von hundert Seiten und mehr wurden den Verbänden nachmittags zugeleitet mit der Bitte, dazu am anderen Morgen bis um 8.00 Uhr Stellung zu nehmen.

Ich selbst habe übrigens unzählige Male versucht, mit einem Bundestagsabgeordneten meines Wahlkreises Kontakt aufzunehmen, um mit ihm eine Passage eines bestimmten Gesetzesvorhabens zu erörtern. Weiterlesen

Aufreger des Monats Juli: Ein Jahr arbeiten für 46,20 Euro!

Zugegeben: Die Überschrift ist reißerisch. Doch inspiriert wurde ich dazu, als ich kürzlich die Broschüre der Deutschen Rentenversicherung mit dem Titel „Freiwilligendienste und Rente“ in Händen hielt, in der ich unter der schönen Überschrift „Dienstzeit ist Rentenzeit“ auf folgendes Beispiel gestoßen bin: Weiterlesen

Sachleistungen von Banken an Privatkunden – herbe Schlappe für den Fiskus

Während der normale Bankkunde froh ist, überhaupt noch irgendwo eine Filiale mit menschlichen Wesen zu finden und nicht nur aufs Online-Banking verwiesen zu werden, sieht die Welt für gute Privatkunden anders aus. Sie werden von den Banken hofiert und gerne zu mehr oder weniger teuren Events eingeladen, etwa zu einer Weinprobe oder einem Golfturnier. Derartige „Sachleistungen“ spielen sich immer irgendwo im Graubereich zwischen Marketing, der Hingabe von – steuerlich relevanten – Geschenken und der Erzielung von steuerpflichtigen Einkünften ab. Natürlich bekommen die Kunden von einer eventuellen Steuerpflicht nur am Rande etwas mit, da die Einladenden die Pauschalsteuer nach § 37b EStG entrichten.

§ 37b EStG hat nach seiner Einführung ein gewisses Eigenleben entwickelt. Die einen nutzen die Vorschrift um „alles Mögliche“ pauschal zu versteuern, die anderen – sprich die Mitarbeiter der Finanzverwaltung – haben § 37b EStG quasi zu einer eigenen Einkunftsart gemacht, die ihrerseits „alles Mögliche“ versteuern will. Letztlich bleibt aber festzuhalten, dass dort, wo es von vornherein keine Einkünfte gibt, auch nichts versteuert werden muss, und zwar weder individuell noch pauschal.

Das FG Baden-Württemberg musste sich nun mit der Frage befassen, ob Sachleistungen von Banken an Privatkunden, also die oben erwähnten Weinproben und Einladungen zu Golfturnieren, bei den Kunden zu Einkünften (hier: aus Kapitalvermögen) führen, die nach § 37b EStG zu versteuern sind. Weiterlesen

Corona-Soforthilfen: Seltsames Verständnis des Begriffes „unbürokratisch“

„Schnelle und unbürokratische Hilfe für Unternehmen – darum geht es bei den Corona-Soforthilfen, auf die sich Bund und Länder in kürzester Zeit geeinigt haben“. So steht es noch heute auf der Internetpräsenz der Bundesregierung (https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/corona-soforthilfen-1737444).

Aktuell müssen diejenigen, die die Soforthilfe seinerzeit beantragt haben, allerdings mit einem seltsamen Verständnis des Begriffes „unbürokratisch“ leben. Denn sie werden im Zuge der „Rückmeldung des Liquiditätsengpasses Soforthilfe 2020“ aufgefordert, ihren damaligen Liquiditätsengpass zu berechnen – selbstverständlich nach den seinerzeit bestehenden Regularien, an die sich heute auch noch jedermann erinnern kann. Und selbstverständlich darf der Hinweis auf eine drohende Strafverfolgung wegen eines eventuellen Subventionsbetrugs nicht fehlen. Wo kämen wir denn auch hin, wenn man denjenigen, die Corona-Soforthilfen beantragt haben, nicht wenigstens etwas Angst machen würde?

In der Praxis sieht es derzeit so aus, dass viele Selbstständige, die in 2020 die Soforthilfen allein beantragt haben, nun ihren Steuerberater konfrontieren (müssen). Vielleicht mag es Kolleginnen und Kollegen geben, die an den diversen Anträgen auf Corona-Hilfen bzw. Überbrückungshilfen Freude hatten und die sich nun gleichermaßen über die Überprüfungen freuen. Ich persönlich kenne allerdings niemanden. Weiterlesen

Pensionsansprüche aus dem Ausland: Grenzen der nachgelagerten Besteuerung

Die Besteuerung von Renten und Pensionen aus dem Ausland ist nicht gerade trivial. Zu prüfen sind unter anderem das jeweilige DBA, eventuelle Rückfallklauseln bei Nichtbesteuerung, die Vergleichbarkeit mit deutschen Renten oder Versorgungseinrichtungen, die Abgrenzung zwischen Renten und Versorgungsbezügen, die Abgrenzung zwischen Renten und Kapitalanlagen sowie die Frage, ob und inwieweit Rentenbeiträge in der aktiven Phase gefördert wurden. Und das Ganze bei Renten- und Pensionsbescheinigungen, die eher selten in deutscher Sprache abgefasst sind (vgl. Blog-Beitrag „Die neue Anlage R-AUS: Vorsicht Falle“).

Nun hat der BFH aber eine spannende Frage zugunsten der Pensionäre beantwortet. Ich versuche, das Urteil mit meinen eigenen Worten wiederzugeben: Soweit bestimmte Pensionsansprüche in der Ansparphase tatsächlich nicht in Deutschland gefördert wurden, kann der deutsche Fiskus in der Auszahlungsphase nicht einfach so tun, als hätte eine Förderung nach deutschem Recht und mit deutschen Steuermitteln stattgefunden. Sofern der Steuerpflichtige während der Ansparphase nicht der inländischen Besteuerung unterlag, kommt später eine Besteuerung nur in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen Kapitalauszahlung und Einzahlungen in Betracht. Eine volle nachgelagerte Besteuerung ist zu verneinen. Speziell geht es um Auszahlungen aus dem US-amerikanischen Altersvorsorgeplan 401 (k) Pension Plan (Urteil vom 28.10.2020, X R 29/18).

Der Sachverhalt (Details s. NWB Online-Nachricht Einkommensteuer | Nachgelagerte Besteuerung von Einkünften aus ausländischen Altersvorsorgesystemen): Der Kläger ist deutscher Staatsangehöriger. Er war mehrere Jahre in den USA tätig. Der US-amerikanische Arbeitgeber ermöglichte dem Kläger, an dem 401 (k) Pension Plan teilzunehmen, bei dem sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer für seine Altersversorgung Beiträge an eine US-amerikanische Altersvorsorgeeinrichtung zu leisten hatten. Im Jahre 2011 erhielt der Kläger, der nun wieder in Deutschland lebte, Leistungen aus dem US-Pensionsplan. Er vertrat gegenüber dem Finanzamt die Auffassung, dass die ihm zugeflossenen Auszahlungen nur mit dem Unterschiedsbetrag zwischen der Leistung und der Summe der auf sie entrichteten Beiträge zu versteuern seien, da die in der Ansparphase geleisteten Beiträge in Deutschland nicht gefördert worden seien. Das Finanzamt ließ den Abzug vorheriger Einzahlungen nicht zu, unterlag aber vor dem FG Köln und nun auch vor dem BFH.

Leistungen aus einem US-amerikanischen 401 (k) Pension Plan sind sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG. Entsprechende Versorgungsleistungen werden zwar vollumfänglich besteuert, wenn die Beiträge zuvor nach § 3 Nr. 63 EStG gefördert wurden, wenn also die Arbeitgeberbeiträge auf der Grundlage dieser Vorschrift steuerfrei geblieben sind. Diese Voraussetzung ist aber nicht erfüllt, wenn der Steuerpflichtige während der Ansparphase nicht der inländischen Besteuerung unterlag. Die deutsche Vorschrift des § 3 Nr. 63 EStG muss „tatsächlich“ angewandt worden seien, was aber de facto gar nicht möglich war, wenn der Pensionär in seiner Aktivphase in den USA gelebt hat.

Das Urteil ist erfreulich, weil es die Grenzen der Typisierung und Pauschalierung bei der Besteuerung von Renten und Pensionen aufzeigt. Ich denke, dass es über den Fall des 401 (k) Pension Plan hinaus Bedeutung gewinnen wird.

Organschaft und Insolvenz – BMF ändert eigene Anweisung kurzfristig

Ich habe an dieser Stelle schon häufiger den Zustand des Umsatzsteuerrechts kritisiert. Ob Gesetzgeber, Finanzverwaltung oder Finanzgerichte: Jeder trägt seinen Teil zum Chaos bei. Dabei ist ein funktionsfähiges Umsatzsteuerrecht für unsere Wirtschaft von enormer Bedeutung. Aktuell hat es das BMF wieder einmal geschafft, für – weitere – Verwirrung zu sorgen. Worum geht es?

Mit Schreiben vom 4.3.2021 hat das BMF zu der Frage Stellung genommen, ob die Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung zur Beendigung der Organschaft führt oder nicht (III C 2 – S 7105/20/10001 :001). Danach gilt: Weder die Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung beim Organträger noch die Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung bei der Organgesellschaft beenden eine Organschaft, wenn das Insolvenzgericht lediglich bestimmt, dass ein vorläufiger Sachwalter bestellt wird sowie eine Anordnung gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 InsO erlässt. Letztlich setzt das BMF damit das BFH-Urteil vom 27.11.2019 (XI R 35/17) um.

Gerade einmal drei Monate später ist dem BMF aber bewusst geworden, dass die Insolvenzordnung zwischenzeitlich geändert worden ist und sein Schreiben daher – sagen wir einmal „unvollständig“ – war. Weiterlesen

Erste Tätigkeitsstätte oder aus zwei mach eins

In den letzten Monaten hat der BFH mehrfach zum Vorliegen einer ersten Tätigkeitsstätte geurteilt, nun auch bei einem Gerichtsvollzieher. Ich möchte Ihnen das Urteil kurz vorstellen und vorweg sagen, dass ich die Entscheidung in der Sache zwar einerseits nachvollziehen kann, mich andererseits aber angesichts der Argumentation ein gewisses Unbehagen beschleicht, denn der BFH schafft es, aus zwei Tätigkeitsstätten eine zu machen und folglich den Abzug von Fahrtkosten nach Dienstreisegrundsätzen zu verweigern (Urteil vom 16.12.2020, VI R 35/18). Weiterlesen

Pflicht zur digitalen Übermittlung der Einkommensteuererklärung erheblich eingeschränkt

Wie heißt es so schön: „Wer schreibt, der bleibt.“ Und so sind viele Steuerpflichtige immer noch hartnäckig und wollen ihre Steuererklärung – gerne auch samt Gewinnermittlung – am liebsten auf Papier abgeben. Die Urteile zu dem Thema – insbesondere zur Auslegung der Härtefallregelung – sind zahlreich. Und tatsächlich scheinen die Gerichte – von Ausnahmen abgesehen – in jüngster Zeit wieder mehr in Richtung „Zulässigkeit von Papier“ zu tendieren.

Bemerkenswert ist meines Erachtens das Urteil des BFH vom 28.10.2020 (X R 36/19), da es

a) für die betroffenen Steuerpflichtigen positiv ist,
b) enorm viele Fälle betrifft und
c) eine äußerst interessante Begründung hat. Weiterlesen

Verlustnutzung in Verschmelzungsfällen ist kein Gestaltungsmissbrauch

Bei der Verschmelzung einer gewinnträchtigen mit einer verlustbehafteten Kapitalgesellschaft wird regelmäßig darauf geachtet, dass die Gewinngesellschaft auf die Verlustgesellschaft verschmolzen wird – und nicht umgekehrt.

Nur so bleiben die Verlustvorträge der Kapitalgesellschaft erhalten und können weiter genutzt werden, auch wenn es nach außen hin vielleicht nicht immer schön wirkt, wenn die eigentlich marode Gesellschaft weiter existiert und die solide Gesellschaft vom Markt verschwindet. Weiterlesen