Bäckereifilialen und Umsatzsteuersatz – der BFH hat entschieden!

Es ist heutzutage fast schon üblich, dass sich in so genannten Vorkassenzonen von Supermärkten Bäckereifilialen befinden, die Kuchenteile oder belegte Brötchen zum Verzehr an Ort und Stelle verkaufen. Der BFH hat soeben entschieden, dass die Unternehmen damit Restaurationsleistungen erbringen, die vor dem 1.7.2020 dem vollen Umsatzsteuersatz von 19 Prozent unterlagen (BFH-Beschluss vom 15.9.2021, XI R 12/21 / XI R 25/19).

Verkürzt ging es um folgenden Sachverhalt:

Die Klägerin, eine Bäckerei, betreibt auch Cafés, die sich unter anderem in Vorkassenzonen von Lebensmittelmärkten befinden. Im Streitjahr, es ging um das Jahr 2006, erklärte die Klägerin Umsätze zum ermäßigten Steuersatz auch für die Speisen (z.B. belegte Brötchen, Kuchenteile), die zum Verzehr an Ort und Stelle bestimmt waren. Das Finanzamt hingegen unterwarf diesen Teil der Speisen dem regulären Steuersatz. Klage und Revision der Bäckerei blieben ohne Erfolg.

Die Begründung des BFH:

Geht die Speisenabgabe mit Dienstleistungselementen einher, liegen Restaurationsumsätze vor, die vor dem 1.7.2020 dem regulären Steuersatz unterlagen. Weiterlesen

Verkauf der THG-Quote eines E-Autos – und dann?

Wenn Sie bei Google die Begriffe „THG-Quote Geld verdienen“ eingeben, werden Ihnen in der Trefferliste mehrere Unternehmen und Institutionen angezeigt, die Sie darüber aufklären, wie Sie mit Ihrem Elektrofahrzeug pro Jahr einige hundert Euro zusätzlich verdienen können. Sie können nämlich die so genannte Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote) an bzw. über ein Unternehmen verkaufen und erhalten hierfür eine Prämie. Der Zuschuss soll derzeit bis zu circa 350 Euro jährlich betragen. Ich erlaube mir, Sie der Einfachheit halber auf die Seite der Verbraucherzentrale hinzuweisen (https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/energie/emobilitaet/thgquote-so-koennen-sie-mit-einem-reinen-eauto-geld-verdienen-68695).

Wie immer in solchen Fällen stellt sich natürlich die Frage, ob – und wenn ja – in welcher Höhe die THG-Quote versteuert werden muss. Und hier hoffe ich auf Ihre Mithilfe. Ich selbst bin nämlich unschlüssig. Und auch diverse Diskussionen im Kollegenkreis haben unterschiedliche Sichtweisen zutage gefördert. Zur Auswahl stehen meines Erachtens vier Möglichkeiten, sofern sich das Kfz nicht in einem Betriebsvermögen befindet: Weiterlesen

Endlich: BMF übernimmt Rechtsprechung zur Leistungsbeschreibung

Zuletzt hatte der BFH mehrfach entschieden, dass die Finanzverwaltung an eine Leistungsbeschreibung in einer Rechnung keine überzogenen Anforderungen stellen darf. Unter anderem genügt die Bezeichnung von erbrachten Leistungen als „Trockenbauarbeiten“, wenn sie sich auf ein konkret bezeichnetes Bauvorhaben an einem bestimmten Ort bezieht. (BFH-Urteil vom 15.10.2019, V R 29/19 (V R 44/16), NWB LAAAH-39358).

Und zur Frage, welchen Anforderungen Rechnungsangaben zur Bezeichnung der Art der gelieferten Gegenstände genügen müssen, kann sich ein Unternehmer darauf berufen, dass die von ihm verwendeten Bezeichnungen „handelsüblich“ sind (BFH-Urteil vom 10.7.2019, XI R 28/18).

Wie immer in solchen Fällen behagt es der Finanzverwaltung überhaupt nicht, wenn ihr die Rechtsprechung auf die Füße tritt und so benötigt sie schon einmal zwei oder mehr Jahre, um eigentlich klare Aussagen des BFH zu übernehmen. Aber sei es drum: Immerhin hat das BMF nun den UStAE geändert und zur Frage der „handelsüblichen Bezeichnung“ Stellung genommen. Hierzu hat sich Dr. Wengerofsky im Blog schon geäußert (s. weitere Informationen unten). Aufgrund der Brisanz des Themas möchte ich hier noch weitere Aspekte aufgreifen). Die wesentlichen Aussagen des BMF-Schreibens vom 1.12.2021 (III C 2 – S 7280-a/19/10002 :001, BStBl 2021 I S. 2486) lauten: Weiterlesen

Burnout: Sind selbst getragene Behandlungsaufwendungen Werbungkosten?

Viele Menschen leiden unter einem Burnout, sie fühlen sich im wahrsten Sinne des Wortes ausgebrannt. Wie es leider häufig bei psychischen Krankheiten ist, kämpfen die Betroffenen nicht nur mit dem Leiden an sich, sondern treffen in vielerlei Hinsicht auf Unverständnis im Bekanntenkreis, beim Arbeitgeber, bei Behörden, bei Versicherungsträgern und auch vor Gericht.

Gerade die Finanzgerichtsbarkeit bildet hier ein schlechtes Beispiel, etwa der BFH-Beschluss vom 9.11.2015 (VI R 36/13). Weiterlesen

Kein Vollzugsdefizit bei der Besteuerung von Restaurants

Wenn es nach einem Gastronomen aus Baden-Württemberg geht, dürfen Gaststättenumsätze und -gewinne aufgrund eines so genannten Vollzugsdefizits generell nicht besteuert werden. Allerdings ist er mit seinem Anliegen beim Fiskus, vor dem FG Baden-Württemberg und nun auch vor dem BFH gescheitert (BFH 16.9.2021, IV R 34/18).

Zum Hintergrund: Der Kläger, seines Zeichens Gastronom und auch Jurist, betreibt über eine OHG mehrere Gaststätten und Hotels, also bargeldintensive Betriebe. Er verlangt, dass seine Einnahmen zumindest teilweise von der Besteuerung auszunehmen sind. Er macht geltend, bezüglich der Erfassung von Bareinnahmen bei bargeldintensiven Betrieben liege ein strukturelles Vollzugsdefizit vor, das eine gleichmäßige Besteuerung aller Marktteilnehmer verhindere.

Bei offenen Ladenkassen, wie sie gerade im Bereich der Gastronomie häufig eingesetzt würden, habe die Finanzbehörde keine nennenswerten Möglichkeiten, den angegebenen Umsatz auf seinen Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Jedenfalls blieben die Prüfungsmöglichkeiten weit hinter dem zurück, was bei Registrierkassen möglich sei. Dadurch werde eine gleichmäßige Steuerfestsetzung bei allen Marktteilnehmern ausgeschlossen und er, der bereits elektronische Registrierkassen einsetze, werde in seinem Recht auf Gleichbehandlung verletzt. Der Gesetzgeber habe dies zu verantworten. Streitjahr war das Jahr 2015.

Ein strukturelles Vollzugsdefizit gab es im Steuerrecht schon einmal: Es betraf die Einkünfte aus Kapitalvermögen und Spekulationsgewinne. Weiterlesen

Aufreger des Monats Januar: „Die Mobilitätsprämie: Wer soll das verstehen?“

Fernpendler mit einem Arbeitsweg von mehr als 20 Kilometern, deren zu versteuerndes Einkommen innerhalb des Grundfreibetrags liegt, haben von der erhöhten Entfernungspauschale keinen Vorteil. Bei ihnen bringt ein höherer Werbungskosten- oder Betriebsausgabenabzug keine entsprechende steuerliche Entlastung. Daher ist seit dem 1.1.2021 für Geringverdiener die Möglichkeit geschaffen worden, alternativ zur erhöhten Entfernungspauschale von 35 Cent ab dem 21. Entfernungskilometer eine Mobilitätsprämie in Höhe von 14 Prozent dieser erhöhten Pauschale zu wählen (§§ 101 ff. EStG).

Wie immer bei Vergünstigungen und Prämien soll(te) die Beantragung und Auszahlung unkompliziert und schnell erfolgen können. Und wie immer in Deutschland haben Gesetzgeber und Behörden natürlich alles daran gesetzt, um diesem Anspruch eben nicht gerecht zu werden. Wäre auch ja zu schön, wenn nun wirklich jeder Anspruchsberechtigte die Mobilitätsprämie auch tatsächlich erhalten würde.

Was hat man also gemacht? Zunächst wurde der Plan, einen einfachen Prämienantrag stellen zu können, schnell wieder geändert. Nunmehr müssen Fernpendler mit geringem Einkommen, die ansonsten gar keine Steuererklärung abgeben müssten, eine solche erstellen. Weiterlesen

Wie sind Abfindungen an weichende Mieter zu berücksichtigen?

Zugegeben: Die Kombination der Begriffe „Sanierung“ und „Abfindung für weichende Mieter“ lässt wahrscheinlich dem einen oder anderen die Haare zu Berge stehen, denn schnell denkt man an skrupellose Immobiliengesellschaften, die aus vermeintlich maroden Gebäuden in hippen Stadtteilen Luxusobjekte machen wollen und dafür die Altmieter herausbekommen wollen. Nun ja, die Fälle gibt es selbstredend. Doch zuweilen bedingt auch einfach die Bausubstanz eine umfassende Renovierung. Und um diese durchführen zu können, bedarf es mitunter des vorherigen Auszugs der Mieter.

Aber natürlich soll es in diesem Blog nicht ums Mietrecht gehen, sondern um die Frage, ob Abfindungen an weichende Mieter zu sofort abziehbaren Werbungskosten oder zu – anschaffungsnahem – Herstellungsaufwand führen. Weiterlesen

Unfallkosten: Jetzt doch (wieder) abzugsfähig!

Ende 2019 hat der BFH zu Ungunsten der Steuerpflichtigen entschieden, dass sich die Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale im Grundsatz auch auf Unfallkosten erstreckt, soweit es sich um Aufwendungen des Arbeitnehmers für „die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte“ handelt (BFH-Urteil vom 19.12.2019, VI R 8/18, BStBl 2020 II S. 291). Anders ausgedrückt: Unfallkosten sind nicht abziehbar, wenn sich der Unfall auf dem Weg zur Arbeit ereignet hat.

Immerhin hatte der BFH Krankheitskosten im Zusammenhang mit einem Wegeunfall zum Abzug zugelassen. Danach gilt:  Erleidet ein Steuerpflichtiger auf dem Weg zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte einen Unfall, kann er die durch den Unfall verursachten Krankheitskosten als Werbungskosten abziehen. Solche Krankheitskosten werden nicht von der Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale erfasst.

So weit, so klar. Oder? Nein, ganz und gar nicht. Weiterlesen

Erste Tätigkeitsstätte: Mitarbeiter des Ordnungsamts ja, Müllwerker nein

Hat ein Arbeitnehmer eine erste Tätigkeitsstätte, darf er Verpflegungspauschalen nur dann steuerlich abziehen, wenn er länger als acht Stunden von seiner Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte beruflich abwesend ist. Ohne erste Tätigkeitsstätte reicht eine mehr als achtstündige Abwesenheit von der Wohnung allein aus. Und so ist es nicht weiter verwunderlich, dass viele Steuerpflichtige um die Frage des Vorliegens einer ersten Tätigkeitsstätte streiten.

Im Jahre 2021 gab es bereits eine ganze Serie von Urteilen, etwa zur Lokführern einer Werksbahn, zu Rettungsassistenten oder zu Postzustellern. Nun hat sich der BFH erneut zu Wort gemeldet. Um es kurz zu machen: Weiterlesen

Baurechtswidrige Nutzung verhindert Grundsteuererlass

Die Grundsteuer führt in der steuerlichen Beratung eher ein Schattendasein. Das wird sich aber bereits in wenigen Monaten ändern, wenn die Grundsteuerreform Fahrt aufnimmt. Steuerberater sollten sich ab dem 1.Juli einige Wochen in ihren Kanzleien freihalten, um die entsprechenden Erklärungen für ihre Mandanten zu erstellen.

Im Zusammenhang mit der Grundsteuer eher wenig beachtet wird auch die Möglichkeit, einen Antrag auf einen teilweisen Erlass der Grundsteuer zu stellen (§ 34 Abs. 1 GrStG). Vielleicht liegt es auch daran, dass die Hürden für einen Erlass hoch sind und die Betroffenen vielfach darauf hingewiesen werden, dass die – vermeintliche – Ertragsminderung durch eine Fortschreibung des Einheitswerts und nicht durch einen Grundsteuererlass zu berücksichtigen ist. Doch die hohen Hürden sollten Grundstückseigentümer, die gerade in Coronazeiten hohe Mietausfälle zu beklagen haben, nicht davon abhalten, einen Erlassantrag zumindest in Erwägung zu ziehen. Der Antrag ist übrigens spätestens bis zum 31. März für das jeweilige Vorjahr zu stellen. Weiterlesen