Die Vererbung einer selbstgenutzten Wohnimmobilie an den Ehegatten bzw. Lebenspartner oder an Kinder, Stiefkinder oder Kinder verstorbener Kinder ist erbschaftsteuerfrei. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist jedoch, dass der Erblasser das Eigenheim vor dem Erbfall selbst bewohnt hat und die Erben die Immobilie nach der Erbschaft zehn Jahre lang selbst zu Wohnzwecken nutzen. Bei der Vererbung an den Ehegatten oder Lebenspartner kommt es nicht auf die Größe des Eigenheims an, in den anderen Fällen tritt eine Vergünstigung ein, soweit die Wohnfläche der Wohnung 200 qm nicht übersteigt.
Wird die Zehn-Jahres-Frist nicht eingehalten, entfällt die Steuerbefreiung mit Wirkung für die Vergangenheit. Eine Ausnahme gilt (nur), wenn der Erwerber aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert ist (§ 13 Abs. 1 Nr. 4b und 4c ErbStG).
Das Tatbestandsmerkmal „zwingende Gründe“ wird durch die Finanzgerichte – bislang – leider äußerst eng ausgelegt. So sollen übliche altersbedingte Einschränkungen keine zwingenden Gründe für einen Auszug aus dem Familienheim innerhalb der Zehn-Jahres-Frist darstellen (FG Düsseldorf, Urteil vom 8.1.2020, 4 K 3120/18 Erb). Auch das FG Münster hat in diesem – sehr restriktiven – Sinne entschieden: Veräußert der Erbe das Familienheim innerhalb von zehn Jahren, entfällt die Erbschaftsteuerbefreiung auch dann, wenn der Auszug auf ärztlichen Rat aufgrund einer Depressionserkrankung erfolgt (Urteil vom 10.12.2020, 3 K 420/20 Erb).
Die Steuerbefreiung für ein Familienheim, welches der Erbe innerhalb von zehn Jahren nicht mehr zu eigenen Wohnzwecken nutzt, falle nur dann nicht weg, wenn er aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung gehindert sei. Ein „zwingender Grund“ im Sinne des Gesetzes sei nur dann gegeben, wenn das Führen eines Haushalts schlechthin unmöglich sei.
Doch mit dieser Haltung der Finanzverwaltung und der Finanzgerichte könnte nun Schluss sein. Weiterlesen