Die Energiepreispauschale oder der misslungene Spagat des Gesetzgebers

Die Energiepreispauschale entwickelt sich – bei allem Verständnis für das Anliegen, die Bürger zu entlasten – zunehmend zu einem gesetzgeberischen Desaster. Die handwerklichen Fehler sind nicht mehr zu übersehen. So wird es Haushalte geben, die vollkommen leer ausgehen, während andere Haushalte (Rentner-Ehepaar mit Minijobs) die Pauschale gleich viermal kassieren. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Ich gönne jedem Einzelnen die Pauschale, gerne auch doppelt. Aber es muss gerecht zugehen.

Nun komme ich zu meinem eigentlichen Anliegen, nämlich einem höchst interessanten Beschluss des Amtsgerichts Norderstedt. In dieser Entscheidung wird die Energiepreispauschale fast schon genussvoll auseinandergenommen (AG Norderstedt, Beschluss vom 15.9.2022, 66 IN 90/19/iww.de). Weiterlesen

PV-Anlage in einer Vermietungs-GbR? Besser gestern als heute handeln!

Steuerrechtlern läuft es eiskalt den Rücken herunter, wenn sie die Begriffe „gewerbliche Abfärbung“ oder „gewerbliche Infizierung“ hören. Steuerliche Laien hingegen können mit den Begriffen zumeist nichts anfangen – bis sie einen bösen Brief von ihrem Finanzamt erhalten, mit dem ihnen mitgeteilt wird, dass ihre Vermietungseinkünfte plötzlich zu gewerblichen Einkünften geworden sind. Nach einem aktuellen Urteil des BFH kann dieser Fall schneller eintreten als der eine oder andere vielleicht denken mag.

Der BFH hat nämlich mit Urteil vom 30.6.2022 (IV R 42/19) entschieden, dass der Betrieb einer Photovoltaikanlage die Vermietungseinkünfte einer vermögensverwaltenden GbR selbst dann gewerblich infiziert, wenn aus der PV-Anlage nur Verluste erwirtschaftet werden. Weiterlesen

Minijobber: Versteuerung der Energiepreispauschale per Umweg?

In den FAQ zur Energiepreispauschale heißt es derzeit: „Bei Arbeitnehmern, die ausschließlich pauschal besteuerten Arbeitslohn aus einer kurzfristigen oder geringfügigen Beschäftigung oder einer Aushilfstätigkeit in der Land- und Forstwirtschaft erzielen und im gesamten Jahr 2022 keine weiteren anspruchsberechtigenden Einkünfte haben, gehört die EPP nicht zu den steuerpflichtigen Einnahmen.“ (https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/FAQ/energiepreispauschale.html)

Damit können Minijobber, die nicht noch zusätzlich einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen und die auch keine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit beziehen, davon ausgehen, dass sie ihre Energiepreispauschale „brutto für netto“ kassieren.

Aber: Es dürfte viele Rentner geben, die Weiterlesen

Energiepreispauschale nun doch auch für Bezieher einer Waisenrente

Mit dem „Gesetz zur Zahlung einer Energiepreispauschale an Renten- und Versorgungsbeziehende und zur Erweiterung des Übergangsbereichs“ wurde festgelegt, dass auch Rentner eine einmalige Energiepreispauschale von 300 Euro erhalten sollen. Die Einmalzahlung erfolgt automatisch durch die Rentenzahlstellen. Die Energiepreispauschale erhält, wer zum Stichtag 1. Dezember 2022 Anspruch auf eine Alters-, Erwerbsminderungs- oder Hinterbliebenenrente der gesetzlichen Rentenversicherung oder auf Versorgungsbezüge nach dem Beamten- oder dem Soldatenversorgungsgesetz hat. Anspruch besteht nur bei einem Wohnsitz im Inland.

Die FAQ des BAMS sahen für die Bezieher einer Waisenrente (Hinterbliebenenrente) in der ursprünglichen Fassung folgende Einschränkung vor: Empfänger von Waisenrenten haben keinen eigenen Anspruch auf die Energiepreispauschale, da sie ihren Lebensunterhalt regelmäßig nicht selbst bestreiten und bereits mittelbar durch Haushaltsgemeinschaften mit Erwerbstätigen oder Beziehern von Hinterbliebenenrenten erfasst werden. Empfänger von Waisenrenten, deren Lebensunterhalt nicht über die Haushaltsgemeinschaft abgedeckt ist, haben die Pauschale in der Regel als Auszubildende erhalten oder sollen sie als Studierende oder Fachschüler und Fachschülerinnen erhalten.

In den aktuellen FAQ findet sich diese Einschränkung nicht mehr. Weiterlesen

Aktuelles EuGH-Urteil zum Vorsteuerabzug einer Holding

Unternehmen mit steuerfreien „Grundstücksumsätzen“ steht bekanntermaßen kein Vorsteuerabzug zu. Seit Jahr und Tag versuchen Steuerpflichtige daher, diesem misslichen Umstand durch mehr oder weniger geeignete Gestaltungen entgegenzutreten. Sprich: Sie möchten den Vorsteuerabzug gerne auf Umwegen erreichen.

Hoffnung versprach hier insoweit folgender Gedanke: Eine Holding erbringt umsatzsteuerpflichtige Verwaltungsdienstleistungen an ihre „Tochter-Grundstücksgesellschaften“ und ist somit grundsätzlich zum Vorsteuerabzug berechtigt. Wenn erst einmal eine generelle Vorsteuerabzugsberechtigung eröffnet ist, könnten in einem zweiten Schritt bestimmte Eingangsleistungen, die normalerweise die Tochtergesellschaften selbst bezogen hätten, zunächst von der Holding in Auftrag gegeben und dann den Tochtergesellschaften als Gesellschafterbeitrag unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden.

Doch der EuGH hat hier soeben einen Strich durch die Rechnung gemacht. In einem Fall wie dem obigen verneint er den Vorsteuerabzug (EuGH-Urteil vom 8.9.2022, Rs. C‑98/21). Weiterlesen

Firmenwagen: Wann ist der Anscheinsbeweis einer Privatnutzung erschüttert?

Für die Nutzung eines Firmen-Pkw, der sich im Betriebsvermögen befindet, ist grundsätzlich die 1%-Regelung zur Versteuerung der – tatsächlichen oder unterstellten – Privatnutzung anzuwenden, wenn kein Fahrtenbuch geführt worden ist. Die Finanzverwaltung kann sich u.a. auf den Beschluss des BFH vom 13.12.2011 (VIII B 82/11) berufen, wonach der “Beweis des ersten Anscheins” für eine Privatnutzung eines Fahrzeugs spreche. Wie immer bei derartigen Formulierungen streiten Fiskus und Steuerzahler darüber, wann ein erster Anschein vorliegt bzw. wie dieser erschüttert werden kann.

Diesbezüglich sei zunächst auf das Urteil des Niedersächsischen FG vom 20.3.2019 (9 K 125/18) hingewiesen, wonach eine Privatnutzung für einen VW Touareg auch dann anzunehmen ist, wenn sich im Privatvermögen ein Kleinwagen (hier ein Opel Corsa) befindet. Denn die Fahrzeuge seien in Status und Gebrauchswert nicht vergleichbar. Weiterlesen

Photovoltaikanlagen: Weitere Fragen zur geplanten Neuregelung

Mein Beitrag „Photovoltaikanlagen: Bedeutende steuerliche Änderungen zum 1. Januar 2023 geplant“ hat anscheinend sehr viel Aufmerksamkeit erlangt – dafür sprechen die zahlreichen Kommentare und Fragen, die hierzu eingegangen sind. Die zum Teil sehr konkreten und individuellen Fragestellungen lassen sich hier im Blog nicht beantworten. Ich möchte aber nochmal ein paar Aspekte aufgreifen, die sich durch die Reaktionen ergeben haben.

Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass ich einige Fragen bereits in dem Beitrag “ Photovoltaikanlagen: Was gilt bei Auftragserteilung bereits in 2022?“ und schon vor einiger Zeit in dem Beitrag „Billigkeitsregelung für kleine PV-Anlagen: BMF äußert sich zu IAB“ behandelt habe. Insofern kann auf die genannten Beiträge verwiesen werden. Dann möchte ich noch einmal daran erinnern, dass das Gesetz zu den Neuregelungen für kleine Photovoltaikanlagen noch nicht verabschiedet worden ist. Es können sich also noch Änderungen ergeben. Dies muss immer berücksichtigt werden. Dennoch möchte ich auf folgende Punkte eingehen: Weiterlesen

Mehrere Fotovoltaikanlagen gelten als einheitlicher Gewerbebetrieb

„Teilbetrieb oder kein Teilbetrieb? Das ist hier die Frage.“ So habe ich vor einiger Zeit einen Blog-Beitrag betitelt und dabei unter anderem einige Urteile vorgestellt, in denen es darum ging, ob Fotovoltaik- oder Windkraftanlagen als eigenständige (Teil-)Betriebe gelten können. Zur Erinnerung:

  • Das FG Nürnberg hat einen Elektromeisterbetrieb und den Betrieb einer Windkraftanlage nicht als einheitlichen Gewerbebetrieb angesehen, da die Windkraftanlage an einem anderen Ort betrieben worden ist. Daher wurde der Ansatz eines Investitionsabzugsbetrages für die Windkraftanlage beim Elektromeisterbetrieb versagt (Urteil vom 7.10.2015, 3 K 1631/14).
  • Der BFH hat in dem Betrieb eines Einzelhandelsgeschäfts für Zeitungen, Tabakwaren, Bücher und ähnlichem und dem Betrieb einer Fotovoltaikanlage auf dem Dach des Hauses ungleichartige Betätigungen gesehen, die einander auch nicht fördern oder ergänzen und daher auf zwei selbstständige Gewerbebetriebe entschieden (BFH-Urteil vom 24.10.2012 – X R 36/10, BFH/NV 2013, S. 252). Auch die BFH-Entscheidungen vom 25.2.2016 (X B 130, 131/15) gehen in diese Richtung.
  • Anders wiederum das BFH-Urteil vom 15.9.2010 (X R 21/08): Danach ergänzen sich das Betreiben einer Fotovoltaikanlage und das Betreiben eines Elektroinstallationsunternehmens wechselseitig. Die Fotovoltaikanlage befand sich in diesem Fall auf dem Nachbargebäude.

Kürzlich war der BFH wieder an der Reihe, wenn auch „nur“ im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde, bei der er die Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz nicht näher prüfen musste. Dennoch ist der Beschluss von Interesse, denn der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass selbst ortsverschieden belegene Fotovoltaikanlagen nicht jeweils als eigenständiger Betrieb oder Teilbetrieb gelten (BFH-Beschluss vom 13.6.2022, X B 148/21). Weiterlesen

Lohnsteuer-Haftung: Eigene Lohnsteuer führt zu Werbungskosten

In der Krise eines Unternehmens begehen Inhaber und Geschäftsführer oft fatale steuerliche Fehler, die später zu einer persönlichen Haftung führen. Das betrifft insbesondere die – nicht abgeführte – Lohnsteuer. Der Hinweis, dass doch eigentlich die Arbeitnehmer Schuldner der Lohnsteuer sind, hilft nicht weiter, denn der Arbeitgeber haftet für die Steuer nach § 42d EStG.

Auch die Geschäftsführer einer GmbH haften bei pflichtwidrigem Handeln persönlich, da sie die steuerlichen Pflichten der Gesellschaft erfüllen müssen. Darf ein GmbH-Geschäftsführer die Steuer, für die er haftet, wenigstens als Werbungskosten in seiner persönlichen Einkommensteuererklärung geltend machen? Weiterlesen

Dürfen „Flankenschützer“ die Steuerzahler überrumpeln? Antwort: Ein klares „Jein“ des BFH

Der Finanzverwaltung reicht es manchmal nicht, sich mit den per Gesetz oder Verordnung vorgesehen Außenprüfungen zu begnügen, also den Betriebs-, Umsatzsteuersonder- und Lohnsteueraußenprüfungen und den Umsatzsteuer- und Kassen-Nachschauen. Zumindest in Nordrhein-Westfalen bedient sie sich darüber hinaus des so genannten Flankenschutzes. Danach sind Mitarbeiter der Finanzverwaltung befugt, bei Steuerpflichtigen ohne Vorankündigung anzuklingeln, um diese beispielsweise zu bitten, einen Blick in das geltend gemachte Arbeitszimmer werfen zu dürfen.

Soeben hat der BFH entschieden, dass eine unangekündigte Wohnungsbesichtigung im Rahmen des Flankenschutzes rechtswidrig ist, wenn nicht ein „einfacher“ Sachbearbeiter des Veranlagungsbezirks beim Steuerpflichtigen klingelt, sondern ein Steuerfahnder, auch wenn dieser darauf hinweist, dass er „nur“ für den Veranlagungsbezirk tätig wird. Jedenfalls gilt dies, wenn der Steuerpflichtige bei der Aufklärung des Sachverhalts mitwirkt (BFH-Urteil vom 12.7.2022, VIII R 8/19).

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