Es bleibt dabei: Müllwerker haben keine erste Tätigkeitsstätte

Hat ein Arbeitnehmer eine erste Tätigkeitsstätte, darf er Verpflegungspauschalen nur dann steuerlich abziehen, wenn er länger als acht Stunden von seiner Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte beruflich abwesend ist. Ohne erste Tätigkeitsstätte reicht eine mehr als achtstündige Abwesenheit von der Wohnung allein aus. Und so ist es nicht weiter verwunderlich, dass viele Steuerpflichtige um die Frage des Vorliegens einer ersten Tätigkeitsstätte streiten.

Im Jahre 2021 gab es zunächst eine ganze Serie von BFH-Urteilen, etwa zur Lokführern einer Werksbahn, zu Rettungsassistenten, zu Postzustellern oder zu Mitarbeitern des allgemeinen Ordnungsdienstes, die für die betroffenen Steuerpflichtigen jeweils negativ waren (vgl. z.B. BFH 12.7.2021, VI R 9/19).

Doch dann gab es einen kleinen Lichtstreif am Horizont:  Weiterlesen

Vergessene Beiträge ans Versorgungswerk – leider selbst schuld

Anfang 2005 sind das Alterseinkünftegesetz und mit ihm die Neuregelungen zur Rentenbesteuerung in Kraft getreten. Nach fast 18 Jahren streiten sich die Gelehrten noch immer darum, ob zumindest in bestimmten Fällen, vielleicht sogar ganz allgemein, eine Doppel- oder Übermaßbesteuerung eintreten kann, weil Altersvorsorgeaufwendungen in der Vergangenheit nicht hinreichend abgezogen werden konnten, während die Renten mit einem Besteuerungsanteil von – nahezu – 100 Prozent versteuert werden.

Nun musste sich der BFH mit dem Fall befassen, dass der Abzug von Altersvorsorgeaufwendungen in der Vergangenheit aufgrund eigenen Verschulden des Steuerpflichtigen nicht berücksichtigt wurde, nunmehr aber die Rente dennoch voll besteuert werden soll. Weiterlesen

Ist Grunderwerbsteuer auf Erschließungskosten zu zahlen? Mal ja, mal nein!

In jüngster Zeit hat sich der BFH zweimal mit der Frage befasst, von welcher Bemessungsgrundlage die Grunderwerbsteuer zu ermitteln ist, wenn ein unerschlossenes Grundstück erworben wird, sich der bisherige Eigentümer oder der Bauträger aber verpflichten, die Erschließung noch vorzunehmen und insoweit auch bereits vertragliche Regelungen bestehen. Dabei ging es einmal um den Erwerb von einem privaten Erschließungsträger und ein anderes Mal um den Erwerb einer erschließungspflichtigen Gemeinde.

Nun, dem Käufer mag es egal sein, von wem er erwirbt und wer sich zur Erschließung verpflichtet hat. Doch, sie ahnen es, dem BFH ist es nicht gleichgültig – und so haben wir eine etwas merkwürdige Rechtslage. Weiterlesen

Kostenabzug für das Arbeitszimmer bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften – alles andere als klar

Ende 2017 hat der BFH zu einer so genannten Arbeitswohnung entschieden: Nutzt die Ehefrau eine Wohnung, die ihr gemeinsam mit ihrem Ehemann gehört, zu beruflichen Zwecken, kann sie die AfA und Schuldzinsen nur entsprechend ihrem Miteigentumsanteil als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben geltend machen, wenn die Darlehen zum Erwerb der Wohnung gemeinsam aufgenommen wurden und Zins und Tilgung von einem gemeinsamen Konto beglichen werden (Urteil vom 6.12.2017, VI R 41/15). Die Finanzverwaltung hat im Anschluss die allgemeine Anwendung des Urteils bestimmt, indem es im Bundessteuerblatt veröffentlicht worden ist (BStBl 2018 II S. 355).

Noch etwas später haben die ersten Finanzministerien das Urteil „mit Leben gefüllt“ und wollen es nicht nur auf „Arbeitswohnungen“, sondern auch auf klassische häusliche „Arbeitszimmer“ anwenden (z.B. Finanzministerium des Landes Schleswig-Holstein v. 8.1.2020, VI 308 – S 2145 – 116, NWB OAAAH-43144; Senatorin für Finanzen der Freien Hansestadt Bremen v. 22.2.2022, 900-S 2145-1/2014-1/2016-1586061/2021, NWB MAAAI-61368).

Ich kann mich daran erinnern, dass wir das seinerzeitige BFH-Urteil im Kollegenkreis sehr kontrovers diskutiert hatten und nicht in jedem einzelnen Punkt aus ihm schlau geworden sind. Weiterlesen

Doppelte Haushaltsführung: Wenn sich das Familienheim im Ausland befindet

Die Aufwendungen für eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung werden als Werbungskosten berücksichtigt. Bei Ledigen ist dabei oftmals die finanzielle Beteiligung an der Haushaltsführung in der heimatlichen Wohnung streitig. Bei Ehegatten hingegen wird die finanzielle Beteiligung üblicherweise unterstellt. So heißt es im BMF-Schreiben vom 25.11.2020 (BStBl 2020 I S. 1228, Rz. 113): „Für den steuerfreien Arbeitgeberersatz kann der Arbeitgeber bei Arbeitnehmern mit den Steuerklassen III, IV oder V ohne Weiteres unterstellen, dass sie einen eigenen Hausstand haben, an dem sie sich auch finanziell beteiligen.“

Allerdings gilt die Unterstellung, dass eine Beteiligung an den Kosten erfolgt, nur, wenn sich die Familienwohnung im Inland befindet. Wie das Niedersächsische FG soeben entschieden hat, kann die finanzielle Beteiligung bei Fällen mit Auslandsbezug nicht unterstellt werden, nur weil der Arbeitnehmer verheiratet ist (Niedersächsisches FG, Urteil vom 21.9.2022, 9 K 309/20/NWB Online-Nachricht). Weiterlesen

Verkauf von Mobilheimen: Steuerpflichtig droht!

Mobilheime scheinen auf dem Vormarsch zu sein. Zumindest lässt sich mit ihnen in Zeiten der Wohnraumknappheit offenbar gutes Geld verdienen. Und da kann es nicht schaden, einen Blick auf die steuerlichen Folgen zu werfen, wenn ein solches Heim verkauft wird.

Ganz aktuell hat der BFH nämlich entschieden, dass der Verkauf eines Mobilheims innerhalb der zehnjährigen „Spekulationsfrist“ als privates Veräußerungsgeschäft der Einkommensteuer unterliegen kann, und zwar wohlgemerkt nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG und nicht nach der Nr. 1 der Vorschrift (BFH-Urteil vom 25.5.2022, IX R 22/21). Weiterlesen

Steuerpflichtige Gaspreisbremse: Beantragen Sie eine Aufteilung der Steuerschuld – das kann spannend werden!

Bereits zweimal habe ich darauf hingewiesen, dass die Gas-/Wärmepreisbremse (Dezemberhilfe) steuerpflichtig wird. Bei Steuerpflichtigen, die den Solidaritätszuschlag zahlen müssen, erhöht sich das zu versteuernde Einkommen um die Entlastungen durch die Gaspreisbremse.

Nun möchte ich ein kleines Schmankerl bringen, mit dem ich erneut zeigen möchte, wie absurd die Neuregelung ist. Erst einmal zur Erinnerung: Weiterlesen

Gaspreisbremse wird steuerpflichtig: Willkommen in Absurdistan

Bereits vor einigen Tagen habe ich in einem Blog-Beitrag darauf hingewiesen, dass die Gas-/Wärmepreisbremse (Dezemberhilfe) steuerpflichtig wird. Bei Steuerpflichtigen, die den Solidaritätszuschlag zahlen müssen, erhöht sich das zu versteuernde Einkommen um die Entlastungen durch die Gaspreisbremse.

Nunmehr hatte ich auch Gelegenheit, den Gesetzestext und die Gesetzesbegründung zu lesen. Willkommen in Absurdistan!

Die Systematik ist, wenn ich es richtig verstehe, die Folgende:

  • Die einmalige Entlastung wird regelmäßig den Einkünften aus Leistungen nach § 22 Nr. 3 Satz 1 zugeordnet, obwohl der Steuerpflichtige selbst weder etwas geleistet noch unterlassen hat. Ein rein staatliche Zahlung wird also als Einkunftsquelle betrachtet. Nun ja.
  • Gehört eine Entlastung zu den Einkünften, ist sie nicht Gegenstand der Berechnung des Gesamtbetrags der Einkünfte, sondern wird dem zu versteuernden Einkommen hinzugerechnet. Das verstehe, wer wolle.
  • Nur bei Steuerpflichtigen mit einer Pflicht zur Zahlung eines Solidaritätszuschlages erhöht sich das zu versteuernde Einkommen um die Entlastungen. Das ist aberwitzig.
  • Für den Zufluss nach § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG ist der Veranlagungszeitraum maßgebend, in dem die Endabrechnungen durch den Versorger, die Vermieter oder die Wohnungseigentümergemeinschaft erteilt wurden. Es gilt also eine Ausnahme vom Zuflussprinzip. Nun wird es vollkommen absurd.

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Immobilienübertragung gegen Vorbehaltsnießbrauch: Spielen die Banken mit?

Folgender Fall: Herr Mustermann hört, dass Immobilienübertragungen ab 2023 möglicherweise schenkungsteuerlich wesentlich teurer werden und möchte daher eine Mietwohnimmobilie noch kurz vor dem Jahreswechsel auf Sohn oder Tochter übertragen. Er plant allerdings eine Übertragung unter dem Vorbehalt des Nießbrauchs. Herr Mustermann hat eine umfassende Renovierung der Immobilie vor nicht allzu langer Zeit mit einem sehr günstigen Darlehen finanziert, für das er Zinsen von lediglich 1,5 % zahlt.

Nun ist er sich also mit Sohn oder Tochter über die Immobilienübertragung einig, hat mit dem Steuerberater gesprochen und auch bereits einen Notartermin vereinbart. Alles ist fast unter Dach und Fach und er denkt, nun muss er nur noch schnell zur Bank laufen, um dort alles klar zu machen. Er ist auch durchaus bereit, weiterhin  das Darlehen zu bedienen oder gar als Bürge für das Darlehen einzutreten.

Doch nun kommt es: Die Bank sagt ihm, dass sie im Falle der Immobilienübertragung von ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen würde. Fazit: Sohn oder Tochter müssten neu finanzieren, heutzutage eher mit 3,5 bis 5 Prozent Zinsen. Fazit: Die Immobilienübertragung scheitert oder wird wesentlich teurer, wenn die Beschenkten zu schlechteren Konditionen finanzieren müssen. Weiterlesen

Steuermodell Kennzeichenwerbung: Haftungsgefahren für Arbeitgeber nun sehr konkret!

Viele Jahre ging folgendes Steuermodell gut: Der Arbeitnehmer bringt einen Werbeaufkleber des Arbeitgebers an seinem privaten Pkw an und erhält dafür von seinem Arbeitgeber eine Vergütung von bis zu 255 Euro pro Jahr. Diese Vergütung wird nicht als Arbeitslohn betrachtet, vielmehr soll es sich um sonstige Einkünfte i.S. des § 22 Nr. 3 EStG handeln, die bei Unterschreiten der Freigrenze von 256 Euro steuerfrei bleiben.

Wie fast immer bei solch schönen Gestaltungen wurde auch diese – zu sehr – auf die Spitze getrieben. Viele Arbeitgeber haben sich damit begnügt, ihren Mitarbeitern 255 Euro allein dafür zu zahlen, dass diese eine Kennzeichenhalterung mit dem Logo des Arbeitgebers an ihrem privaten Pkw anbringen. Zuweilen ist der Betrag nicht einmal „on top“, sondern nur im Wege der Gehaltsumwandlung gezahlt worden. Oder es wurden „Gehaltserhöhungen mit Rückfallklauseln“ vereinbart.

Jedenfalls wurden die Lohnsteueraußenprüfer – und auch die Sozialversicherungsprüfer – zunehmend misstrauischer und es kam zu ersten Gerichtsverfahren. Weiterlesen