Pkw-Vermietung unter Ehegatten – Renaissance eines Steuermodells?

Vor nunmehr über 25 Jahren war das Steuermodell „Pkw-Vermietung unter Ehegatten“ recht populär. Wenn ich mich recht erinnere, lag es daran, dass der BFH in einem Urteil das Modell grundsätzlich für zulässig befunden hatte, auch wenn es im speziellen Urteilsfall nicht anerkannt wurde (BFH-Urteil vom 13.12.95, X R 261/93, BStBl II 96, 180). Ich selbst habe den Eindruck, dass es in den vergangenen Jahren rund das Steuermodel etwas stiller wurde. Zumindest habe ich es in der Praxis kaum noch gesehen. Vielleicht lag es daran, dass die Umsetzung des Modells in der Praxis doch etwas Aufwand verursacht und man keine Lust auf Diskussionen in der Betriebsprüfung hat. Jedenfalls kann das Modell nach einem aktuellen Urteil des BFH einen zweiten Frühling erleben, denn dieser hat wie folgt entschieden: Weiterlesen

Darf eine Inflationsausgleichsprämie auch an den Gesellschafter-Geschäftsführer gezahlt werden?

Noch bis zum 31.12.2024 dürfen Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern eine steuerfreie Inflationsausgleichsprämie von bis zu 3.000 Euro gewähren (§ 3 Nr. 11c EStG). Bereits viele Arbeitgeber haben von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und auch im Rahmen von Tarifverhandlungen spielt die Gewährung einer Inflationsausgleichsprämie eine gewisse Rolle. Steuerliche Berater werden im Zusammenhang mit der Inflationsausgleichsprämie mit vielen Fragen konfrontiert, oftmals auch arbeitsrechtlichen Fragen, die sie nicht beantworten können und auch nicht sollten. Um die Antwort auf eine bestimmte Frage kommen sie aber nicht herum: Darf eine Inflationsausgleichsprämie auch an den Gesellschafter-Geschäftsführer steuerfrei gezahlt werden?

Meine Auffassung dazu: Die Inflationsausgleichsprämie darf (nur) dann steuerfrei an den Gesellschafter-Geschäftsführer gezahlt werden, wenn der Fremdvergleich gewährleistet ist. Sonst führt die Zahlung zu einer verdeckten Gewinnausschüttung. Weiterlesen

Bekanntgabefiktion: Wenn der Postmann nicht täglich klingelt

Ein Steuerbescheid, der durch die Post übermittelt wird, gilt bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Dies ist die Drei-Tages-Frist des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO, die über Jahrzehnte unerschütterlich Bestand hatte. Sie stammt aus der Zeit, als die Deutsche Bundespost für die Beförderung von Briefen noch das gesetzliche Monopol hatte. Doch seit die Finanzverwaltung immer öfter private Postdienstleister einsetzt, gibt es Zweifel, ob die Bekanntgabefiktion, also die Drei-Tages-Frist, zu halten ist.

Bereits im Jahre 2018 hat der BFH die Bedenken aufgegriffen. Mit Urteil vom 14.6.2018 (III R 27/17) hat er wie folgt entschieden: Die Zugangsvermutung für die Bekanntgabe schriftlicher Verwaltungsakte gilt zwar auch bei der Übermittlung durch private Postdienstleister. Bei der Einschaltung eines privaten Postdienstleisters, der mit einem Subunternehmer tätig wird, ist allerdings zu prüfen, ob die organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen des Dienstleisters tatsächlich ausreichend sind, um eine regelmäßige Zustellung innerhalb von drei Tagen zu gewährleisten.

Nunmehr hat auch das FG Berlin-Brandenburg Zweifel an der Drei-Tages-Frist geäußert und entschieden: Weiterlesen

Ausbildungen zum Rettungs- und Notfallsanitäter bilden kindergeldrechtlich eine Einheit

Erstausbildung oder Zweitausbildung? Diese Frage beschäftigt Eltern, Familienkassen, Steuerberater und Gerichte seit Jahren. Während für den Abzug von Werbungskosten die Annahme einer Zweitausbildung von Vorteil ist, ist es beim Kindergeld genau andersherum: Hier wird die Annahme einer so genannten einheitlichen Berufsausbildung angestrebt, wenn das Kind nach dem ersten Ausbildungsschritt einen weiteren absolviert.

Der Vorteil einer einheitlichen Berufsausbildung (=Erstausbildung) liegt darin begründet, dass das Kindergeld ohne weitere Voraussetzungen gezahlt. Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind dagegen nur berücksichtigt, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Lediglich eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis sind unschädlich.

Nun haben sich die Finanzgerichte und der BFH in den letzten Jahren ziemlich restriktiv gezeigt, wenn es um die Anerkennung einer einheitlichen Berufsausbildung ging. So hat der BFH zum Beispiel entschieden, dass die Weiterbildung zum Facharzt kein Teil einer einheitlichen erstmaligen Berufsausbildung ist. Bei einer im Anschluss an das Medizinstudium absolvierten Facharztweiterbildung handelt es sich lediglich um eine Zweitausbildung. Und dann wiederum wäre es schädlich, wenn das Kind einer Vollzeittätigkeit nachgeht (BFH-Urteil vom 22.9.2022, III R 40/21).

Immerhin lässt nun ein aktuelles Urteil des FG Münster aufhorchen: Weiterlesen

Umsatzsteuerliche Behandlung der Überlassung von Werbemobilen

Vor einigen Jahren haben Werbeagenturen folgendes Geschäftsmodell entdeckt: Sie erwerben einen Kleintransporter und bestücken diesen mit Werbeaufdrucken ihrer Kunden. Das Fahrzeug wird anschließend sozialen Einrichtungen, Vereinen, Verbänden oder gar Kommunen „kostenlos“ überlassen. Diese wiederum erfreuen sich, dass sie nur die laufenden Kfz-Kosten tragen müssen und stören sich nicht weiter daran, dass sie für die Unternehmen Meier, Müller oder Schulze Werbung betreiben, wenn sie mit dem Fahrzeug im Stadtgebiet umherfahren oder es an gut frequentierten Plätzen abstellen.

Es ergibt sich also eine Win-Win-Situation – und gewinnen will natürlich auch der Fiskus. Zum Jahresbeginn hat das Bayerische Landesamt für Steuern umfassend zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Überlassung von Werbemobilen Stellung genommen (Verfügung vom 3.1.2023, S 7119.1.1-3/6 St33, NWB FAAAJ-30385).

Interessierten Lesern dieses Blogs sei empfohlen, die Verwaltungsanweisung zur Hand zu nehmen, wenn sie einen entsprechenden Sachverhalt beurteilen müssen. Von Bedeutung sind unter anderem die Hinweise zur Verschaffung der Verfügungsmacht: Weiterlesen

Bayern macht Ernst: Verfassungsklage in Sachen „Erbschaftsteuer“ kommt

Mit dem Jahressteuergesetz 2022 hat der Gesetzgeber die Grundlagen für die Ermittlung der erbschaftsteuerlichen Grundstückswerte angepasst.  So hat er die Ermittlung und Anwendung der so genannten Liegenschaftszinssätze sowie der Bewirtschaftungskosten geändert und auch Regionalfaktoren eingeführt, mit denen der Unterschied zwischen dem bundesdurchschnittlichen und dem regionalen Baukostenniveau berücksichtigt werden soll.

Man kann sich darüber streiten, ob die Änderungen zwingend erforderlich waren, um realitätsnahe Grundstückswerte zu ermitteln oder ob es eine Steuererhöhung durch die Hintertür ist. Jedenfalls wird sich die Erbschaft- oder Schenkungsteuer bei der Übertagung von Immobilien nun in vielen Fällen erhöhen.

Die Bayerische Landesregierung hatte sich – zur Abmilderung der steuerlichen Auswirkungen – für eine Erhöhung der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Freibeträge eingesetzt, ist mit ihrem Antrag aber im Bundesrat gescheitert. Albert Füracker, Staatsminister der Finanzen und für Heimat in Bayern, hat daher unmittelbar nach der Verabschiedung des Jahressteuergesetzes 2022 angekündigt: „Bayern zieht für höhere Freibeträge vor das Bundesverfassungsgericht / Anhebung der persönlichen Erbschaftsteuer-Freibeträge dringend geboten / Staatsregierung stellt Antrag auf abstrakte Normenkontrolle “ (Quelle: Pressemitteilung Nr. 425 vom 22.12.2022, Bayerisches Staatsministerium der Finanzen und für Heimat).

Ich habe nun unmittelbar beim Ministerium nachgefragt, ob der Antrag tatsächlich gestellt wird und dankenswerterweise sehr kurzfristig folgende Antwort erhalten: Weiterlesen

Kindergeld für Kinder bei mehr als einjährigem Auslandsaufenthalt

Kinder, die sich zu Schul-, Studien- oder Ausbildungszwecken für längere Zeit ins Ausland begeben, können kindergeldrechtlich weiterhin berücksichtigt werden. Wenn das Kind aber außerhalb des EU- und EWR-Raums ausgebildet wird, muss als weitere Voraussetzung hinzukommen, dass das Kind seinen inländischen Wohnsitz beibehält. Der BFH hat soeben noch einmal die Grundsätze für die Beibehaltung des inländischen Wohnsitzes bestätigt (BFH-Urteil vom 28.4.2022, III R 12/20). Danach gilt: Weiterlesen

Kaufpreisaufteilung im Notarvertrag: Man darf es nicht übertreiben

Wer eine Immobilie für Zwecke der Einkünfteerzielung erwirbt und dementsprechend Absetzungen für Abnutzung geltend macht, hat ein Interesse daran, dass ein möglichst hoher Anteil des Gesamtkaufpreises auf das Gebäude und ein möglichst niedriger Anteil auf den Grund und Boden entfällt. Am einfachsten ist es, wenn die Aufteilung bereits im notariellen Kaufvertrag vorgenommen wird. Das Finanzamt muss diese Werte im Allgemeinen übernehmen, „solange dagegen keine nennenswerten Zweifel bestehen“ (vgl. BFH 10.10.2000 – IX R 86/97, BStBl 2001 II S. 183; BFH 29.5.2008, BFH/NV 2008 S. 1668; BFH 16.9.2015, IX R 12/14).

In der Praxis wird der Halbsatz „solange dagegen keine nennenswerten Zweifel bestehen“ leider oft überlesen. Man kann es auch anders ausdrücken: Vielfach werden die Grenzen des Machbaren ausgelotet und manchmal auch überschritten – so auch in einem Fall, den das FG Münster kürzlich entschieden hat (Urteil vom 22.9.2022, 8 K 2748/20 E/justiz.nrw.de). Weiterlesen

Energiepreispauschale: Welches Gericht ist bei Streit mit dem Arbeitgeber zuständig?

Die letzten Monate zeigen, dass es rund um die Energiepreispauschale für Erwerbstätige (EPP I) immer mehr Fragen gibt. Viele dieser Fragen hat der Gesetzgeber deshalb zu verantworten, weil er der Energiepreispauschale eine sehr seltsame Rolle zugewiesen hat: So liegt – bei Arbeitnehmern – zu besteuernder Arbeitslohn vor, obwohl keine Leistung an den jeweiligen Arbeitgeber erbracht wurde. Anders herum: Der Arbeitgeber musste die Energiepreispauschale quasi „wie Arbeitslohn“ auszahlen, obwohl er lediglich eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung erfüllt hat und durch den Gesetzgeber als auszahlende Stelle in Anspruch genommen wurde. Salopp gesagt: Die Energiepreispauschale war aus rein rechtlicher Sicht nichts Halbes und nichts Ganzes. Weiterlesen

Kosten der Müllabfuhr als haushaltsnahe Dienstleistung? Revisionsbegründung verspätet beim BFH eingegangen!

Kosten für die Müllabfuhr sind nicht als haushaltsnahe Dienstleistung gemäß § 35a Abs. 2 EStG begünstigt. Von Bedeutung ist hier nach wie vor das Urteil des FG Köln vom 26.01.2011 (4 K 1483/10, EFG 2011 S. 978). In der Entscheidung heißt es unter anderem:

“Den Klägern ist zwar zuzugeben, dass der Hausmüll im Haushalt anfällt und auch in unmittelbarer räumlicher Nähe hierzu abgeholt wird. Die Hauptleistung bzw. der Schwerpunkt der Leistung der Müllabfuhr ist aber nach Auffassung des Senats die Verarbeitung bzw. die Lagerung des Mülls. Diese Hauptleistung wird nicht innerhalb der Grundstücksgrenzen der Kläger ausgeübt. Sie findet vielmehr an den Entsorgungs- bzw. Verwertungsstellen des Entsorgungsunternehmens statt. Die Ausleerung sowie der Transport des Mülls stellen hingegen unselbständige Hilfsleistungen im Hinblick auf die durchgeführte Hauptleistung dar, die von der Hauptleistung grundsätzlich nicht getrennt werden können.”

Nun kam etwas Bewegung in die Sache. Weiterlesen