Corporate Litigation im Mittelstand & Prozessfinanzierung (Teil 2)

Worum es in diesem Beitrag geht: Bei Streitigkeiten im Gesellschafterkreis und bei Managerhaftungsprozessen spielt seit über 20 Jahren das sogenannte Third Party Funding (Fremdfinanzierung von Prozessen) eine gewisse Rolle. Rechtlich komplexe Streitfragen im Zusammenhang mit derartigen Prozessfinanzierungen werden Schritt für Schritt von der ober- und höchstgerichtlichen Rechtsprechung geklärt. Es greift aber nicht nur die (gewerbliche) Fremdfinanzierung von Gerichtsprozessen Platz. In der Corporate Litigation-Praxis kommt es immer wieder zu Situationen, in denen Gesellschafter Haftungsprozesse des eigenen Unternehmens gegen ihre Geschäftsführer finanzieren.

In letzter Zeit waren ich in meiner Funktion als Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei ROSE & PARTNER immer mal wieder mit der Prozessfinanzierungen befasst. Dieses Litigation Finance-Thema führt im Schrifttum ein gewisses Schattendasein, obgleich es sehr spannend ist. Das Thema hat viele Facetten und berührt diverse Rechtsmaterien (Corporate, Prozessrecht, Insolvenzrecht, Finance etc.). Mit diesem Beitrag möchte ich verschiedene Blickwinkel auf das Thema richten.

„Privat“ finanzierter Managerhaftungsprozess

In der Litigation-Praxis finden sich aber nicht nur gewerbliche Prozessfinanzierer, die willens sind, in laufende Gerichtverfahren zu investieren. Wie das bereits zitierte BGH-Urteil vom 17.10.2023 (II ZR 72/22) zeigt, können auch Gesellschafter als „private“ Geldgeber für Prozesse ihres Unternehmens auftreten.

Im dem zitierten BGH-Fall hatte eine insolvente GmbH einen Haftungsprozess gegen ihren Geschäftsführer angestrengt. Die Besonderheit bestand darin, dass die GmbH überschuldet war und bei ihr ein Insolvenzverfahren mangels Masse abgelehnt wurde. Die Klage war nur möglich, weil ihre Gesellschafter den Haftungsprozess finanziert hat. Der Prozessfinanzierungsvertrag zwischen der klagenden GmbH und dem finanzierenden Gesellschafter sah vor, dass der Gesellschafter 50 % des realisierten Klageertrags erhält – der verbleibende Ertrag war für die Masse reserviert. Überdies trat die klagende GmbH dem Gesellschafter die Klageforderungen sicherungshalber ab. Die GmbH wurde zur Einziehung dieser Forderungen ermächtigt, was auf eine gewillkürte Prozessstandschaft hinauslief. Weiterlesen

Corporate Litigation im Mittelstand & Prozessfinanzierung (Teil 1)

Rationale Apathie vs. „Kampf ums Recht“

Bei Streitigkeiten im Gesellschafterkreis und bei Managerhaftungsprozessen spielt seit über 20 Jahren das sogenannte Third Party Funding (Fremdfinanzierung von Prozessen) eine gewisse Rolle. Rechtlich komplexe Streitfragen im Zusammenhang mit derartigen Prozessfinanzierungen werden Schritt für Schritt von der ober- und höchstgerichtlichen Rechtsprechung geklärt. Es greift aber nicht nur die (gewerbliche) Fremdfinanzierung von Gerichtsprozessen Platz. In der Corporate Litigation-Praxis kommt es immer wieder zu Situationen, in denen Gesellschafter Haftungsprozesse des eigenen Unternehmens gegen ihre Geschäftsführer finanzieren.

In letzter Zeit waren ich in meiner Funktion als Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei ROSE & PARTNER immer mal wieder mit der Prozessfinanzierungen befasst. Dieses Litigation Finance-Thema führt im Schrifttum ein gewisses Schattendasein, obgleich es sehr spannend ist. Das Thema hat viele Facetten und berührt diverse Rechtsmaterien (Corporate, Prozessrecht, Insolvenzrecht, Finance etc.). Mit diesem Beitrag möchte ich verschiedene Blickwinkel auf das Thema richten.

Gerichtliche Prozesse im Gesellschaftsrecht und vor allem Gesellschafterstreitigkeiten sind geprägt von einem hohen Kosteneinsatz. Schließlich hat die Einschaltung spezialisierter Anwälte ihren Preis. Nicht selten stellt sich wegen der hohen Kosten, Prozessrisiken und der gesetzlichen Prozesskostenverteilung vor allem in der Unternehmenskrise eine rationale Apathie ein. Dieser entgegen wirkt die Fremdfinanzierung von Prozessen. Mit ihr lassen sich einfacher berechtigte Ansprüche in aussichtsreichen Verfahren durchsetzen. Sie sie erleichtert den „Kampf ums Recht“ und trägt insoweit der Justizgewähr Rechnung.

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eCorporate: Digitalisierung des Gesellschaftsrechts

Im Zuge der Covid-Bekämpfung ändern sich Geisteshaltung und Dynamik in Sachen Digitalisierung – auch in der juristischen Welt. Und nun macht auch die 2019 in Kraft getretene EU-Digitalisierungsrichtlinie (EU) – 2019/1151) dem deutschen Gesetzgeber bei der Modernisierung des heimischen Wirtschaftsrechts Beine. Die Bundesregierung ist verpflichtet, die europäischen Vorgaben zeitnah umzusetzen.

Die Bundesjustizministerin Christine Lambrecht hat endlich im Februar 2021 ihren Referentenentwurf vorgelegt (Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungs-RL im Gesellschaftsrecht und Handelsregisterrecht, sog. RefE-DiRUG). Die mit einem Smartphone aufgewachsenen Wirtschaftsjuristen reiben sich ergriffen die Augen: Nächstes Jahr soll die GmbH-Gründung über das Internet möglich werden und andere wirtschaftsrechtliche Verfahren werden volldigitalisiert. Weiterlesen

Blockchain, digitale Wertpapiere und neue Finanzierungsformen – der Gesetzgeber wird modern

Technische Innovationen verändern die Kapitalmärkte radikal. Die Bundesregierung gibt dem Veränderungsdruck nach und beabsichtigt, den Finanzmarkt für die Blockchain-Technologie zu öffnen. Sie will den nationalen Kapitalmarkt digitalisieren. Die Bundesministerien für Finanzen und Justiz greifen die im Koalitionsvertrag vom 12. März 2018 festgeschriebenen Forderungen zur Förderung der Blockchain-Technologie auf und verfassten mit einem einjährigen Anlauf am 7. März 2019 ein Eckpunktepapier. Mit dem Papier Eckpunkte für die regulatorische Behandlung von elektronischen Wertpapieren und Krypto-Token verfolgt die Bundesregierung insbesondere zwei Ziele:

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Rechtliche Markteintrittshürden für FinTechs

Die sog. FinTechs haben in der Fachwelt eine große Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Sie fordern Banken, Vermögensverwalter und andere etablierte Dienstleister aus dem Finanzsektor heraus. Mit Hilfe der Digitalisierung und Vernetzung von Arbeitsabläufen und -prozessen verbuchen die Jungunternehmen ihre Erfolge in der Banken- und Finanzbranche. So feiert die Fachpresse das Berliner FinTech N26, das jüngst 260 Mio. € in einer zweiten Finanzierungsrunde eingesammelt hat. N26 wird damit zu einem sog. Einhorn, dessen Wert bei über 1 Mrd. € liegt. N26 rückt damit vor das Hamburger StartUp KreditTech und gilt damit als das am höchsten bewertete deutsche FinTech.

Kapitalhunger und Finanzierungsrunden

In der StartUp-Landschaft sind die FinTechs die am schnellsten wachsenden Unternehmen. Sie haben bereits jetzt schon im Finanzsektor ihre Spuren hinterlassen. Der Erfolg der FinTechs zeichnet sich auch dadurch aus, dass etablierte Banken in die jungen FinTechs investieren und sogar gezwungen werden, ihre klassischen Geschäftsmodelle aufgrund des Drucks durch die StartUps anzupassen. Das ist die eine Seite der FinTechs. Weiterlesen

Steinige Finanzierungswege junger Digitalunternehmen

„Das nächste Google oder Airbnb kommt aus Deutschland!“ Im Fake News-Zeitalter lässt sich eine solche Aussage zwar ohne größeres Aufsehen treffen. Wer aber die heimische Startup-Welt etwas kennt, weiß um die strukturellen Probleme, mit der hiesige FinTechs und andere digitale Innovatoren zu kämpfen haben.

Ausgangslage Venture Capital
Nicht zuletzt das mangelnde Wagniskapital (engl. Venture Capital, kurz VC) in Deutschland macht es unwahrscheinlich, dass die nächsten Internetgiganten in Berlin, Hamburg oder München herangezogen und von da aus die Welt verändern werden. Jedes Jahr bestätigen Studien, dass die Venture Capital-Investoren hiesige technologieorientierte Unternehmer nicht mit dem nötigen Kapital versorgen mögen, wie es etwa in den USA oder Israel der Fall ist. Hinterfragt man die Zurückhaltung, verweist die VC-Investorenszene insbesondere auf den müden deutschen Börsenmarkt. Für die VC-Gesellschaften stellen gemeinhin Börsengänge der finanzierten Startup-Unternehmen die renditestärksten Exit-Kanäle dar. Seit dem Platzen der New-Economy-Blase zur Jahrtausendwende und den Niedergang des Frankfurter Neuen Markts herrscht noch immer die Furcht vor den Penny Stocks auf dem Börsenparkett vor. Erfolgreiche Börsengänge von jungen innovativen Unternehmen sieht man hierzulande daher selten. Werden die erfolgsversprechenden Beteiligungsverkäufe über die Börse blockiert, zeigt sich der professionelle Risikokapitalgeber naturgemäß zurückhaltend: Ausstiegshürden sind immer auch Einstiegshürden. Weder die „Höhle des Löwen“ noch Business Angels und Inkubator-Programme können die bestehende Finanzierungslücke bei deutschen Startups schließen. Weiterlesen