Am 30.4.2021 endete die durch das CovInsAG mit Rücksicht auf die Corona-Krise geltende Aussetzung der Insolvenzantragsfrist bei Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung. Was Schuldner und Gläubiger jetzt beachten sollten.
Kurz zum Hintergrund
Bei Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit besteht nach § 15 a InsO, § 42 Abs. 2 BGB eine gesetzliche Verpflichtung zur Stellung eines Insolvenzantrags beim zuständigen Insolvenzgericht. Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht durch das CovInsAG wurde letztes Jahr als Hilfsmaßnahme für die von der Corona-Krise getroffenen Unternehmen eingeführt. Seit Oktober war der Anwendungsbereich eingeschränkt und galt nur noch in Fällen, in denen zwar eine Überschuldung, aber noch keine Zahlungsunfähigkeit eingetreten war. Im Januar 2021 erfolgte dann eine Verlängerung und Begrenzung – allerdings für beide Insolvenzgründe -, wenn die Unternehmen einen Anspruch auf Corona-Finanzhilfen haben, deren Auszahlung noch aussteht und die Hilfen zur Abwendung der Insolvenz geeignet sind (§ 1 Abs. 3 S. 1, 2 CovInsAG).
Insolvenzantragspflicht nur unter Einschränkungen ausgesetzt
Auch unter Geltung des CovInsAG war die Insolvenzantragspflicht allerdings nur unter Einschränkungen ausgesetzt:
- Die Aussetzung kam nicht bei jedem beliebigen „Engpass“ in Betracht, sondern nur wenn Überschuldung oder drohende Zahlungsunfähigkeit ihre alleinige Ursache in den Folgen der Corona-Krise haben.
- Wer sich auf die Aussetzung der Antragsfrist berufen wollte, muss entweder einen Antrag auf Corona-Finanzhilfen gestellt haben oder wenigstens antragsberechtigt sein (§ 1 Abs.3 S.1, 2 CovInsAG)
- Die Gewährung der Finanzhilfen muss geeignet sein, die Insolvenz wirksam abzuwenden (§ 1Abs.3 S. 3 CovInsAG).
Wer diese einschränkenden Voraussetzungen nicht erfüllt hat, musste schon vor dem 30.4.2021 den Gang zum Insolvenzgericht antreten, wenn entweder Überschuldung oder aber Zahlungsunfähigkeit vorlagen.
Sollte die Aussetzung der Antragspflicht nochmals verlängert werden?
Droht jetzt eine Insolvenzwelle? Bislang haben die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise noch nicht zu einem signifikanten Anstieg der Unternehmenspleiten geführt – im Gegenteil: Nach den amtlichen Statistiken war sogar ein moderater Rückgang von Insolvenzen zu konstatieren. Das ist vermutlich auch zu einem guten Teil auf die staatlichen Finanzierungshilfen in der Krise zurückzuführen, auf Kurzarbeitergeld, Überbrückungshilfen oder außerordentliche Wirtschaftshilfen.
Mit Ablauf des 30.4.2021 gibt es jetzt allerdings keinen „Welpenschutz“ mehr für in wirtschaftliche Schieflage geratene Unternehmen oder Soloselbständige. Auch die Aussicht, im Mai oder Juni bereits beantragte Finanzhilfen zu bekommen, reicht jetzt nicht mehr. Bankenverbände befürchten deshalb bereits eine Pleitewelle mit bis zu 5.000 zusätzlichen Insolvenzen. Sollte also die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht abermals verlängert werden?
Innerhalb der Bundesregierung befürwortet die SPD einen Verlängerung um zwei Monate bis Ende Juni 2021, weil ein namhafter Teil der Corona-Finanzhilfen mit ihrer lebenserhaltenden Wirkung noch immer nicht bei den Unternehmen angekommen sind; die Union lehnt dies strikt ab, weil es keinen Sinn mache, nicht überlebensfähige „Zombi-Unternehmen“ künstlich weiter über Wasser zu halten. In der ersten Mai-Woche sollen nun finale Gespräche in dieser schwierigen Problemlage geführt werden.
Was ist jetzt von Schuldnern und Gläubigern zu beachten?
Bei Privatpersonen, selbständigen Einzelunternehmen und Personengesellschaften, bei denen der Inhaber persönlich mit seinem gesamten Vermögen haftet, besteht grundsätzlich keine Insolvenzantragspflicht. Allerdings kann ein verzögerter Insolvenzantrag zu Haftungsproblemen führen (etwa bei Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt, § 266a StGB). Wird hingegen eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, müssen die Vertretungsorgane (in der Regel der Geschäftsführer oder Vorstand) ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag stellen; der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen, wenn also Einkommen und Vermögen nicht mehr ausreichen, um bestehende Verbindlichkeiten zu bedienen (§ 15 a Abs. 1 S. 1 InsO).
Diese Verpflichtung sollten Schuldner strikt einhalten, denn bei Nichtbeachtung droht Geld- oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren (§ 15 a Abs. 4 und 5 InsO).
Gläubiger sollten jetzt besonders aufmerksam prüfen, ob ihre Schuldner vereinbarte Zahlungsziele auch wirklich einhalten. Nützlich kann auch die Einschaltung einer Auskunftei (Creditreform, Schufa) zur Überprüfung der Bonität von Geschäftspartnern sein. Fällt ein Schuldner mit der Zahlung aus, kann auch der Gläubiger den Insolvenzantrag beim Insolvenzgericht stellen (§ 14 Abs. 1 InsO).
Weitere Informationen:
- BMJV | Insolvenzantragspflicht
- Insolvenzen Corona: Union blockiert längeren Schutz für Firmen (handelsblatt.com)
- Update: Vorübergehende Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bei coronabedingter Insolvenz – NWB Experten BlogNWB Experten Blog (nwb-experten-blog.de)