Das strikte Ausschließlichkeitsgebot bei der erweiterten Kürzung für Grundstücksunternehmen nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG treibt derzeit immer neue Rechtsprechungsblüten. In einem aktuellen Verfahren setzte sich das Finanzgericht Münster mit der Schädlichkeit des Betriebs von vier Weihnachtsmarktständen an drei Tagen im Jahr für die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG auseinander. Das Finanzgericht verneinte die erweiterte Kürzung. Die Revision wurde zugelassen.
Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, war im Übrigen ausschließlich mit der Vermietung und Verpachtung eigener Gebäude und Grundstücke befasst. Der Bilderbuchfall der erweiterten Kürzung, den auch der historische Gesetzgeber vor Augen gehabt haben dürfte. Wären da nicht die Weihnachtsmarktstände. Denn um in den Genuss der erweiterten Kürzung – als eng auszulegende Ausnahmeregelung und faktische Steuerbefreiung – zu kommen, sind neben wenigen katalogisierten unschädlichen Nebentätigkeiten alle weiteren wirtschaftlichen Aktivitäten durch das Grundstücksunternehmen fernab der Vermietung, Verpachtung und Verwaltung des Grundbesitzes zu unterlassen. Diese strenge Regelungssystematik koppelt den Anwendungsbereich der erweiterten Kürzung zunehmend von der Dienstleistungsrealität der Grundstücksunternehmen ab, welche die Norm eigentlich erreichen sollte.
Zur Besprechungsentscheidung ist hervorzuheben, dass die Stände nicht auf einem kommerziellen Weihnachtsmarkt errichtet wurden. Bei dem Weihnachtsmarkt handelte es sich um einen Weihnachtsmarkt, der von einem gemeinnützigen Verein veranstaltet wurde. Die im Zusammenhang mit dem Weihnachtsmarkt entstandenen Erlöse und Aufwendungen wurden zunächst vollständig von der Klägerin verbucht. Aber die aus dem Betrieb der Weihnachtsstände generierten Reinerlöse spendete die Klägerin jeweils im Folgejahr (nach Beendigung des Marktes zum Jahresende) an den veranstaltenden Verein. Die daraufhin erstellten Spendenbescheinigungen wurden bei der Klägerin als Zuwendungen für steuerbegünstigte Zwecke anerkannt. Die Einnahmen aus den Weihnachtsmarktständen betrugen weniger als 1 % der Vermietungsumsätze. Alle diese Sachverhaltsaspekte tendieren bei – zugegebenermaßen – rein wirtschaftlicher Betrachtung des Falls eher dazu, das Betreiben der Weihnachtsmarktstände als Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung anzusehen, die der übrigen Vermietung und Verpachtung des Grundbesitzes keine abweichende Prägung verleiht.
Nachdem bereits elf Verfahren zum Ausschluss der erweiterten Kürzung durch schädliche Nebentätigkeiten beim BFH anhängig oder erst kürzlich entschieden worden sind, wird meines Erachtens eine gesetzgeberische Überprüfung der erweiterten Kürzung immer notwendiger. Hierbei sollte auch über eine verhältnismäßige Geringfügigkeitsgrenze für schädliche Nebentätigkeiten nachgedacht werden, welche die betroffenen Unternehmen vor der „Alles-oder-Nichts-Entscheidung“ bewahrt. Bei der Abfärberegelung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG hat die Besteuerungspraxis mit der vom BFH aufgestellten Bagatellgrenze nach meinem Empfinden eher positive als negative Erfahrungen sammeln können. Eine ähnliche Lösung könnte auch bei der erweiterten Kürzung für Grundstücksunternehmen sachgerechtere Lösungen hervorbringen.
Weitere Informationen:
Finanzgericht Münster, Urteil vom 21. Januar 2020 – 6 K 1384/18 G, F