Auslandsentsendung von Mitarbeitern: BFH entscheidet zur ersten Tätigkeitsstätte

Mitarbeiter international tätiger Konzerne werden oftmals für einige Jahre ins Ausland entsandt, um dort in einem Tochterunternehmen oder in einer Zweigniederlassung tätig zu werden. Mitunter schließen die Mitarbeiter – freiwillig oder aus einem gewissen Sachzwang heraus – eigenständige Arbeitsverträge mit dem aufnehmenden Unternehmen, während der Vertrag in der Heimat ruhend gestellt wird. Dennoch werden ihnen vom Arbeitgeber Wohnkostenzuschüsse und Reisekostenerstattungen, etwa für Flüge in die Heimat, gezahlt.

Zur alten, bis 2013 gültigen Rechtslage hatte der BFH entschieden, dass ein Arbeitnehmer, der zunächst für drei Jahre und anschließend wiederholt befristet von seinem Arbeitgeber ins Ausland entsandt worden ist, dort keine regelmäßige Arbeitsstätte begründet, auch wenn er mit dem ausländischen Unternehmen für die Dauer des Entsendungszeitraums einen unbefristeten Arbeitsvertrag abgeschlossen hat (Urteil vom 10.4.2014, VI R 11/13). Doch das steuerliche Reisekostenrecht hat sich im Jahre 2014 grundlegend geändert und so war der BFH erneut gefragt. In drei Fällen, die er jüngst entscheiden hat, ging es offenbar jeweils um Mitarbeiter des VW-Konzerns, die für drei bzw. vier Jahre in die USA entsandt wurden, um dort in einem Werk des Konzerns tätig zu sein. Es wurden lokale Arbeitsverträge mit der US-Gesellschaft geschlossen.

Hierzu der BFH: Erste Tätigkeitsstätte bei grenzüberschreitender Arbeitnehmerentsendung ist die ortsfeste betriebliche Einrichtung des aufnehmenden Unternehmens, der der Arbeitnehmer im Rahmen eines eigenständigen Arbeitsvertrags mit dem aufnehmenden Unternehmen für die Dauer der Entsendung zugeordnet ist (BFH-Urteile vom 17.12.2020, VI R 21/18, VI R 22/18, VI R 23/18).

Wird also mit dem Werk bzw. Tochterunternehmen im Ausland ein eigenständiger Arbeitsvertrag geschlossen, verlagert sich auch die erste Tätigkeitsstätte ins Ausland mit der Folge, dass die Aufwendungen für Wohnung und Flüge keine Werbungskosten sind. Die Erstattung dieser Kosten durch den Arbeitgeber ist mithin dem ausländischen Einkommen zuzurechnen und im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen, sofern in Deutschland noch ein (weiterer) Wohnsitz besteht und hier auch (noch) Einkommen bezogen wird. Das gilt auch dann, wenn über Zusatzvereinbarungen gesichert ist, dass dem Arbeitnehmer in Deutschland für die Zeit des Auslandseinsatzes keine Nachteile entstehen, etwa in Bezug auf die „Zähljahre“ für die spätere Jubiläumsvergütung.

In den Urteilsfällen war unstreitig, dass eine steuerlich relevante doppelte Haushaltsführung nicht vorlag. Wäre die Familie – ganz oder teilweise – in Deutschland geblieben, hätte hingegen geprüft werden müssen, ob der Lebensmittelpunkt trotz der Auslandsentsendung in Deutschland geblieben wäre und die Grundsätze der doppelten Haushaltsführung hätten berücksichtigt werden müssen.

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