Bekanntermaßen sind Kosten einer Erstausbildung steuerlich nur als Sonderausgaben anziehbar und laufen damit in schöner Regelmäßigkeit ins Leere. Eine Ausnahme gilt für eine Ausbildung im Rahmen eines Dienstverhältnisses. Das Bundesverfassungsgericht hat unter anderem dem Piloten in aller Ausführlichkeit erklärt, dass sie nicht für ihren Beruf, sondern fürs Leben gelernt haben, auch wenn ihre Ausbildung 80.000 Euro oder mehr gekostet hat. Das ist ein tröstlicher Gedanke für alle Piloten während der Corona-Pandemie (bitte entschuldigen Sie meinen Sarkasmus).
Gut fährt – und fliegt – hingegen, wer zum Beispiel vor der Pilotenausbildung eine Erstausbildung absolviert hat. Dann führen die Kosten der Zweitausbildung zu Werbungskosten und „Verluste“ sind gegebenenfalls in Folgejahre vorzutragen.
Zu Beginn des Jahres 2015 hat der Gesetzgeber in § 9 Abs. 6 EStG Mindeststandards für die Annahme einer Erstausbildung gesetzt. Eine Berufsausbildung als Erstausbildung liegt danach nur dann vor, wenn eine geordnete Ausbildung mit einer Mindestdauer von zwölf Monaten bei vollzeitiger Ausbildung und mit einer Abschlussprüfung durchgeführt wird.
Zuvor gab es die Voraussetzung „zwölf Monate“ nicht und dementsprechend immer wieder Streitigkeiten mit der Finanzverwaltung, wenn eine Ausbildung nur wenige Wochen umfasst hat, etwa die Ausbildung zur Flugbegleiterin oder zum Rettungssanitäter (siehe BFH-Urteil vom 28.2.2013, BStBl 2015 II S. 180; BFH-Urteil vom 27.10.2011, BStBl 2012 II S. 825).
Jüngst hat das FG Düsseldorf entschieden, dass eine im Rahmen des Zivildienstes absolvierte Ausbildung zum Rettungshelfer keine erstmalige Berufsausbildung darstellt, und zwar auch nicht nach den bis 2014 geltenden Grundsätzen (Urteil vom 24.9.2020, 14 K 3796/13 E, F).
Der Sachverhalt in Kurzform:
Dem Kläger entstanden in den Jahren 2009 und 2010 Aufwendungen für seine Ausbildung zum Berufspiloten. Zuvor hatte er seinen Zivildienst bei einer Feuer- und Rettungswache abgeleistet, währenddessen er erfolgreich an einer Ausbildung zum Rettungshelfer teilgenommen hatte. Diese Ausbildung hatte ca. 7 Wochen gedauert und 320 Stunden Theorie und Praxis umfasst. Er begehrte den Abzug der Aufwendungen für seine Pilotenausbildung als vorweggenommene Werbungskosten und machte geltend, dass es sich dabei um eine Zweitausbildung gehandelt habe. Das Finanzamt berücksichtigte die Ausbildungskosten nur im Rahmen der geltenden Höchstbeträge als Sonderausgaben. Dies bestätigte das FG Düsseldorf.
Die Begründung der Richter:
Die Ausbildung zum Rettungshelfer erfülle nicht die Anforderungen an eine Berufsausbildung i.S. des § 9 Abs. 6 EStG. Eine nur wenige Wochen dauernde Unterrichtung könne keine Erstausbildung sein. Es habe sich um eine kurze Einweisungszeit gehandelt. Zivildienstleistende seien regelmäßig zum Rettungshelfer ausgebildet worden, um im Rettungsdienst oder Krankentransport eingesetzt werden zu können. Sie seien zumeist als Fahrer des Rettungs- oder Krankenwagens sowie als Assistenten der höher qualifizierten Rettungssanitäter tätig geworden. Die Richter führten außerdem aus, dass die Ausbildung zum Rettungshelfer weder der Vorbereitung auf das Berufsziel als Pilot gedient noch Voraussetzung für die spätere Berufsausübung, sondern allenfalls hierfür nützlich gewesen sei.
Zwischenzeitlich liegt die Revision unter dem Az. VI R 41/20 vor. Es wird durchaus spannend sein, wie der BFH urteilen wird. Ich wage keine Prognose.
Für weitere Informationen zu diesem Urteil lesen Sie die NWB Online-Nachricht: Behandlung von Erstausbildungskosten