Aufsichtsratssitzung. Es steht ein Beschluss an. Die Aufsichtsräte müssen zustimmen. Ein ähnlicher Beschluss wurde bereits vor zwei Jahren gefasst. Wie war in dem alten Beispiel die genaue Formulierung? Auf die Schnelle findet keiner der Anwesenden das passende Dokument. Wie denn auch? Die meisten Aufsichtsräte und auch ein Teil des Vorstandes hat einen Stapel Blätter vor sich und schreiben von Hand mit. Bei Nachfragen nach aktuellen Zahlen des Unternehmens oder einzelner Tochtergesellschaften im Ausland, können diese oft nicht auf die Schnelle beantwortet werden. Es muss erstmal nachgeschaut werden. Im Zweifelsfall wird ein Beschluss auf die nächste Sitzung vertagt.
Der Aufsichtsrat sollte die Sitzung vorbereiten, das könnte helfen. Aber trotz intensiver und genauer Vorbereitung werden sich in der Aufsichtsratssitzung immer wieder spontane Fragen ergeben. Vorbereitung hin oder her. Das ist die Realität.
Bis zur Aufsichtsratssitzung 4.0 ist es eine lange Reise. Diese sollten wir beginnen. Wie könnte diese aussehen? Alle Aufsichtsräte und der gesamte Vorstand sitzen vor ihren Laptops und verwenden einen sog. digitalen Boardroom. Dort finden sich in einer Sitzungsmappe alle relevanten Unterlagen für die aktuelle Sitzung. Mit wenigen Klicks können weitere Informationen, die für eine Entscheidung oder Diskussion relevant sind, abgerufen oder mit Hilfe einer Stichwortsuche gefunden werden.
Einige der Aufsichtsräte sind oft geschäftlich unterwegs und erhalten die Unterlagen zur Vorbereitung der Sitzung durch die Software. Der Aufsichtsratsvorsitzende erspart sich dadurch eine Menge Zeit bei der Vorbereitung der Sitzung: Keine E-Mails an die Kollegen mit den Unterlagen, die vom Vorstand vorbereitet wurden. Die Unterlagen werden in den digitalen Boardroom hochgeladen und alle Aufsichtsräte haben darauf Zugriff – auch wenn sie gerade in einem Gebiet ohne Internetverbindung sind.
Die Software ermöglicht in der Sitzung außerdem die Simulation von Entscheidungen, die das Gremium fällen muss. Dank der Verfügbarkeit genauer Zahlen können diese live in der Sitzung erstellt werden – sofern sich einige Inhalte und Informationen erst dann als verfügbar herausstellen. In der analogen Konferenz ist heutzutage dies genau das Problem: Keiner der Anwesenden kennt die genauen Zahlen und müsste mühsam in seinen Papierunterlagen suchen.
Auch alle Protokolle der Aufsichtsratssitzung sind über den digitalen Boardroom abrufbar. Dies erleichtert vor allem auch die Arbeit für neue Aufsichtsräte des Gremiums: Ein Paket mit allen wichtigen Informationen, die ein neues Aufsichtsratsmitglied zu Beginn des Mandats erhält, können so einfach zur Verfügung gestellt werden.
Nachteile? Sicherlich werden sich die Digitalisierungs-Kritiker auf den Datenschutz und die Frage nach der Verschlüsselung stürzen. Die Anbieter entsprechender Software werben damit, dass sie darauf einen besonders hohen Wert legen. Dazu sei angemerkt, dass auch das Versenden von Unterlagen per E-Mail ein gewisses Risiko an Datensicherheit mit sich bringt.
Die Herausforderung bei der Einführung einer derartigen Software hat jedoch zu Beginn einen Haken: Bei der Implementierung muss zuerst einiges an Zeit investiert werden, um die erforderlichen Informationen der Vergangenheit entsprechend in die Software einzuspielen. Auch sollten alle Aufsichtsräte und die Vorstände entsprechend bei der Nutzung der Software geschult werden. Einige Aufsichtsräte müssen vielleicht auch überzeugt werden, dass dieser Schritt wichtig ist in Bezug auf die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens. Die Anfangs investierte Zeit wird jedoch durch eine effizientere und effektivere Sitzungskultur Früchte tragen. Auch wenn dies einige Monate dauern kann.