Aufreger des Monats September: Zu hohe Hürden des Grundsteuererlasses für Baudenkmale

Die Grundsteuer ist zu erlassen für Grundbesitz oder Teile von Grundbesitz, dessen Erhaltung wegen seiner Bedeutung für Kunst, Geschichte, Wissenschaft oder Naturschutz im öffentlichen Interesse liegt, wenn die erzielten Einnahmen und die sonstigen Vorteile (Rohertrag) in der Regel unter den jährlichen Kosten liegen. So lautet § 32 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 GrStG.

In der Praxis wird diese schöne Vorschrift aber so verschärft ausgelegt, dass der Grundsteuererlass nur selten zu erreichen ist. Das belegt ein aktuelles Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz. Zwar liegt dieses offenbar auf einer Linie mit dem Bundesverwaltungsgericht, dennoch habe ich es zum „Aufreger des Monats“ gekürt (VG Koblenz, Urteil vom 25.6.2024, 5 K 172/24.KO).

Der Sachverhalt:

Der Einfachheit halber erlaube ich mir, weitestgehend aus einer Pressemitteilung des VG Koblenz zu zitieren. Der Kläger erwarb im Jahr 2012 ein Grundstück, das mit einem barocken Fachwerkhaus aus dem 18. Jahrhundert bebaut ist. Für dieses zog ihn die Gemeinde für das Kalenderjahr 2022 zur Zahlung von Grundsteuer B in Höhe von 110,60 Euro heran. Der Kläger beantragte daraufhin den Erlass der Grundsteuer, weil die Erhaltung des Gebäudes wegen seiner Denkmaleigenschaft im öffentlichen Interesse liege und für ihn unrentabel sei. Ohne die Denkmaleigenschaft hätte er das Gebäude abgerissen und das Grundstück anderweitig verwertet. Aus Rentabilitätsgründen habe er überwiegend Eigenleistungen erbracht. Er erziele inzwischen Mieteinnahmen in angemessener Höhe, dennoch sei ihm ein Verlust entstanden. Den Antrag des Klägers auf Erlass der Grundsteuer lehnte die Gemeinde ab. Insbesondere habe der Kläger die Unrentabilität des Gebäudes nicht hinreichend belegt. Die hiergegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg.

Die Begründung:

Die Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 GrStG lägen nicht vor. Zwar bestehe ein öffentliches Interesse am Erhalt des Fachwerkhauses des Klägers. Der Grundbesitz sei jedoch nicht unrentabel. Der Kläger habe in erster Linie im weitaus überwiegenden Umfang Kosten aufgewendet, um das Gebäude im Sinne seiner eigentlichen Bestimmung – zu Wohnzwecken – zu ertüchtigen. Es sei deshalb prognostisch nicht davon auszugehen, dass der Grundbesitz – was für einen Grundsteuererlass vorausgesetzt wird – dauerhaft unrentabel sei. Eine valide Bewertung der Unrentabilität sei zudem nicht möglich, weil der Kläger nicht alle dazu benötigten Unterlagen vorgelegt habe. Schließlich fehle es jedenfalls an der erforderlichen Kausalität zwischen (unterstellter) Unrentabilität und öffentlichem Erhaltungsinteresse. Denn der Kläger habe das Gebäude in Kenntnis des Sanierungsbedarfs zum Marktwert erworben. Das Gebäude sei wegen seines mehr oder weniger veralteten und teilweise maroden Zustandes sanierungsbedürftig gewesen, nicht aufgrund der Denkmaleigenschaft.

Der Fall des Erwerbs eines von vornherein unrentablen Denkmalobjekts sei insbesondere zu unterscheiden von demjenigen Fall, dass ein Objekt aufgrund des Denkmalschutzes unrentabel wird. Nur letzterer Fall sei von der Privilegierung des § 32 Abs. 1 Nr. 1 GrStG erfasst. Diese soll denjenigen Grundstückseigentümer, der ohne denkmalschutzrechtliche Beschränkungen mit seinem Grundstück einen Ertrag erwirtschaften könnte, für die Lasten entschädigen, die er dadurch zu tragen hat. Hingegen trage derjenige, der von vornherein ein ertragsloses Grundstück erwirbt und nicht beabsichtigt, daraus Erträge zu ziehen, keine zusätzliche Last.

Denkanstoß:

Das VG Koblenz und auch das BVerwG verlangen einen Ursachenzusammenhang zwischen Unrentabilität und dem öffentlichem Erhaltungsinteresse. Nun, ich kann § 32 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 GrStG „rauf und runter“ lesen, doch das Tatbestandsmerkmal „Ursachenzusammenhang“ kann ich dort nicht finden.

Vereinfacht ausgedrückt: Wer ein denkmalgeschütztes Haus kauft, ist selber schuld. Ein von vornherein unrentabler Erwerb von denkmalgeschützten Häusern wird nicht durch den Erlass der Grundsteuer kompensiert (so auch VG Koblenz, Urteil vom 21.1.2020, 5 K 760/19.KO).

Gerade das BVerwG hat übrigens ein äußerst fragwürdiges Verständnis von der Intention von Bauherren. In einem Urteil aus dem Jahre 1998 heißt es unter anderem: „Damit können Kostenaufblähungen oder – was dieselbe Wirkung nach sich zieht – Einnahmenverminderungen aus steuerlichen oder sonstigen privaten Gründen, die nichts mit der Kulturguteigenschaft zu tun haben, den Anspruch auf Grundsteuererlass nicht begründen.“ (BVerwG-Urteil vom 8.7.1998, 8 C 23.97, BStBl 1998 II S. 590). Als wenn Bauherren ein Interesse daran hätten, aus Spaß an der Freud Kosten „aufzublähen“.

Letztlich bleibt wohl nur die Erkenntnis, dass Vermieter besser eine Wertfortschreibung zur Reduzierung des Grundsteuerwerts beantragen sollten als sich mit den Gemeinden und den Verwaltungsgerichten zu streiten.

Weitere Informationen:
Pressemitteilung Nr. 16/2024 des VG Koblenz

 

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