Aufreger des Monats Juli 2024: Grenze für unschädliches Vermögen bei Unterhaltsleistungen bleibt bei 15.500 Euro

Unterhaltsleistungen i.S. des § 33a Abs. 1 EStG sind bis zu einem bestimmten Höchstbetrag abziehbar, der jedes Jahr angepasst wird und sich am Grundfreibetrag orientiert. Der Unterhaltshöchstbetrag wird zum einen um eigene Einkünfte und Bezüge des Unterhaltenen gekürzt wird, soweit diese 624 Euro im Jahr übersteigen. Zum anderen – und das gerät manchmal in Vergessenheit – darf die unterhaltene Person nur ein geringes Vermögen besitzen. Ein angemessenes Hausgrundstück bleibt unberücksichtigt.

Das Vermögen darf maximal einen Wert von 15.500 Euro haben (R 33a.1 Abs. 2 EStR). Die Vermögensgrenze von 15.500 Euro besteht sage und schreibe seit dem Jahre 1975 (damals 30.000 DM). Dennoch hatte das FG Rheinland-Pfalz entschieden, dass die Grenze für das geringfügige Vermögen in Höhe von 15.500 Euro auch im Jahr 2019 noch zu beachten ist (FG Rheinland-Pfalz vom 26.8.2021, 6 K 1098/21). Für mich durchaus überraschend hat der BFH die Entscheidung, soweit es um die Höhe des unschädlichen Vermögens geht, soeben bestätigt. Immerhin hat er aber klargestellt, dass die monatlichen Unterhaltsleistungen nicht in die Vermögensberechnung einzubeziehen sind. Das war im Streitfall bedeutsam, so dass der Klage letztlich doch stattgegeben wurde (BFH-Urteil vom 29.2.2024, VI R 21/21).

Der Sachverhalt:

Die Kläger machten Unterhaltszahlungen an den volljährigen Sohn, für den kein Kindergeldanspruch mehr bestand, für den Zeitraum 1.1. bis 30.9.2019 (Abschluss des Studiums) als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33a Abs. 1 EStG geltend. Das Bankkonto des Sohnes wies zum 1.1.2019 ein Guthaben von 15.950 Euro aus. Darin enthalten war eine Ende Dezember 2018 geleistete Unterhaltsvorauszahlung für Januar 2019 in Höhe von 500 Euro. Das Finanzamt lehnte den Abzug der Unterhaltszahlungen als außergewöhnliche Belastungen ab, da der Sohn über ausreichend eigenes Vermögen verfüge. Davon sei nach den EStR und der ständigen Rechtsprechung des BFH auszugehen, wenn das Vermögen die Grenze von 15.500 Euro überschreite. Das FG folgte der Sichtweise des Finanzamts und wies die Klage ab. Der BFH hob die Vorentscheidung auf und gab der Klage im Wesentlichen statt.

Die Begründung:

Die seit 1975 unveränderte Höhe des Schonvermögens von 15.500 Euro ist trotz der seither eingetretenen Geldentwertung nicht anzupassen. Schonvermögen in dieser Höhe liegt auch im Streitjahr 2019 noch deutlich oberhalb des steuerlichen Grundfreibetrags (9.168 Euro in 2019) und unterschreitet auch nicht das Vermögen, was das Zivil- und Sozialrecht dem Bedürftigen als „Notgroschen“ zugestehen.

Die monatlichen Unterhaltsleistungen selbst sind aber nicht – sofort – in die Vermögensberechnung einzubeziehen. Angesparte und noch nicht verbrauchte Unterhaltsleistungen werden grundsätzlich erst nach Ablauf des Kalenderjahres ihres Zuflusses zu (abzugsschädlichem) Vermögen. Die vorschüssige Unterhaltszahlung aus Dezember 2018 für den Januar 2019, die nach § 11 EStG erst in 2019 als bezogen gilt, ist daher beim Vermögen zum 1.1.2019 nicht zu berücksichtigen. Zu diesem Zeitpunkt ist im Urteilsfall daher von einem (unschädlichen) Vermögen des Sohnes in Höhe von 15.450 Euro auszugehen (Quelle: BFH, Pressemittelung vom 20.6.2024).

Denkanstoß:

Im Gesetz heißt es, dass der Unterhaltsempfänger kein oder nur ein geringes „Vermögen“ haben darf. Was aber ist eigentlich „Vermögen“? Der BFH führt dazu aus, dass als „Vermögen“ das Nettovermögen zu verstehen sei, das heißt der Wert der aktiven Vermögensgegenstände, vermindert um die Schulden des Unterhaltsempfängers. Und dieses dürfe nun einmal nicht höher sein als der Grundfreibetrag bzw. das Existenzminimum oder eben – wie es in den EStR festgelegt ist – nicht höher als 15.500 Euro.

Dem kann man einerseits zustimmen. Andererseits: Der Richtliniengeber hat sich im Jahre 1975 offenbar von einer anderen Sichtweise leiten lassen, da er bereits vor fast 50 Jahren einen Betrag von 30.000 DM (rd. 15.500 Euro) als unschädlich betrachtet hat. Der Begriff „Vermögen“ war hier wohl eher so geprägt, wie ihn ein Dritter, ich könnte auch sagen „ein Laie“, verstehen würde.

Anders ausgedrückt: Fragen Sie einmal irgendeine Person, was für sie „Vermögen“ bedeutet. 15.500 Euro werden wohl die wenigsten Bürger als Vermögen betrachten. Insofern hätte sich der BFH keinen Zacken aus der Krone gebrochen, wenn er den Begriff „Vermögen“ anders definiert hätte, nämlich so, wie ihn der Richtliniengeber (und möglicherweise auch der Gesetzgeber?) seinerzeit offenbar verstanden wissen wollte. Mir leuchtet es jedenfalls nicht ein, wenn es heute heißt, es dürfte nur das Existenzminimum als unschädlich betrachtet werden, wenn aber bereits im Jahre 1975 ein Betrag von 30.000 DM per Richtlinie als unschädlich festgesetzt wurde.

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