Aufreger des Monats Februar: Tue Gutes und zahle noch drauf – BFH vermiest das FSJ

Bei der Erstausbildung eines Kindes wird das Kindergeld – fast – ohne „Wenn und Aber“ geleistet. Bei einer Zweitausbildung wird ein Kind hingegen nur berücksichtigt, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Lediglich eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis sind unschädlich (§ 32 Abs. 4 Satz 2 u. 3 EStG). Immer natürlich vorausgesetzt, das Kind erfüllt die altersmäßigen Voraussetzungen.

Jedenfalls ist es kindergeldrechtlich von Vorteil, wenn eine Ausbildung noch als Erstausbildung gilt. Dabei können im Einzelfall auch ein Aufbaustudium, ein Masterstudium oder eine weiterführende Ausbildung noch der Erstausbildung zuzurechnen sein. Man spricht von einer einheitlichen Erstausbildung oder einer mehraktigen Berufsausbildung.

Wie der Bundesfinanzhof nun entschieden hat, liegt eine einheitliche Erstausbildung aber nur dann vor, wenn die einzelnen Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zueinander stehen. Der enge zeitliche Zusammenhang ist nur gewahrt, wenn das Kind den nächsten Teil der mehraktigen Ausbildung, also zum Beispiel das Masterstudium, zum nächstmöglichen Termin aufnimmt. Daran fehlt es, wenn das Kind dazwischen einen Freiwilligendienst absolviert, statt die Ausbildung sogleich fortzusetzen. Dies hat zur Folge, dass die Erstausbildung mit dem vorherigen Ausbildungsabschnitt abgeschlossen ist, so dass der Kindergeldberechtigte in der Folgezeit einen Kindergeldanspruch nur dann behält, wenn das Kind nicht oder nicht mehr 20 Stunden pro Woche erwerbstätig ist (BFH-Urteil vom 12.10.2023, III R 10/22).

Der Sachverhalt:

Der Kläger ist Vater einer im Februar 1996 geborenen Tochter, die zum Ende des Sommersemesters 2018 ein Studium im Fach C mit dem Bachelor of Science abschloss. In den Monaten Oktober 2018 bis einschließlich Mai 2019 absolvierte die Tochter einen Freiwilligendienst. Im Juli 2019 wurde sie zum Masterstudium im Fach C zugelassen, welches sie im Oktober 2019 aufnahm. Zwischen Juli und September 2019 (Streitzeitraum) übte die Tochter eine befristete Aushilfstätigkeit im Umfang von 25 Wochenstunden aus. Die Familienkasse war der Auffassung, dass dem Kläger wegen der nicht nur geringfügigen Erwerbstätigkeit der Tochter im Streitzeitraum kein Kindergeld zu gewähren ist. Das FG gab der Klage zwar statt, doch der BFH hielt die Revision der Familienkasse für begründet. Das FG habe zu Unrecht Bachelor- und Masterstudium als Teile einer einheitlichen Erstausbildung angesehen.

Die Begründung:

Wegen des von der Tochter zwischenzeitlich absolvierten Freiwilligendienstes fehle der erforderliche enge zeitliche Zusammenhang zwischen den Ausbildungsteilen. Daher sei der Umfang der Erwerbstätigkeit relevant. Da dieser über der Grenze von 20 Wochenstunden gelegen habe, könne kein Kindergeld gewährt werden (Quelle: Pressemitteilung des BFH von 25.1.2024).

Denkanstoß:

Das Ergebnis widerspreche nicht dem Förderungszweck, der dem FSJ innewohnt – so der BFH. Dem kann ich nicht zustimmen. Und auch die Vorinstanz führt aus: „Erwüchse aus der Ableistung des FSJ ein Unterbrechungstatbestand im Hinblick auf eine im Übrigen einheitliche Ausbildung, so würde dies dem dem JFDG innewohnenden Förderungszweck zuwiderlaufen.“

Wer sich für die Gesellschaft engagiert und anderen Menschen hilft, sollte nicht noch dafür bestraft werden. Das wird er/sie aber, und zwar nicht nur beim Kindergeld, sondern auch bei der Rente. Hier ein Auszug aus der Broschüre “ Freiwilligendienste und Rente“ der Deutschen Rentenversicherung:

„Claudia S. erhält im Jahr 2023 ein Arbeitsentgelt in Höhe von 5.040 Euro (monatlich 420 Euro Taschengeld einschließlich Sachbezüge). Ihr Arbeitgeber zahlt dafür einen monatlichen Beitrag von 78,12 Euro (Beitragssatz 2023 = 18,6 Prozent). Die spätere monatliche Rente von Claudia S. steigt damit um 4,39 Euro“.

Hätte Claudia S. nicht nur fürs Taschengeld das FSJ absolviert, sondern wäre sie einige Monate früher ins Berufsleben eingestiegen, hätte ihre „Rentenbilanz“ wohl besser ausgesehen.

 

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